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Metabolische Flexibilität: Was ist das? Und wie kannst du sie verbessern?

Metabolische Flexibilität: Was ist das? Und wie kannst du sie verbessern?

Individuen, die sich entsprechend ihrer Situation auf neue (und überraschende) Begebenheiten ein- und umstellen können, kommen in der Regel besser und einfacher durchs Leben, weil sie so schnell nichts aus der Bahn wirft. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von einer kurzfristigen Anpassungsfähigkeit bzw. Flexibilität, die sich im privaten und beruflichen Alltag durchaus bezahlt machen kann.

So spannend das Thema jedoch ist, soll es an dieser Stelle nicht um deine psychische Flexibilität gehen. Viel mehr wollen wir uns damit befassen, wie gut bzw. schlecht dein Körper auf bedingte Veränderungen des Stoffwechsel- oder Energiebedarfs reagiert – ein Konzept, welches man in  der biologischen Wissenschaft als metabolische Flexibilität bezeichnet (1).

Metabolische Flexibilität: Was ist das?

Erstmalig genutzt um die gesteigerte Fähigkeit eines parasitären Wurms (Helminthen) zur aeroben bzw. anaeroben Erzeugung von chemischer Energie und Stoffwechselprodukten zu beschreiben (17), wird der Begriff der metabolischen Flexibilität heutzutage eher im Zusammenhang des Übergangs vom nüchternen Zustand („Fasted State“) zu einem Zustand der Nahrungsaufnahme und -verdauung („Fed State“) und der daraus resultierenden Energiesubstratauswahl (Fett- Vs. Kohlenhydratstoffwechsel) verwendet (1).

Das Konzept wird zudem zur Erklärung des Phänomens der Insulinresistenz (Übergang vom nüchternen Zustand zur Insulinstimulation) herangezogen (18). So zeigten Kelley und Mandarino in einer Reihe von Untersuchungen, dass eine metabolische Inflexibilität in Individuen mit Typ 2 Diabetes und Übergewicht zu einer erhöhten Glukose-Oxidation und einer erniedrigten Fettsäuren-Oxidation in der Skelettmuskulatur führt (19)(20)(21).

Zusammenfassung der Veränderungen des Energiesubstrat-Stoffwechsels im Skelettmuskel und im Fettgewebe während der Schlaf-, Fasten-, Ernährungs-, Ruhe- und Belastungsphasen (in gesunden Individuen): Der Skelettmuskel wechselt von höheren Fettsäure-Oxidationsraten während des Schlafs/nach der Resorption zu einer stärkeren Oxidation und Speicherung von Glukose nach der Nahrungsaufnahme und zu einer geringeren Fettsäure-Oxidation. Das Fettgewebe wechselt dagegen von höheren Lipolyseraten [Fettsäurefreisetzung] zu einer Unterdrückung der Lipolyse und Fettspeicherung während des Übergangs vom Fasten zur Nahrungsaufnahme. In der Zeit zwischen Ruhe und Bewegung erhöht die Skelettmuskulatur die Fettsäure- und Glukoseoxidation, um den höheren Energiebedarf zu decken, während die Lipolyse im Fettgewebe drastisch erhöht wird. (Bildquelle: Goodpaster & Sparks, 2017)

Zusammenfassung der Veränderungen des Energiesubstrat-Stoffwechsels im Skelettmuskel und im Fettgewebe während der Schlaf-, Fasten-, Ernährungs-, Ruhe- und Belastungsphasen (in gesunden Individuen): Der Skelettmuskel wechselt von höheren Fettsäure-Oxidationsraten während des Schlafs/nach der Resorption zu einer stärkeren Oxidation und Speicherung von Glukose nach der Nahrungsaufnahme und zu einer geringeren Fettsäure-Oxidation. Das Fettgewebe wechselt dagegen von höheren Lipolyseraten [Fettsäurefreisetzung] zu einer Unterdrückung der Lipolyse und Fettspeicherung während des Übergangs vom Fasten zur Nahrungsaufnahme. In der Zeit zwischen Ruhe und Bewegung erhöht die Skelettmuskulatur die Fettsäure- und Glukoseoxidation, um den höheren Energiebedarf zu decken, während die Lipolyse im Fettgewebe drastisch erhöht wird. (Bildquelle: Goodpaster & Sparks, 2017)

