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Die Gen-Diät: Ernährung auf Basis von DNA-Analysen nicht effektiver, als klassische Diät zur Gewichtsreduktion

Die Gen-Diät: Ernährung auf Basis von DNA-Analysen nicht effektiver, als klassische Diät zur Gewichtsreduktion

Eine erfolgreiche Gewichtsreduktion weist in der Regel einen wesentlichen und markanten Aspekt auf, nämlich ein langfristiges Kaloriendefizit, bei dem die Energiezufuhr eingeschränkt wird. Es existieren zahlreiche Diätformen und Strategien, die uns – bewusst oder unbewusst – dabei helfen sollen, eine solche Kalorienrestriktion zu erreichen und aufrechtzuerhalten.

Nichtdestotrotz lassen sich die meisten Diäten in eines von zwei Lagern einsortieren, nämlich jene, die auf eine hohe Kohlenhydratzufuhr und eine niedrige Fettzufuhr („High Carb, Low Fat“) setzen und solche, die den umgekehrten Weg gehen, indem sie eine hohe Fettzufuhr bei niedriger Kohlenhydratzufuhr („High Fat, Low Carb“) vorschreiben (9)(10). Die wissenschaftlichen Untersuchungen kommen dabei immer und immer wieder zu einem ähnlichen Gesamt-Resultat, welches darauf hindeutet, dass die Unterschiede in Sachen Effektivität und Umfang beider Ansätze im besten Fall minimal bzw. vernachlässigbar sind (11).

Was jedoch im Großen und Ganzen für die Gruppe gilt, muss nicht zwangsweise auch für Individuen zutreffen. Und in der Tat ist es häufig so, dass wir starke individuelle Unterschiede bei der Gewichtsreduktion beobachten können (10), was darauf hindeuten könnte, dass Menschen unterschiedlich gut bzw. schlecht auf Ernährungsformen reagieren, die entweder kohlenhydrat- oder fettreich sind.

Retrospektive Daten lassen beispielsweise vermuten, dass Individuen mit bestimmten Genvariationen („Polymorphismen“), die den Kohlenhydrat- bzw. Fettstoffwechsel betreffen, zu einem schnelleren Gewichtsverlust neigen könnten, wenn sie sich kohlenhydrat- bzw. fettreich ernähren (12). Bis dato konnten diese Annahme jedoch weder durch klinische, gut kontrollierte  Studien bestätigt werden, noch sind sie frei von Kritik (z.B. hinsichtlich der Bestimmung von „kohlenhydratarmer Genotypen“ bzw. „fettarmer Genotypen“ auf Basis von Einzelnukleotid-Polymorphismen [sog. SNPs] mit einer geringen Genanzahl) (12)(13)(14).

Und so ist es eventuell auch nicht verwunderlich, dass ein Team aus Forschern in ihrem systematischen Review, welches insgesamt 27 Arbeiten mit 8 Trials, 91 SNPs und 63 Gen-Loci berücksichtigt, zu dem vorläufigen Ergebnis kommen, dass die Interaktion zwischen Genotyp und Ernährung einerseits nicht-signifikant ausfällt und andererseits bisher kaum repliziert wurde (15). Entsprechend stellt sich die Frage, inwiefern eine auf DNA-Analysen beruhende, personalisierte Ernährung tatsächlich zu besseren Abnehmerfolgen führt, als eine herkömmliche und klassische Diät.

Ein Team aus Wissenschaftlern hat in einer aktuellen Untersuchung versucht diese Frage zu beantworten. Das Ergebnis spricht jedoch – wie du gleich im nachfolgenden Beitrag sehen wirst – nicht unbedingt für eine solche „Gen-Diät“.

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der November 2023 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um weitere Editorals zu lesen.

Die Gen-Diät (Nutrigenomics): Ernährung auf Basis von DNA-Analysen nicht effektiver, als klassische Diät zur Gewichtsreduktion

Was wurde untersucht?

