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12 Monate Intermittent Fasting + Krafttraining: Weniger Körperfett, weniger Entzündungen … und weniger Testosteron?

12 Monate Intermittent Fasting + Krafttraining: Weniger Körperfett … aber auch weniger Testosteron?

Seit ich vor ca. 13 Jahren das erste Mal vom Intermittent Fasting berichtet habe (siehe beispielsweise meinen Artikel zu Ori’s Warrior Diet oder den Beitrag zu Berkhan’s Leangains-Konzept), ist eine ganze Menge Zeit ins Land gegangen. Inzwischen haben nicht nur unzählige Kraftsportler und Bodybuilder diesen Ernährungsstil selbst über längere Zeiträume ausprobiert und eigene Erfahrungen damit gesammelt, sondern es wurden auch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und Experimente durchgeführt, die das „Intervallfasten“ – wie es im deutschen Raum genannt wird – längst in den Mainstream gespült haben, wo es häufig als „Wunderdiät“ zum Abnehmen angepriesen wird.

Die Wissenschaft fasst die verschiedenen Ansätze des Intermittent Fastings inzwischen unter den Sammelbegriffen des time-restricted feedings“ (TRF) bzw. der „intermittent energy restriction“ (IER) zusammen und auch wenn sich in den letzten Jahren mehr und mehr herauskristallisiert hat, dass diese Form der Ernährung einer klassischen und kontinuierlichen Einschränkung der Kalorienzufuhr in Bezug auf das Abnehmen und die Körperfettreduktion nicht notwendigerweise überlegen ist, so hat das IF zahlreiche Anhänger und Befürworter – sowohl im Sportbereich, als auch im Gesundheits- und Lifestyle-Segment – die es aus voller Überzeugung praktizieren (dazu zähle ich mich selbst als Typ 1 Diabetiker übrigens auch).

Das Intermittent Fasting „in der Nussschale“, veranschaulicht anhand von drei Ess-Mustern (hellblaue Schattierung mit Messer und Gabel) und des Schlafs (dunkelblaue Schattierung mit Bett) im Verlauf einer 24-stündigen Periode. Links: Typisches Essverhalten innerhalb eines 14-stündigen Essensfensters, welches um 7 Uhr morgens beginnt. Mitte: Zeitlich eingeschränkte Nahrungsaufnahme innerhalb eines 8-stündigen Essensfensters, welches um 7 Uhr morgens beginnt. Rechts: Zeitlich eingeschränkte Nahrungsaufnahme innerhalb eines 8-Stunden-Essensfensters, welches um 12 Uhr beginnt. Alle Arrangements beinhalten die gleiche Anzahl von Mahlzeiten (gekennzeichnet durch Messer und Gabel). Bei den zeitlich eingeschränkten Ess-Mustern wird die Zeit zwischen der ersten und der letzten Mahlzeit verkürzt, wodurch sich die Dauer des nächtlichen Fastens verlängert. (Bildquelle: Gupta et al., 2022)

Das Intermittent Fasting „in der Nussschale“, veranschaulicht anhand von drei Ess-Mustern (hellblaue Schattierung mit Messer und Gabel) und des Schlafs (dunkelblaue Schattierung mit Bett) im Verlauf einer 24-stündigen Periode. Links: Typisches Essverhalten innerhalb eines 14-stündigen Essensfensters, welches um 7 Uhr morgens beginnt. Mitte: Zeitlich eingeschränkte Nahrungsaufnahme innerhalb eines 8-stündigen Essensfensters, welches um 7 Uhr morgens beginnt. Rechts: Zeitlich eingeschränkte Nahrungsaufnahme innerhalb eines 8-Stunden-Essensfensters, welches um 12 Uhr beginnt. Alle Arrangements beinhalten die gleiche Anzahl von Mahlzeiten (gekennzeichnet durch Messer und Gabel). Bei den zeitlich eingeschränkten Ess-Mustern wird die Zeit zwischen der ersten und der letzten Mahlzeit verkürzt, wodurch sich die Dauer des nächtlichen Fastens verlängert. (Bildquelle: Gupta et al., 2022)