In einfachen Worten ausgedrückt: Die metabolische Flexibilität zeigt auf, wie gut (oder schlecht) die Fähigkeit unseres Körpers zur Anpassung der Verbrennungsraten (Glukose- und Fettsäuren-Oxidation) ist, wenn sie die Substratverfügbarkeit ändert (d.h. wenn wir Kohlenhydrate und Fette über Nahrungsmittel und Getränke aufnehmen oder körperlich aktiv sind).

Einige Menschen beschreiben die metabolische Flexibilität auch als die Befähigung des Körpers, um vom Fettstoffwechsel zum Kohlenhydratstoffwechsel zu wechseln – so als würde man auf einen Schalter umlegen, der dazu führt, dass nur noch Kohlenhydrate (Glukose) oder nur noch Fette (Fettsäuren/Lipide) verbrannt werden. Diese Annahme ist jedoch falsch. Der menschliche Körper nutzt in der Regel einen „Energie-Mix“, bei dem mal das eine Substrate und mal das andere Substrat dominiert. Der Grad und Umfang hängt dabei von der habitueller Ernährungskomposition, dem Zeitpunkt der letzten Mahlzeit, der Belastungsart, der Belastungsdauer und schlussendlich auch der Belastungsintensität  ab.

Energiesubstrate bei körperlicher Belastung (Training/Sport): Die Quelle der Energiesubstrate während des Trainings variiert je nach Dauer des Trainings. Bei der Kontraktion der Skelettmuskulatur wird in den ersten Sekunden der Übung Energie aus ATP bereitgestellt, welches sofort aus Phosphokreatin (PC) resynthetisiert wird. Bei länger andauernden Belastungen erfolgt die ATP-Resynthese durch den Abbau anderer Brennstoffquellen (z.B. Fette/Lipide und Kohlenhydrate/Glukose/). Muscle triacylglycerol = Fettsäurespeicher im Skelettmuskel; Muscle glycogen = Kohlenhydratspeicher im Skelettmuskel; Plasma NEFA = Freie Fettsäuren; Blood glucose from hepatic and oral sources = Blutzucker aus Leber und zugeführten Nahrungsmitteln. (Bildquelle: Riddell et al., 2020)

Energiesubstrate bei körperlicher Belastung (Training/Sport): Die Quelle der Energiesubstrate während des Trainings variiert je nach Dauer des Trainings. Bei der Kontraktion der Skelettmuskulatur wird in den ersten Sekunden der Übung Energie aus ATP bereitgestellt, welches sofort aus Phosphokreatin (PC) resynthetisiert wird. Bei länger andauernden Belastungen erfolgt die ATP-Resynthese durch den Abbau anderer Brennstoffquellen (z.B. Fette/Lipide und Kohlenhydrate/Glukose/). Muscle triacylglycerol = Fettsäurespeicher im Skelettmuskel; Muscle glycogen = Kohlenhydratspeicher im Skelettmuskel; Plasma NEFA = Freie Fettsäuren; Blood glucose from hepatic and oral sources = Blutzucker aus Leber und zugeführten Nahrungsmitteln. (Bildquelle: Riddell et al., 2020)

Ich hoffe es ist keine allzu große Neuigkeit, wenn ich dir erzähle, dass eine gute metabolische Flexibilität eine sinnvolle Sache ist – nicht nur hinsichtlich der eigenen Gesundheit, sondern auch, wenn es um die Leistungsfähigkeit geht.

Im weiteren Verlauf dieses Beitrags werden wir klären, wie die metabolische Flexibilität ermittelt wird, welche (gesundheitliche) Bedeutung sie für uns hat und welche Faktoren entscheidend sind, um sie zu verbessern.