Um herauszufinden, inwiefern eine personalisierte Ernährung den Abnehmerfolg beeinflusst, rekrutierten Höchsmann et al. (2023) insgesamt 122 übergewichtige Studienteilnehmer (16% Männer, 84% Frauen mit einem durchschnittlichen BMI von 34,9 kg/m²), die auf Basis einer vorherigen Bestimmung des Genotyps entweder als „Fat Responder“ ( Gen-Varianten) oder als „Carbohydrate Responder“ (8 Gen-Varianten) klassifiziert wurden (1). Die Wissenschaftler vermuteten im Vorfeld, dass Probanden des Fett-Genotyps besser auf eine fettreiche Ernährung in der Diät ansprechen würden und somit im Laufe der 12-wöchigen Studie mehr Gewicht verlieren würden, als bei einer kohlenhydratreichen Kost. Analog dazu vermutete man, dass Probanden des Kohlenhydrat-Genotyps bessere Diätergebnisse mit einer kohlenhydratreichen Ernährung im selben Zeitraum erzielen würden, als mit einer fettreichen Kost.

Zur Überprüfung dieser Hypothesen teilte man die beiden Genotyp-Gruppen in 4 Diät-Gruppen auf, wobei sich ein Teil jeder Gruppe dem Genotyp-konform ernährte („concordant diet“), während sich der andere Teil der Gruppe nicht dem Genotyp-konform ernährte („disconcordant diet“).

Das sah dann so aus:

  • Fett-Genotyp-konform (n=44): Fat-Responder, die sich fettreich ernährten (concordant diet)
  • Nicht Fett-Genotyp-konform (n=41): Fat-Responder, die sich kohlenhydratreich ernährten (disconcordant diet)
  • Kohlenhydrat-Genotyp-konform (n=16): Carbohydrate-Responder, die sich kohlenhydratreich ernährten (concordant diet)
  • Nicht Kohlenhydrat-Genotyp-konform (n=21): Carbohydrate-Responder, die sich fettreich ernährten (disconcordant diet)

Basis-Charakteristika der Studienteilnehmer nach Genotyp (Fat- Vs. Carbohydrate-Responder) und Ernährungsart (High-fat Vs. High carbohydrate). (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Basis-Charakteristika der Studienteilnehmer nach Genotyp (Fat- Vs. Carbohydrate-Responder) und Ernährungsart (High-fat Vs. High carbohydrate). Zum Vergrößern, bitte hier klicken. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Jede der Gruppen sollte eine hypokalorische Ernährung mit einem täglichen Kaloriendefizit von 500 kcal/Tag einhalten. Neben dem verlorenen Körpergewicht dokumentierte das Forscherteam auch die Veränderung des Blutdruck, sowie des Hüft- und Taillenumfangs.

Ein weiteres Ziel der Studie bestand darin mehr über die Zusammenhänge zwischen dem Basis-Insulinspiegel und dem homöostatischen Modell der Insulinresistenz (HOMAR-IR) im Kontext unterschiedlicher Gewichtsreduktionen herauszufinden. Dies geschah vor dem Hintergrund widersprüchliche Untersuchungsergebnisse in der Vergangenheit, bei denen gewisse Einflüsse der Insulinresistenz bzw. der Insulinausschüttung auf die verlorene Gewichtsmenge bei unterschiedlichen Ernährungsstilen (High-fat Vs. High-carb) identifiziert werden konnten (13)(16)(17)(18). Außerdem versuchte man die Ernährungsgewohnheiten und -einstellungen der Individuen zu erfassen, um Differenzen bei der Gewichtsabnahme besser erklären zu können.

Was haben die Forscher herausgefunden?

Gewichtsverlust & Körperkomposition

Die Auswertung der Gewichtsdaten ergab im 12-wöchigen Studienverlauf eine ähnliche Entwicklung, wobei alle 4 Gruppen eine signifikante Menge an Körpergewicht verloren. Der Gewichtsverlust fiel jedoch in keiner der Gruppen signifikant höher aus:

  • Fat-Responder, die sich entsprechend ihres Genotyps fettreich ernährten (Gruppe 1, concordant diet), verloren insgesamt -5,5 kg.
  • Fat-Responder, die sich dagegen kohlenhydratreich (Gruppe 1, disconcordant diet), verloren insgesamt -5,3 kg.
  • Carbohydrate-Responder, die sich entsprechend ihres Genotyps kohlenhydratreich ernährten (Gruppe 3, concordant diet), verloren insgesamt -5,1 kg.
  • Carbohydrate-Responder, die sich dagegen fettreich ernährten (Gruppe 4, disconcordant), verloren insgesamt -4,1 kg.

