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Übertraining erkennen, vermeiden & auskurieren: Ein praktischer Leitfaden für Sportler

Übertraining erkennen, vermeiden & auskurieren: Ein praktischer Leitfaden für Sportler

Jeder Sportler und Trainer hat schon einmal vom sogenannten Übertraining“ (OT) gehört. Zusammengefasst gehen Wissenschaftler heutzutage davon aus, dass Übertraining multifaktorielle Ursachen hat. Ganz gleich, ob es sich um exzessives Training, Stress oder andere Faktoren handelt. In den Massenmedien sind viele Menschen dagegen der Ansicht, dass so etwas wie ein Übertraining nicht existiert, während andere davon überzeugt sind, dass es das doch tut.

Frage dich daher selbst: Glaubst du an Übertraining? Wie schafft man es eigentlich ins Übertraining abzurutschen? Passiert es eher langsam oder schnell? Welche Faktoren begünstigen ein Übertraining? Und gibt es Mittel und Wege, um es vorzubeugen bzw. es zu behandeln? Und welche Sportlergruppen laufen am stärksten Gefahr davon betroffen zu sein?

Historisch betrachtet mangelt es nicht an Synonymen, darunter:

  • Burnout
  • Abgestumpftheit
  • Fehladaption
  • Überbelastungssyndrom
  • Überbeanspruchung
  • Chronische Erschöpfung
  • Ermüdungssyndrom
  • Trainingserschöpfung
  • Trainingsstresssyndrom
  • Underperformance-Syndrom (UPS)

Dieser Umstand hat dazu beigetragen, dass es eine Menge Verwirrung und Fehldiagnosen rund um das Thema Übertraining gibt, wobei einige Wissenschaftler der Annahme sind, dass weitaus mehr beim Übertraining hineinspielt, als nur der Workload eines Athleten.

Prävalenz & Dauer des Übertrainings

Eine Vielzahl von Studien hat sich mit der Prävalenz (dem Auftreten bzw. der Entstehung) des Übertrainings befasst, wobei man zu dem Ergebnis kam, dass zwischen 7 – 20% der Sportler pro Saison (1)(2)(3)(121) bzw. 7-31% pro Jahr bei College-Athleten (5)(6)(42) von einem Übertraining betroffen sind. Die Zahl liegt bei Elite-Sportlern vermutlich noch höher (2)(7).

So berichtete beispielsweise eine Studie mit britischen Elite-Athleten darüber, dass sich bei 15-35% der männlichen und 4-15% der weiblichen Sportler im Verlauf einer Saison ein Übertraining manifestierte (8). Sechs von insgesamt 15 interviewten olympischen U.S. Athleten berichteten 90 Tage vor den olympischen Spiele 1996 und 1998 von assoziierten Symptomen (9).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass – wenn wir alle Sportlergruppen einschließen – die Prävalenz eines Übertrainings irgendwo zwischen 4 – 35% pro Saison einzuordnen ist. 30 bis 65% aller Athleten sehen sich mindestens einmal in ihrer Karriere mit einem Übertraining konfrontiert (1)(8). Sportler, die bereits einmal mit einem Übertraining diagnostiziert wurden, erhalten eine solche Diagnose beinahe garantiert (91%) noch einmal (1).

Die Statistik hängt jedoch von einer Reihe von Faktoren ab, darunter dem Geschlecht, dem Workout, dem Wettkampfniveau und der Sportart, die vom Athleten ausgeübt wird (8). Einmal diagnostiziert kann ein Übertraining zwischen mehreren Monaten bis zu einigen Jahren andauern (10), wobei in einigen Fällen eine Dauer von bis zu 7 Jahren festgestellt werden konnte (11).

All diese Daten zeigen, dass Übertraining eine reelle Gefahr für Sportler aller Leistungsgrade darstellt und das wir die Risikofaktoren und frühen Anzeichen keinesfalls ignorieren sollten. Ein Fokus sollte zudem auf eine Prävention gelegt werden, da ein Übertraining im Verlauf der Sportlerkarriere mehrfach wieder auftreten kann.

Nachdem all das gesagt wurde, sollte natürlich auch erwähnt werden, dass in einigen Fällen die Möglichkeit eines Overreachings bestand, so dass die Daten zur Prävalenz überhöht sein könnte (1). Im Verlauf dieses Beitrags werden wir uns aber noch ein wenig genauer mit den Unterschieden zwischen Übertraining und Overreaching befassen.

Die Folgen eines Übertrainings

Du fragst dich sicher welche Konsequenzen aus einem Overreaching und/oder einem Übertraining heraus resultieren, oder?

Allgemein formuliert, beeinträchtigt das Übertraining verschiedene Systeme des Körpers, so dass beispielsweise die folgenden Dinge zutreffen könnten:

  • Akute und chronische Immunsuppression (1)(12)(13)(14)(74).
  • Psychische Probleme (Depression, Angstzustände und verminderte Libido) (1)(2)(12)(13)(14)(15)(16).
  • Nachlassende Leistungsfähigkeit (1)(5)(12)(14)(17)(30).
  • Gewichtsverlust (2)(12).
  • Schlafprobleme (1)(2)(5)(14)(19)(20)(26)(34)(82)(176).
  • Höheres Verletzungsrisiko (16)(17)(21)(22), welches auch mit unsachgemäßer Periodisierung und Überbeanspruchung in Verbindung gebracht wird (23).
  • Ermüdung (1)(3)(4)(5)(12)(14)(15)(18)(22)(23)(24)(176)(177).
    Erhöhtes Risiko für Erkrankungen (12)(27).
  • Verlangsamter Kraft- und Ausdauerzuwachs (28)(29).

Wie Meeusen et al. (2013) jedoch anmerken, müssen viele dieser Anzeichen eines Übertrainings nicht zwangsweise auch Symptome sein, welche man für die Diagnose bei Sportlern verwenden kann (1). Dies liegt daran, weil es eine Menge an Überschneidungen zwischen einem nicht-funktionalen Overreaching (Überlastung) und dem Übertraining gibt. Zudem existiert eine inter-individuelle Variation, wenn es um die Symptomatik des Übertrainings geht (30).

Wenn sich ein Sportler jedoch niedergeschlagen fühlt, häufig krank ist, die Leistungsfähigkeit sinkt, sich ein Gewichtsverlust bemerkbar macht, Schlafprobleme auftreten und eine permanente Müdigkeit besteht, existiert sehr wahrscheinlich ein Problem, welches unbedingt angegangen werden muss. Das Abstempeln als Overreaching könnte in einem solchen Zusammenhang riskant sein.

Wie kann man ein Übertraining vorbeugen?

Vorbeugung eines Übertrainings unter dem mentalen Aspekt

In den letzten 30 Jahren hat sich die Forschung mehr und mehr auf den mentalen Aspekt der sportlichen Leistung konzentriert. Aus vielen Untersuchungen geht klar hervor, dass (...)


Dieser Artikel erscheint in Kürze in der 09/2024 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / DmitryPoch