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der Januar 2022 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um alle bisherigen Editorial-Beiträge zu lesen.

Metabolische Flexibilität: Was ist das? Und wie kannst du sie verbessern?

Messung der metabolischen Flexibilität

Die gängige Methode zur Evaluation der metabolischen Flexibilität besteht darin den Respirationsquotienten (RQ) eines Individuums im nüchternen (fasted-state) und postprandialen Zustand (fed-state) zu messen.

Der Respirationsquotient ist eine Größe zur Darstellung des Verhältnisses zwischen produziertem Kohlenstoffdioxid (CO2) und Sauerstoffaufnahme (O2) dar, wobei der Endwert unter normalen Umständen  auf einer Skala von 0,7 (es wird nur Fett als Energiesubstrat verbrannt) bis 1,0 (es werden nur Kohlenhydrate als Energiesubstrat verbrannt) liegt.

Bei gesunden Individuen mit einer guten metabolischen Flexibilität…

  • …sinkt der RQ-Wert im Zuge einer Nahrungskarenz (ausbleibende Nahrungsaufnahme bzw. fasten) ab. Der Fettstoffwechsel übernimmt sozusagen das Ruder, so dass ein Großteil des akuten Energiebedarfs durch Fettsäuren bzw. dessen Metaboliten (z.B. Ketonkörper) gedeckt wird, während die Glukose-Oxidation (Kohlenhydratenergie) reduziert wird.
  • …steigt der RQ-Wert im Zuge einer Nahrungsaufnahme (insbesondere bei kohlenhydratreicher Kost) an. In einer solchen Situation wird ein Großteil des akuten Energiebedarfs über den Kohlenhydratstoffwechsel gedeckt und die Fettsäuren-Oxidation wird reduziert.

Der Respirationsquotient liefert uns also einen Hinweis darüber, mit welchem Energie-Mix unser Körper gerade seinen Energiebedarf deckt bzw. ob gerade der Fett- oder Kohlenhydratstoffwechsel dominiert. Der Energie-Mix (oder auch RQ-Wert, wenn du es so ausdrücken willst) wird aber natürlich auch durch andere Faktoren signifikant beeinflusst.

Verschiedene endogene und exogene Faktoren, welche den Respirationsquotienten (RQ = VCO2 /VO2 ) beeinflussen: Die stärksten Faktoren sind ernährungsbedingt, d.h. die Menge und der Anteil der Makronährstoffe in der Ernährung, sowie das Ausmaß, in dem große chronische Energie- und Substratungleichgewichte bestehen (sowohl positiv, als auch negativ). (Bildquelle: Melzer et al., 2014)

Verschiedene endogene und exogene Faktoren, welche den Respirationsquotienten (RQ = VCO2 /VO2 ) beeinflussen: Die stärksten Faktoren sind ernährungsbedingt, d.h. die Menge und der Anteil der Makronährstoffe in der Ernährung, sowie das Ausmaß, in dem große chronische Energie- und Substratungleichgewichte bestehen (sowohl positiv, als auch negativ). (Bildquelle: Melzer et al., 2014)

Gesundheitliche Bedeutung der metabolischen Flexibilität

Das Konzept der metabolischen Flexibilität wurde bereits vor einigen Jahren rege in der internationalen und deutschsprachigen Fitness- und Kraftsportszene mit entsprechenden Tipps und Ratschlägen zur Optimierung der persönlichen metabolischen Flexibilität diskutiert. Aber musst du überhaupt irgendwelche Maßnahmen ergreifen?

Die einfache Antwort auf eine solche Frage lautet: Nein, musst du nicht. Gesunde Menschen sind bereits (ausreichend) metabolisch flexibel – was nichts anderes bedeutet, als dass der Körper dazu in der Lage ist, adäquat auf eine Schwankung der Verfügbarkeit von Energiesubstraten (Kohlenhydrate und Fette) bei einer Veränderung der Ernährung bzw. dem Übergang vom nüchternen zum postprandialen Zustand – und vice versa – zu reagieren.