Veränderung des Gewichts während der 12-wöchigen Intervention: a.) Genotyp-konforme Gruppe (n=60); nicht Genotyp-konforme Gruppe (n=62); b.) fettreiche Ernährung (n=44); kohlenhydratreiche Ernährung (n=41); c.) kohlenhydratreiche Ernährung (n=16); fettreiche Ernährung (n=21).  In den Boxplots kennzeichnet die Mittellinie den Medianwert (50. Perzentil), die Ränder der Box stellen das 25. und 75. Perzentil des Datensatzes dar, und die Whisker markieren das 5. und 95 Perzentil. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Veränderung des Gewichts während der 12-wöchigen Intervention: a.) Genotyp-konforme Gruppe (n=60); nicht Genotyp-konforme Gruppe (n=62); b.) fettreiche Ernährung (n=44); kohlenhydratreiche Ernährung (n=41); c.) kohlenhydratreiche Ernährung (n=16); fettreiche Ernährung (n=21).  In den Boxplots kennzeichnet die Mittellinie den Medianwert (50. Perzentil), die Ränder der Box stellen das 25. und 75. Perzentil des Datensatzes dar, und die Whisker markieren das 5. und 95 Perzentil. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Ein ähnlicher Sachverhalt ergab sich für die Körperkomposition, wobei es den Teilnehmern aller 4 Gruppen gelang ihren prozentualen Körperfettanteil, sowie den Hüft- und Taillenumfang, erfolgreich zu reduzieren – aber leider auch hier ohne signifikante Differenzen zwischen den einzelnen Gruppen.

Veränderung des prozentualen Körperfettanteils während der 12-wöchigen Intervention: d.) Genotyp-konforme Gruppe (n=60, concordant); nicht Genotyp-konforme Gruppe (n=62, disconcordant); e.) fettreiche Ernährung (n=44); kohlenhydratreiche Ernährung (n=41); f.) kohlenhydratreiche Ernährung (n=16); fettreiche Ernährung (n=21).  In den Boxplots kennzeichnet die Mittellinie den Medianwert (50. Perzentil), die Ränder der Box stellen das 25. und 75. Perzentil des Datensatzes dar, und die Whisker markieren das 5. und 95 Perzentil. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Veränderung des prozentualen Körperfettanteils während der 12-wöchigen Intervention: d.) Genotyp-konforme Gruppe (n=60, concordant); nicht Genotyp-konforme Gruppe (n=62, disconcordant); e.) fettreiche Ernährung (n=44); kohlenhydratreiche Ernährung (n=41); f.) kohlenhydratreiche Ernährung (n=16); fettreiche Ernährung (n=21).  In den Boxplots kennzeichnet die Mittellinie den Medianwert (50. Perzentil), die Ränder der Box stellen das 25. und 75. Perzentil des Datensatzes dar, und die Whisker markieren das 5. und 95 Perzentil. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Blutdruck, sowie Zusammenhang zwischen Insulinspiegel, HOMAR-IR & Gewichtsverlust

Dem Forscherteam ist es – mit einer einzigen Ausnahme – nicht gelungen signifikante Differenzen zwischen den Gruppen in Bezug auf eine Veränderung des Blutdrucks und des Zusammenhangs zwischen Insulinspiegel, HOMAR-IR und Gewichtsabnahme zu identifizieren. Man stellte jedoch fest, dass Fat-Responder, die sich kohlenhydratreich ernährten, eine Reduktion des systolischen Blutdrucks (SBP) zeigten. Diese Individuen wiesen allerdings auch den höchsten SBP-Durchschnittswert in allen vier Gruppen zu Studienbeginn auf.

Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks während der 12-wöchigen Intervention: a. & d.) Genotyp-konforme Gruppe (n=60, concordant); nicht Genotyp-konforme Gruppe (n=62, disconcordant); b. & e.) fettreiche Ernährung (n=44); kohlenhydratreiche Ernährung (n=41); c. & f.) kohlenhydratreiche Ernährung (n=16); fettreiche Ernährung (n=21).  In den Boxplots kennzeichnet die Mittellinie den Medianwert (50. Perzentil), die Ränder der Box stellen das 25. und 75. Perzentil des Datensatzes dar, und die Whisker markieren das 5. und 95 Perzentil. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks während der 12-wöchigen Intervention: a. & d.) Genotyp-konforme Gruppe (n=60, concordant); nicht Genotyp-konforme Gruppe (n=62, disconcordant); b. & e.) fettreiche Ernährung (n=44); kohlenhydratreiche Ernährung (n=41); c. & f.) kohlenhydratreiche Ernährung (n=16); fettreiche Ernährung (n=21).  In den Boxplots kennzeichnet die Mittellinie den Medianwert (50. Perzentil), die Ränder der Box stellen das 25. und 75. Perzentil des Datensatzes dar, und die Whisker markieren das 5. und 95 Perzentil. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Ernährungsverhalten

