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Steigere deine Leistung im Kreuzheben: Die Conan-Philippi-Deadlift-Routine nach Ed Coan & Deadlift Technik-Analyse nach Alexander Pürzel

Steigere deine Leistung im Kreuzheben: Die Conan-Philippi-Deadlift-Routine nach Ed Coan & Deadlift Technik-Analyse nach Alexander Pürzel

Kreuzheben –  der wohl ultimative Test für Stärke, statische Kraft und Tapferkeit. Eine Übung, die auch ein durchschnittlicher Fitnessstudio-Neuling gefahrlos ausprobieren und dabei lohnenswerte und nachhaltige Fortschritte erzielen kann, anstatt seine Zeit mit sinnlosen Schnick-Schnack-Übungen zu verplempern.

Das Kreuzheben ist auch der Höhepunkt eines jeden Powerlifting-Meetings – das "Crescendo", wenn man so will – und eine Übung, die ebenso knallhart wie simpel ist.

Eddy „GOAT“ Coan

Während seiner aktiven Karriere im internationalen Powerlifting hat der 1963 geborene Edward „Ed“ Ignatius Coan über 71 Weltrekorde im Powerlifting aufgestellt. Er war der leichteste Mensch, der die 2.400-Pfund-Grenze (1.080 kg) im Total je überschritten hat. Mit 2.463 Pfund (1.108 kg) stellte er einen neuen Rekord im Kraftdreikampf auf, obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht in der schwersten Gewichtsklasse war.

Bei einer Größe von 1,68 m in der damaligen 100kg-Klasse der IPF, waren folgende Ergebnisse seine besten Einzelleistungen (nicht in einem Wettkampf gesammelt) mit sehr einfachem Single-Ply Equipment. Das Kreuzheben darf nach heutigem Standard als RAW-Leistung eingestuft werden – nur mit Gürtel und einem normalen Singlet-Anzug ohne unterstützende Funktion.

  • Kniebeuge: 1019 lbs (462 kg)
  • Bankdrücken: 584 lbs (265 kg)
  • Kreuzheben: 901 lbs (409 kg)

Coans bestes Total-Ergebnis in einem dopingkontrolliertem, internationalen Wettkampf sind 1.035 kg in der 100kg-Gewichtsklasse bei den IPF-Seniorenweltmeisterschaften 1994, wo er einen neuen Weltrekord aufstellte (1). Das beeindruckendste Ergebnis stellte Eddy meines Erachtens aber 1998 auf, wo er im nordamerikanischen Ableger der IPF antrat. Man munkelt, hier ginge es etwas lockerer zu als im Dachverband der IPF, wodurch teilweise höhere Ergebnisse erzielt werden konnten. Hier lieferte er mit 35 Jahren, und etwas schwerer in der 110er-Klasse, sagenhafte 1.117,5 kg im Total ab. Die Einzelwertungen an diesem Tag lauten: Kniebeuge 455 kg, Bankdrücken 260 kg und Kreuzheben 402,5 kg. Obwohl er von der IPF wegen Dopings auf Lebenszeit gesperrt wurde, gilt Coan heute noch als the GOAT – Greatest Of All Times.

Diese unglaublichen Kraftleistungen brachten Coan zwischen 1984 und 1995 sechs IPF-Goldmedaillen im Powerlifting ein – hiermit haben wir den Autoritätsbeweis abgeschlossen. Du wirst wahrscheinlich zustimmen, dass er ein ziemlich guter Ansprechpartner für das Kreuzheben zu sein scheint.

Ed Coan hat dieses Kreuzheben-Programm für seinen Freund und Powerlifting-Kollegen Mark Philippi entwickelt. Und obwohl es keine Beweise dafür gibt, dass Coan dieses Programm jemals selbst durchgeführt hat, schrieb Philippi diesem 10-wöchigen Programm zu, dass es seinen Deadlift von 505 Pfund (229 kg) auf 540 Pfund (~235 kg) steigern konnte. Andererseits, wenn man sich Philippi ansieht und weiß, dass er 1997 den Titel America’s Strongest Man gewonnen hat, ist es nicht verwunderlich darüber nachzudenken, dass er sicherlich mehr hätte heben können. Dennoch, 15 Kilo in 10 Wochen sind nicht zu verachten.

Disclaimer: Es gibt im Netz den ein oder anderen Online-Rechner, der für dich die Prozentwerte ausrechnet (3), auch vorgefertigte Excel-Spreadsheets sind zu finden. Lediglich die Eingaben deines aktuellen 1RM und deines angestrebten 1RM sind erforderlich. Da ich aber nicht für die Genauigkeit all dieser Hilfsmöglichkeiten bürgen kann, gilt es sich auf die von mir genannten Prozentwerte verbindlich zu einigen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, prüft etwaige Online-Vorlagen mit dem Taschenrechner nach.