Eine Beeinträchtigung der (Stoffwechsel-)Gesundheit, wie sie z.B. durch Übergewicht/Fettleibigkeit und/oder Diabetes beobachtet wird, kann jedoch zu einem Verlust der Flexibilität führen (3). Eine solche metabolische Inflexibilität lässt sich an einer erhöhten Glukose-Oxidation (und einer reduzierten Fettsäuren-Oxidation) im gefasteten Zustand feststellen (d.h. der RQ ist, in Relation zu gesunden Individuen, stets erhöht) (1)(2).

Evaluation der Respirationsquotienten (RQ) Kinetik in einem 24-stündigen Zeitfenster in einer Stoffwechselkammer: Die Linien stellen die individuellen Reaktionen eines Patienten mit Diabetes mellitus Typ I (DMT1, rote Linie) und eines gesunden Individuums (blaue Linie) dar. Die Pfeile zeigen verschiedene Merkmale der metabolischen Flexibilität (Bewegung, Reaktion auf eine Mahlzeit und Schlaf) an, die in einer Ganzraum-Atmungskammer gemessen wurden. (Bildquelle: Goodpaster & Sparks, 2017)

Evaluation der Respirationsquotienten (RQ) Kinetik in einem 24-stündigen Zeitfenster in einer Stoffwechselkammer: Die Linien stellen die individuellen Reaktionen eines Patienten mit Diabetes mellitus Typ I (DMT1, rote Linie) und eines gesunden Individuums (blaue Linie) dar. Die Pfeile zeigen verschiedene Merkmale der metabolischen Flexibilität (Bewegung, Reaktion auf eine Mahlzeit und Schlaf) an, die in einer Ganzraum-Atmungskammer gemessen wurden. (Bildquelle: Goodpaster & Sparks, 2017)

Die metabolische Inflexibilität kann als Konsequenz einer Insulinresistenz (schlechten Insulinsensitivität) verstanden werden (2), die selbst wiederum eine gestörte, biologische Reaktion auf eine Insulinstimulation beim Zielgewebe (insbesondere Leber, Muskulatur und Fettgewebe) darstellt.  

Das Risiko zur Entstehung einer solchen Insulinresistenz mag zwar genetisch beeinflusst sein, doch sie entsteht primär durch einen exzessiven Aufbau von (viszeralem) Körperfett – und birgt langfristig gesehen nicht zu unterschätzende, gesundheitliche Folgen (z.B. Diabetes, nicht-alkoholische Fettleber etc.)

Halten wir also fest: Wenn die Glukoseaufnahme von Zellen beeinträchtigt ist, dann leidet auch unsere metabolische Flexibilität (4). Insofern führen alle Maßnahmen, die zu einer Steigerung der Insulinsensitivität beitragen, auch zu einer Verbesserung der metabolischen Flexibilität.

Welchen Einfluss hat unsere Ernährung?

Jüngere und schlankere Individuen scheinen widerstandsfähiger zu sein, wenn es um die Induktion einer metabolischen Inflexibilität geht, als ältere und/oder übergewichtige Personen (was angesichts der diskutierten Ursachen in der Sektion davor Sinn ergibt).

Van Herpen et al. (2011) stellten in ihrer 3-wöchigen Untersuchung mit übergewichtigen, älteren Herren (n=20, im Schnitt 56,4 Jahre alt und einem BMI von 29,3 kg/m²) fest, dass eine fettreiche Ernährung (55% Fettanteil) – im Vergleich mit einer fettarmen Kost (15% Fettanteil) zu einer Reduktion der metabolischen Flexibilität beiträgt (6).

Die Evaluation der metabolischen Flexibilität erfolgte über den Respirationsquotienten (RQ) bei Insulinstimulation mittels Clamp-Methode*. Die Forscher konnten zudem eine verringerte Insulinsensitivität und eine erhöhte Lipidakkumulation in Muskeln und Leber beobachten.