Die empfundenen Heißhungergefühle zeigten ebenfalls keine signifikant unterschiedliche Entwicklung zwischen Genotyp-konformer bzw. nicht-konformer Ernährung, mit einer einzigen Ausnahme: Carbohydrate-Responders, die sich fettreich ernährten (also nicht Genotyp-konform) zeigten – im Vergleich zu Carbohydrate-Responders, die sich kohlenhydratreich ernährten – geringere Gelüste nach Kohlenhydraten bzw. stärkehaltigen Speisen.

Veränderungen des Heißhungers (mit Hilfe des Food Craving Inventory) während der 12-wöchigen Intervention bei Individuen, die einer Diät zugewiesen wurden, die ihrem Genotyp konform ist bzw. die dem Genotyp nicht konform ist. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Veränderungen des Heißhungers (mit Hilfe des Food Craving Inventory) während der 12-wöchigen Intervention bei Individuen, die einer Diät zugewiesen wurden, die ihrem Genotyp konform ist bzw. die dem Genotyp nicht konform ist. Zum Vergrößern, bitte hier klicken. (Bildquelle: Höchsmann et al., 2023)

Zusammenfassung & Abschließende Worte

Die personalisierte Ernährung, deren Empfehlungen auf Basis der Genetik bzw. DNA-Analysen getroffen werden („Nutrigenomics“), gilt in so manchen Kreisen als das nächste „große Ding“ im Bereich der Gesundheit und des Körpergewichtsmanagements. Dahinter verbirgt sich die Annahme, wonach individuelle genetische Unterschiede dazu in der Lage sind, die Reaktion unseres Körpers auf bestimme Nahrungsmittel zu beeinflussen. Dies soll beispielsweise auch den Abnehmerfolg im Zuge einer Diät verbessern – etwa indem du mehr von solchen Produkten konsumierst, die deinem Genotyp entsprechen. Letzteres wird durch die Studie von Höchsmann et al. (2023) jedoch nicht gestützt. Probanden, die sich Genotyp-konform ernährt haben (z.B. fett- bzw. kohlenhydratreich) verloren im Zuge ihrer Diät (500 kcal Defizit/Tag) keine signifikant höhere Mengen an Gewicht (oder Körperfett) als ihre Pendants, die sich nicht Genotyp-konform ernährt haben.

Ein solches Ergebnis deckt sich mit bisherigen Arbeiten, in denen keine größeren Unterschiede bei der Gewichtsabnahme festgestellt werden konnten, wenn sich Studienteilnehmer während einer Diät Genotyp-konform bzw. nicht-konform ernährt haben (6)(7)(13)(15):