Vorbereitung auf das Programm

Auch du kannst eine deutliche Verbesserung deines Kreuzhebens erzielen, wenn du dich an dieses Programm hältst. Wenn man jedoch bedenkt, dass dieses Programm für einen ambitionierten Kraftdreikämpfer entwickelt wurde, ist es eindeutig nicht für Anfänger gedacht. Dieses Programm ist eher für fortgeschrittene Heber geeignet.

Und mache dir keine Illusionen - dieses Programm ist hart. In der Tat kann es sein, dass du an bestimmten Punkten das Gefühl haben wirst, dass du nicht in der Lage bist, die Menge an Gewicht zu heben, die von dir abverlangt wird.

Auf den ersten Blick sieht das Programm nicht besonders anspruchsvoll aus, schließlich muss man nur einmal pro Woche Kreuzheben. Das kann doch nicht so wild sein? Dieser Plan sollte jedoch in Verbindung mit einem anderen Trainingsplan durchgeführt werden, der die anderen Übungen – Kniebeugen und Bankdrücken – weiter trainiert. Mit diesem Programm sollte man 11 Wochen vor einem Wettkampf beginnen, auf diese Weise befindet man sich in optimaler Verfassung für den Wettkampf.

Die Trainingseinheiten in diesem Programm konzentrieren sich auf die Durchführung von regulären Arbeitssätzen und Speed-Sätzen beim Kreuzheben. Es versteht sich von selbst, dass bei den Arbeitssätzen schwere, nahezu maximale Lasten gehoben werden, während bei den Speed-Sätzen leichtere Lasten, aber höhere Bewegungsgeschwindigkeiten verwendet werden. Häufiges schweres Heben ist der Schlüssel zur Kraftentwicklung (4), während Schnellkrafttraining dazu beitragen kann, die Technik zu verfeinern und die sogenannte „Rate of Force Development“ (RFD) zu verbessern.

Wie der Name schon sagt, geht es dabei einfach darum, wie schnell der Athlet durch Muskelkontraktion Kraft entwickeln kann. Untersuchungen haben nachgewiesen, dass sich eine Verbesserung der RFD auf diese Weise positiv auf die Kraftleistung auswirken kann (5).

Wie es sich für einen guten Trainingsplan oder eine gute Routine gehört, enthält Ed Coans Deadlift Routine auch einige zusätzliche Übungen, die sich auf den Aufbau von Muskelmasse im Rücken, im unteren Rücken und in den Hamstrings, sowie auf die Entwicklung der Zugkraft konzentrieren.

Maximum testen: Der 1RM-Test

Bevor du mit diesem Programm beginnst, solltest du unbedingt deine Kraft mithilfe eines One-Rep-Max-Tests einschätzen.

Wenn du ein erfahrener Kraftsportler bist, wirst du mit One-Rep-Max-Tests sehr vertraut sein. Für diejenigen, die es nicht sind, geht es bei diesen Tests einfach darum, das größtmögliche Gewicht für eine einzige Wiederholung zu heben.

Der Grund, warum es so wichtig ist, vor Beginn dieses Programms deine Kraft zu ermitteln, liegt darin, dass bei jeder Trainingseinheit ein Prozentsatz deines One-Rep-Max (1RM) verwendet wird, um die optimale Gewichtsmenge zu berechnen.

Nehmen wir zum Beispiel an, dein 1RM-Ergebnis liegt bei 200 Kilo. In der ersten Woche musst du zwei Wiederholungen mit 75 % deines 1RM ausführen, was 150 kg entsprechen würde.

Achtung: Zusätzlich zur Ausführung des 1RM musst du auch ein 1RM-Ziel festlegen, das du bis zum Ende des Programms erreichen möchtest. Bei der Festlegung des Ziel-1RM empfiehlt es sich, als Faustregel 10-20 kg zu deinem aktuellen 1RM hinzuzufügen. Der durchschnittliche Zuwachs nach diesem Programm scheint bei etwa 15 Kilo zu liegen. Es ist wichtig, hier realistisch zu sein. Ehrgeizig zu sein ist durchaus in Ordnung, aber unrealistisch zu sein, wird nur zu Enttäuschung und Demotivation führen, wenn man sein Ziel unweigerlich nicht erreicht.

Außerdem bestimmt die angestrebte Höchstleistung die Prozentsätze, die in den Arbeitssätzen jeder Trainingseinheit verwendet werden. Wenn du also ein unrealistisches 1RM-Ziel wählst, wirst du Mühe haben, die Trainingseinheiten zu absolvieren.  Schlimmer noch: Wenn man versucht, eine zu schwere Last zu bewältigen, kann dies die Technik beeinträchtigen und das Risiko von Verletzungen erhöhen (6). (...)


Dieser Artikel erschien in der 02/2023 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / ufabizphoto


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