*Bei Clamp-Studien wird eine Insulininfusion (oder eine Glukoseinfusion) so variiert, dass die Blutzuckerkonzentration auf einem bestimmten Niveau gehalten (geclamped) wird. Dadurch wird die Reaktion auf Glukose oder Insulin quantifiziert (in der Regel, wie empfindlich eine Person auf Insulin reagiert oder wie gut sie Glukose verstoffwechselt).

Beachte, dass sich die Probanden in dieser Studie nicht einmal hyperkalorisch (mit Kalorienüberschuss), sondern eukalorisch ernährt haben (d.h. es lag eine ausgeglichene Kalorienbilanz vor). Leider haben es die beteiligten Forsche versäumt anzugeben, wie die konkrete Fettzusammensetzung der Ernährung aussah – es ist jedoch bekannt, dass gesättigte Fettsäuren am stärksten mit einer Reduktion der Insulinsensitivität assoziiert sind (während Omega-3-Fettsäuren mit einer Steigerung der Insulinsensitivität in Verbindung gebracht werden) (7).

Demgegenüber untersuchten Peterson et al. (2017) in ihrem Experiment die Auswirkungen eines 8-wöchigen Overfeedings (hyperkalorische Ernährung, 40% über Erhaltungsbedarf) in jungen, normalgewichtigen Individuen (n=29, im Schnitt 27 Jahre alt und BMI von 25,5 kg/m²) (8).

Die Evaluation des Respirationsquotienten mittels Clamp-Methode zeigte in diesem Fall keine Beeinträchtigung der metabolischen Flexibilität – und das bei einer verhältnismäßig ungesunden Ernährung, die zu 41% aus Kohlenhydraten, zu 15% aus Proteinen und zu 44% aus Fetten bestand (davon 40% gesättigte Fettsäuren, 37% einfach-ungesättigte Fettsäuren und 23% mehrfach-ungesättigte Fettsäuren).

Solche Resultate bedeuten nicht, dass eine solche Ernährung in jungen und normalgewichtigen Individuen keine gesundheitlichen Folgen (insbesondere in der langen Frist) nach sich ziehen können – im Gegenteil: Die Forscher stellten eine Verringerung der Insulinsensitivität ohne Einfluss auf den RQ fest, so dass die Hypothese aufgestellt wurde, wonach die Insulinresistenz ein Vorläufer der metabolischen Inflexibilität sei.

Nichtsdestotrotz bestärkt diese Untersuchung die Annahme, dass junge, normalgewichtige und gesunde Individuen über eine widerstandsfähigere metabolische Flexibilität verfügen, die sich auch bei einer übermäßigen und relativ ungesunden Ernährung nicht binnen kürzester Zeit verändert.

Dieser Sachverhalt lässt auch vermuten, dass die (Optimierung der)  Körperkomposition (Verhältnis von Muskel- zu Fettmasse) einen entscheidenden Faktor bei der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der metabolischen Flexibilität spielt. Dementsprechend könnte es zur Verbesserung der metabolischen Flexibilität nicht ausreichend, wenn man einfach „nur“ seine Ernährung umstellt und gesünder gestaltet – zumindest so lange, wie damit nicht signifikante Veränderungen bei der Körperkomposition (Fettreduktion) einhergehen.

Dies wird beispielsweise durch eine Arbeit von Fechner et al. (2020) illustriert, bei der man übergewichtige Männer und Frauen (50-70 Jahre alt mit einem BMI von 25-35 kg/m²) in zwei Gruppen aufteilte: Die eine Gruppe befolgte eine typisch westliche Ernährung („Western Diet“), während die andere Gruppe eine gesunde Ernährung einhielt, die reich an Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen sowie fettreichem Fisch und arm an raffinierten Kohlenhydraten war (9). Am Ende der 6-wöchigen Studie konnten die Wissenschaftler keinerlei Verbesserungen bei der metabolischen Flexibilität messen. Die Probanden haben in der Zeit weder ihr Körpergewicht noch ihre Körperkomposition verändert (was prinzipiell auch nicht verwundert, da die Kalorienzufuhr auch nicht eingeschränkt wurde).