  • So stellten Gardner et al. (2018) beispielsweise in ihrer Untersuchung (DIETFITS-Studie) fest, dass der erzielte Gewichtsverlust nach einer 12-monatigen Diätphase in 609 Probanden fest, dass die Differenz zwischen Low Fat und Low Carb bei lediglich 0,6 kg lag (-5,4 kg [Low Fat] Vs. -6,0 kg [Low Carb] – ein Wert, der keine statistische Signifikanz erreichte. Eine Einteilung der Studienteilnehmer auf Basis eines Gen-Tests, bei dem anhand von 3 SNPs (PPARG, ADRB2 und FABP2) der Genotyp ermittelt wurde, zeigte keine signifikanten Interaktionen zwischen dem Diät-Typ und dem Genotyp auf (13).
  • In einer anderen Untersuchung (Food4Me-Studie) überprüften Celis-Morales et al. (2017) die Auswirkungen einer personalisierten Ernährung über einen Zeitraum von 6 Monaten in Bezug auf den erzielten Gewichtsverlust und das Blutmarkerprofil in 1.269 Probanden. Die Studienteilnehmer wurden hierbei in 4 Gruppen aufgeteilt, wobei eine Gruppe lediglich eine klassische Ernährungsberatung erhielt, während die restlichen 3 Gruppen ein Ernährungsberatung bekam, die personalisiert gewesen ist (nämlich a.) eine Ernährungsberatung auf Basis der bisherigen Ernährung, b.) eine Ernährungsberatung auf Basis der bisherigen Ernährung und des Phänotyps oder c.) eine Ernährungsberatung auf Basis der bisherigen Ernährung, des Phänotyps und des Genotyps). Die Einstufung des Genotyps erfolgte auf Basis von 5 SNPs (MTHFR, FTO, TCF7L2, ApoE und FADS1). Zwar konnte man nach Ablauf des Experiments feststellen, dass sich die Ernährungsqualität in den Gruppen mit personalisierter Ernährung verbessert hat (z.B. durch eine Senkung des Verzehrs von rotem Fleisch und gesättigten Fettsäuren), allerdings erreichten diese Gruppen keine überlegenen Resultate im Hinblick auf Gewichtsverlust, BMI, Taillenumfang oder bei den gemessenen Blutmarkern (6).
  • Bei einer dritten Untersuchung teilten Coletta et al. (2018) übergewichtige Frauen mit überwiegend sitzendem Lebensstil in Gruppen auf, die sich über 24 Wochen hypokalorisch ernährten, dabei entweder eine eher niedrige oder eine moderate Kohlenhydratzufuhr befolgten und körperlich aktiv wurden. Einige Damen ernährten sich Genotyp-konform, andere nicht, wobei der Genotyp auf Basis von Genen bestimmt wurde, die mit dem Fettstoffwechsel zusammenhängen (FABP2rs1799883, PPARG2rs1801282, ADRB3rs4994C3, ADRB2rs1042713, rs1042714). Gesundheitsbezogene Marker und die Körperkomposition verbesserten sich in den Studienteilnehmern, die sich an die Trainings- und Ernährungsvorgaben hielten, doch die Einhaltung einer Genotyp-konformen Ernährung führte auch hier zu keinen besseren Resultaten (7).

Mit der vollständigen Entschlüsselung des menschlichen Genoms durch das Human Genome Project ist uns bewusst, dass wir Menschen etwa 99,9% unserer Gene miteinander teilen. Der Rest entfällt auf Gen-Varianten – die sogenannten Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs) – die für die zahlreichen physiologischen und metabolischen Unterschiede (z.B. Gewicht, Körpergröße, Augenfarbe, Stoffwechsel) verantwortlich sind (4).

Einzelnukleotid-Polymorphismen: Das obere DNA-Molekül unterscheidet sich vom unteren DNA-Molekül an einer einzigen Basenpaar-Position (sog „G/A-Polymorphismus“). (Bildquelle: Wikimedia.org / David / Gringer ; Wikimedia Commons Lizenz)

Einzelnukleotid-Polymorphismen: Das obere DNA-Molekül unterscheidet sich vom unteren DNA-Molekül an einer einzigen Basenpaar-Position (sog „G/A-Polymorphismus“). (Bildquelle: Wikimedia.org / David / Gringer ; Wikimedia Commons Lizenz)

Theoretisch betrachtet macht es also durchaus Sinn, dass eine personalisierte Ernährung dabei helfen könnte die individuelle Gesundheit (oder auch die Fettreduktion und den Muskelaufbau) zu fördern.

"Omics"-Wissenschaften, die zum Verständnis der Beziehung zwischen Ernährung und Gesundheit bzw. Krankheit beitragen. (Bildquelle: Sales et al., 2014)

“Omics”-Wissenschaften, die zum Verständnis der Beziehung zwischen Ernährung und Gesundheit bzw. Krankheit beitragen. (Bildquelle: Sales et al., 2014)

Die POINTS-Studie von Höchsmann et al. (2023) erweiterte das SNP-Panel auf 10 Genvarianten (FGF2, TCF7L2, IRS1, APOA5, PLIN1, APOA2, FTO, PPARG, GIPR und GYS2), in der Hoffnung, dass eine präzisere Einstufung der Probanden in Fat- oder Carbohydrate-Responders eine markantere Differenzierung ermöglichen bzw. deutliche Unterschiede aufzeigen würde. Dies erwies sich jedoch als Fehlschluss.