So zeigen einige Untersuchungen, dass das Intermittent Fasting bei übergewichtigen Probanden zu einer ähnlichen Reduktion des Blutdrucks, der Insulinresistenz und einer Verbesserung der Blutfettwerte führt, wie eine Kalorienrestriktion (3)(4)(5). Es wird davon ausgegangen, dass diese Effekte das Resultat mit einer Verringerung von sauerstoffhaltigen Molekülen oder Ionen (sog. Oxyradikalen) und einer gesteigerten zellulären Stressresistenz zu tun haben könnten - was in vielen Fällen dem Mechanismus ähnelt, der bei regelmäßiger körperlicher Aktivität (z.B. Sport) beobachtet wird (6).

Das Fasten über längere Zeiträume (z.B. über 16 Stunden wie bei Leangains) fördert zudem einen Prozess des Körpers, der als Autophagie bekannt ist. Dahinter verbirgt sich das körpereigene „Recycling“-Programm der Zelle, welches bei Nahrungsabstinenz aktiviert wird und dessen Zweck darin besteht beschädigte bzw. nicht benötigte Komponenten zu zerlegen und wiederzuverwerten, um die Zellfunktion zu optimieren (8)(9)(10).

a.) Potenzielle Maßnahmen zur Stimulierung der Autophagie: Autophagie-Induktoren, Kalorienrestriktion, Bewegung und genetische Ansätze. B.) Die Induktion der Autophagie könnte sich positiv auf die menschliche Gesundheit auswirken. (Bildquelle: Aman et al., 2021)

a.) Potenzielle Maßnahmen zur Stimulierung der Autophagie: Autophagie-Induktoren, Kalorienrestriktion, Bewegung und genetische Ansätze. B.) Die Induktion der Autophagie könnte sich positiv auf die menschliche Gesundheit auswirken. (Bildquelle: Aman et al., 2021)

Ein großes Manko der bisherigen Studienlage zum Intermittent Fasting ist allerdings die Tatsache, dass ein Großteil der Arbeiten nur einen kurzen Zeithorizont abdecken, wobei die Untersuchungszeiträume häufig wenige Wochen bis maximal 6 Monate. Dieser Umstand erschwert es natürlich die langfristigen Auswirkungen des Intervallfastens abzuschätzen. Hinzu kommt, dass viele Experimente mit erkrankten oder übergewichtigen Probanden durchgeführt werden, die keinen Kraftsport absolvieren, so dass die daraus gewonnenen Erkenntnisse relativ limitiert sind, wenn wir sie auf gesunde, trainingserfahrene Individuen übertragen möchten, deren Hauptfokus in der Maximierung von Muskelmasse und Körperkraft liegt (was nicht bedeutet, dass es solche Studien nicht gibt – es gibt sie durchaus, aber es sind bis dato nicht sonderlich viele).  Die gesundheitlichen Implikationen sind zweifelsohne ebenfalls von wertvoller Bedeutung, doch sie nehmen bei der Ernährungsentscheidung allerhöchstens eine untergeordnete Rolle ein, wenn es um eine optimale Trainingsadaption geht.

Eine längerfristig angelegte Studie (12 Monate), bei der eine beliebte Form des Intermittent Fastings (TRF - 16/8) im Rahmen eines begleitenden Krafttrainings durchgeführt wurde, präsentierten Forscher vor nicht allzu langer Zeit. Das Besondere an dieser Arbeit ist, dass man gut trainierte Individuen rekrutiert hat, um die nachhaltigen Auswirkungen dieser Ernährungsform auf die Körperkomposition, den Stoffwechsel und kardiovaskuläre Risikofaktoren zu ergründen.

Das Ergebnis bestätigt die bisherige Annahme, dass das Intervallfasten in trainingserfahrenen Individuen zwar durchaus Vorteile bieten kann, aber nicht für jedes der von Kraftsportlern verfolgten Ziele die beste Wahl sein könnte. Was ich damit meine, dürfte im nachfolgenden Studien-Review hoffentlich deutlich werden. (...)


Dieser Artikel erschien in der 08/2024 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / antondotsenko