Solche Resultate wurden in anderen Untersuchungen – also konkreten Diät-Studien mit Kalorienrestriktion und vermehrter Bewegung – nicht beobachtet. Stattdessen stellte man signifikante Verbesserungen bei der metabolischen Flexibilität fest (10)(11).

…und damit landen wir auch schon beim Thema Sport.

Welchen Einfluss haben Sport & Training?

Die Kombination aus Kalorienrestriktion und Bewegung scheint eine effektive Maßnahme zur Verbesserung der metabolischen Flexibilität zu sein (10)(11).

Sport und Training können die metabolische Flexibilität jedoch auch unabhängig von der Körperkomposition steigern, indem sie z.B. die mitochondriale Biogenese antreiben und dadurch die Kapazität zur Fettsäuren-Oxidation erhöhen (12)(13). Auf der anderen Seite konnte nachgewiesen werden, dass körperliche Inaktivität und ein überwiegend sitzender Lebensstil mit einer erhöhten metabolischen Inflexibilität einhergeht (14).

Die akute Überversorgung mit Lipiden (Fetten) während einer Hyperinsulinämie zeigt die metabolische Flexibilität bei trainierten im Vergleich zu untrainierten Probanden. Während eines hyperinsulinämisch-euglykämischen "Glukose"-Clamps ohne (helle Balken) oder mit (dunkle Balken) gleichzeitiger Infusion von Intralipiden, vermindern trainierte Probanden die Glukose-Oxidation (grüne Balken), erhöhen die Fettsäure-Oxidation (gelbe Balken) und erhalten die Muskelglykogenspeicher (rote Balken), im Vergleich zu untrainierten Probanden, die eine metabolische Inflexibilität aufweisen. Mit anderen Worten: Untrainierte Probanden können weder die Glukose-Oxidation noch die Fettsäure-Oxidation wirksam verringern und zeigen angesichts der Lipidüberlastung eine verringerte Glykogenspeicherung. Daten basierend auf Dubé et al., 201)(16). Es handelt sich um Mittelwerte ± SEM. (Bildquelle: Goodpaster & Sparks, 2017)

Die akute Überversorgung mit Lipiden (Fetten) während einer Hyperinsulinämie zeigt die metabolische Flexibilität bei trainierten im Vergleich zu untrainierten Probanden. Während eines hyperinsulinämisch-euglykämischen “Glukose”-Clamps ohne (helle Balken) oder mit (dunkle Balken) gleichzeitiger Infusion von Intralipiden, vermindern trainierte Probanden die Glukose-Oxidation (grüne Balken), erhöhen die Fettsäure-Oxidation (gelbe Balken) und erhalten die Muskelglykogenspeicher (rote Balken), im Vergleich zu untrainierten Probanden, die eine metabolische Inflexibilität aufweisen. Mit anderen Worten: Untrainierte Probanden können weder die Glukose-Oxidation noch die Fettsäure-Oxidation wirksam verringern und zeigen angesichts der Lipidüberlastung eine verringerte Glykogenspeicherung. Daten basierend auf Dubé et al., 201) (16). Es handelt sich um Mittelwerte ± SEM. (Bildquelle: Goodpaster & Sparks, 2017)

Individuen, die ihre persönliche metabolische Flexibilität jedoch maximal steigern möchten, kommen jedoch vermutlich nicht um eine Optimierung ihrer Körperkomposition (d.h. ↓ Körperfett) herum – diesen Schluss lässt zumindest die Untersuchung von Battaglia et al. (2012) zu, bei der man die Auswirkungen einer 3-tägigen, fettreichen Ernährung (70% Fettanteil) in schlanken und fettleibigen Probanden untersucht hat (15). Die Probanden führten über 10 Tage eine Ausdauerprogramm durch und wechselten ab dem 8. Tag auf die fettreiche Kost – die Fettsäure-Oxidation stieg jedoch nur in den schlanken Individuen als Reaktion auf die High Fat Ernährung an.