Zusammenfassend können wir sagen, dass die bisherigen Forschungsergebnisse im Bereich der personalisierten Ernährung relativ unspektakulär sind und das an den bisherigen Säulen zu einer smarten Gewichts- und Fettreduktion (Energiezufuhr, Nahrungsqualität und Bewegung/Sport) nicht gerüttelt werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsweise, dass die personalisierte Ernährung eine Luftnummer ist. Vielmehr deuten die bisherigen Ergebnisse darauf hin, dass wir noch viel mehr Forschung auf diesem Gebiet benötigen und das die Zuweisung einer bestimmten Ernährungsform auf Basis einiger weniger SNPs – wie es viele „Gen-Tests“ zur Evaluation des Ernährungstyps gegenwärtig machen – nicht ausreichend ist, um einen signifikanten Unterschied in einer Diät zu machen.

Oder um es einfacher zu formulieren: Du kannst dir das Geld für solche Tests bisher sparen, solange es auf diesem Gebiet keine größeren Durchbrüche gibt.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

Primärliteratur

(1) Höchsmann, C., et al. (2023): The Personalized Nutrition Study (POINTS): evaluation of a genetically informed weight loss approach, a Randomized Clinical Trial. In: Nat Commun. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37813841/.

(2) Holmer, B. (2023): Study Summaries. December 2023. Erhältlich auf Examine.com.

Sekundärliteratur

(3) Bush, CL., et al. (2020): Toward the Definition of Personalized Nutrition: A Proposal by The American Nutrition Association. In: J Am Coll Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31855126.

(4) Sales, NM. / Pelegrini, PB. / Goersch, MC (2014): Nutrigenomics: definitions and advances of this new science. In: J Nutr Metab. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24795820.

(5) Gardner, CD., et al. (2018): Effect of Low-Fat vs Low-Carbohydrate Diet on 12-Month Weight Loss in Overweight Adults and the Association With Genotype Pattern or Insulin Secretion: The DIETFITS Randomized Clinical Trial. In: JAMA. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29466592.

(6) Celis-Morales, C., et al. (2017): Effect of personalized nutrition on health-related behaviour change: evidence from the Food4Me European randomized controlled trial. In: Int J Epidemiol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27524815.

(7) Coletta, AM., et al. (2018): Alignment of diet prescription to genotype does not promote greater weight loss success in women with obesity participating in an exercise and weight loss program. In: Obes Sci Pract. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30574349.

(8) Hall, KD. (2017): A review of the carbohydrate-insulin model of obesity. In: Eur J Clin Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28074888.

(9) Shai, I., et al. (2008): Weight loss with a low-carbohydrate, Mediterranean, or low-fat diet. In: N Engl J Med. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18635428/.

(10) Sacks, FM., et al. (2009): Comparison of weight-loss diets with different compositions of fat, protein, and carbohydrates. In: N Engl J Med. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19246357/.

(11) Johnston, BC., et al. (2014): Comparison of weight loss among named diet programs in overweight and obese adults: a meta-analysis. In: JAMA. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25182101/.

(12) Dopler, NM., et al. (2010): Genetic phenotypes predict weight loss success: the right diet does matter: Paper presented at: joint conference of the 50th Cardiovascular Disease Epidemiology and Prevention and Nutrition, Physical Activity, and Metabolism; March 2–3, 2010, San Francisco, CA.

(13) Gardner, CD., et al. (2018): Effect of low-fat vs low-carbohydrate diet on 12-month weight loss in overweight adults and the association with genotype pattern or insulin secretion: The DIETFITS Randomized Clinical Trial. In: JAMA. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29466592/.

(14) Qi, L. / Bray, GA. / Sacks, FM. (2018): Low-fat vs low-carbohydrate diets and weight loss. In: JAMA. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29998330/.

(15) Bayer, S., et al. (2020): Associations between genotype–diet interactions and weight loss—a systematic review. In: Nutrients. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32971836/.

(16) Cornier, MA., et al. (2005): Insulin sensitivity determines the effectiveness of dietary macronutrient composition on weight loss in obese women. In: Obes Res. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15897479/.

(17) McClain, AD., et al. (2013): Adherence to a low-fat vs. low-carbohydrate diet differs by insulin resistance status. In: Diabetes Obes Metab. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22831182/.

(18) Pittas, AG., et al. (2005): A low-glycemic load diet facilitates greater weight loss in overweight adults with high insulin secretion but not in overweight adults with low insulin secretion in the CALERIE Trial. In: Diabetes Care. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16306558/.

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