Hieraus ließe sich also schließen, dass ein (zu) hoher Körperfettanteil die positiven Effekte von Sport und Bewegung auf die metabolische Flexibilität beeinträchtigt.

Abschließende Worte

Ich hoffe, dass du nach dem Lesen ein besseres Verständnis darüber hast, was man unter einer metabolischen Flexibilität versteht, in welchem Zusammenhang sie mit unserer Gesundheit steht und welche Schritte du ergreifen kannst, um deine persönliche metabolische Flexibilität zu steigern – vorausgesetzt, dass du nicht bereits über eine hervorragende metabolische Flexibilität verfügst, weil du regelmäßig trainierst und dich nicht ganz so räudig ernährst.

Wie du vielleicht gesehen hast, steht eine fettreiche Ernährung im Zusammenhang mit einer metabolischen Inflexibilität. Es ist jedoch wichtig, dass du dir hierbei vor Augen führst, dass die Studien, die zu diesen Ergebnissen gekommen sind, in der Regel an Individuen durchgeführt wurden, die einen überwiegend sitzenden Lebensstil pflegen und sich nicht gerade hochwertig ernähren (ungesund, hyperkalorisches Setting etc.). Es bleibt also fraglich, inwiefern sich solche Studien-Resultate auf schlanke und aktive Sportler übertragen lassen, die ihren Körper kennen und verhältnismäßig hochwertig ernähren.

Achte also auf deine Ernährung (reichlich Obst und Gemüse, proteinreiche Kost, genügend Omega-3-Fettsäuren und begrenzte unter Umständen den Anteil gesättigter Fette) und kombiniere das Ganze mit einem regelmäßigen Kraft- und Ausdauerprogramm, um deinen Körperfettanteil auf ein normales Maß zu bringen – dann hast du im Grunde genommen auch schon alles Erdenkliche getan, um eine gute metabolische Flexibilität zu gewährleisten.

Und falls du dich zu den Leidgeplagten zählst, die unter Stoffwechselstörungen leiden, welche die metabolische Flexibilität negativ beeinträchtigen (so wie ich als Typ 1 Diabetiker), dann lass‘ den Kopf nicht hängen. All die oben erwähnten Maßnahmen können auch dir bei der Optimierung der metabolischen Flexibilität helfen – und manchmal müssen wir einfach das Beste aus der Hand machen, die uns am Spieltisch des Lebens ausgeteilt wurde.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

Primärliteratur

(1) Goodpaster. BH. / Sparks, LM. (2017): Metabolic Flexibility in Health and Disease. In: Cell Metab. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28467922/.

(2) Aragon, A. (2021): Alan Aragon’s Research Review. Issue Nov 2021: S. 25 – 27. Erhältlich auf AlanAragon.com.

Sekundärliteratur

(3) Swarup, S., et al. (2021): Metabolic Syndrome. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK459248/.

(4) Freeman, AM., et al. (2021): Insulin Resistance. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK507839/.

(5) Galgani, JE. / Moro, C. / Ravussin, E. (2008): Metabolic flexibility and insulin resistance. In: Am J Physiol Endocrinol Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18765680/.

(6) van Herpen, NA., et al. (2011): Three weeks on a high-fat diet increases intrahepatic lipid accumulation and decreases metabolic flexibility in healthy overweight men. In: J Clin Endocrinol Metab. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21252252/.

(7) Rivellese, AA. / De Natale, C. / Lilli, S. (2002): Type of dietary fat and insulin resistance. In: Ann N Y Acad Sci. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12079860/.

(8) Peterson, CM., et al. (2017): Eight weeks of overfeeding alters substrate partitioning without affecting metabolic flexibility in men. In: Int J Obes (Lond). URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28262678/.

(9) Fechner, E., et al. (2020): Effects of a whole diet approach on metabolic flexibility, insulin sensitivity and postprandial glucose responses in overweight and obese adults – A randomized controlled trial. In: Clin Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31899037/.

(10) Goodpaster, BH. / Katsiaras, A. / Kelley, DE. (2003): Enhanced fat oxidation through physical activity is associated with improvements in insulin sensitivity in obesity. In: Diabetes. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12941756/.

(11) Solomon, TP., et al. (2013): A low-glycemic diet lifestyle intervention improves fat utilization during exercise in older obese humans. In: Obesity (Silver Spring). URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23512711/.

(12) Smith, RL., et al. (2018): Metabolic Flexibility as an Adaptation to Energy Resources and Requirements in Health and Disease. In: Endocr Rev. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20028948/.

(13) Meex, RC., et al. (2010): Restoration of muscle mitochondrial function and metabolic flexibility in type 2 diabetes by exercise training is paralleled by increased myocellular fat storage and improved insulin sensitivity. In: Diabetes. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28543022/.

(14) Rynders, CA., et al. (2018): Sedentary behaviour is a key determinant of metabolic inflexibility. In: J Physiol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28543022/.

(15) Battaglia, GM., et al. (2012): Effect of exercise training on metabolic flexibility in response to a high-fat diet in obese individuals. In: Am J Physiol Endocrinol Metab. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23047988/.

(16) Dubé, JJ., et al. (2014): Effects of acute lipid overload on skeletal muscle insulin resistance, metabolic flexibility, and mitochondrial performance. In: Am J Physiol Endocrinol Metab. URL: https://journals.physiology.org/doi/full/10.1152/ajpendo.00257.2014.

(17) Köhler, P. (1985): The strategies of energy conservation in helminths. In: Mol Bio Chem Parasitol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/3903498/.

(18) Goodpaster, B. / Kelley, D. (2008): Metabolic inflexibility and insulin resistance in skeletal muscle. In: Hawley, J. / Zierath, J. (Eds.): Physical Activity and Type 2 Diabetes. Human Kinetics: S. 59–66. Erhältlich auf Amazon.de.

(19) Kelley, DE. / Mandarino, LJ. (1990): Hyperglycemia normalizes insulin-stimulated skeletal muscle glucose oxidation and storage in noninsulin-dependent diabetes mellitus. In:J Clin Invest. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2123890/.

(20) Kelley, DE. / Simoneau, JA. (1994): Impaired free fatty acid utilization by skeletal muscle in non-insulin-dependent diabetes mellitus. In: J Clin Invest. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/labs/pmc/articles/PMC330064/.

(21) Kelley, DE., et al. (1993): Interaction between glucose and free fatty acid metabolism in human skeletal muscle. In: J Clin Invest. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/8326021/.

(22) Riddell, MC., et al. (2020): The competitive athlete with type 1 diabetes. In: Springer. URL: https://www.researchgate.net/publication/342149691_The_competitive_athlete_with_type_1_diabetes.

(23) Serrano, JCE., et al. (2016): Effect of Dietary Bioactive Compounds on Mitochondrial and Metabolic Flexibility. In: Dis. URL: https://www.researchgate.net/publication/297746805_Effect_of_Dietary_Bioactive_Compounds_on_Mitochondrial_and_Metabolic_Flexibility.

(24) Melzer, K. / Kayser, B. / Schutz, Y. (2013): Respiratory quotient evolution during normal pregnancy: What nutritional or clinical information can we get out of it? In: Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol. URL: https://www.ejog.org/article/S0301-2115(14)00085-2/fulltext.

(25) Michalk, C. (2014): Insulinresistenz: Wie sie entsteht & was tatsächlich dahinter steckt. In: AesirSports.de. URL: https://aesirsports.de/insulinresistenz/.

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