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Die Central Fatigue Hypothesis: Gehirnstoffwechsel & Ermüdung bei anhaltender sportlicher Belastung

Die Central Fatigue Hypothesis: Gehirnstoffwechsel & Ermüdung bei anhaltender sportlicher Belastung

Unser Gehirn ist so etwas wie ein „Cockpit“ (die Zentrale oder auch das „Zentralnervensystem“) in dem Entscheidungen getroffen und Signale an die Muskulatur (die Peripherie) versendet werden, die schlussendlich zu den Bewegungen führen, die wir beim Training ausführen.

Zentrale und Peripherie stehen fortwährend im Austausch miteinander, wobei die Peripherie die Zentrale über den metabolischen Bedarf informiert wird, während die Zentrale dafür zuständig ist, dass dieser Bedarf durch somatomotorische, vegetative und neurohumorale Signalpfade adäquat befriedigt wird (z.B. durch eine gesicherte Energiezufuhr, -verteilung und -speicherung). Das bedeutet allerdings auch, dass individuelle Empfindungen (wie z.B. Ermüdung), die signifikante Auswirkungen auf unsere körperliche Leistungsfähigkeit haben, durch eine Veränderung des Hirnstoffwechsels beeinflusst werden können (13)(14).

Dabei ist die Annahme, dass das Zentralnervensystem eine elementare Rolle bei der Entstehung von Ermüdung spielt, nicht neu. Frühe Arbeiten, wie z.B. die Untersuchung von Mosso (1904) konnten bereits eine Limitierung der Performance bei sich wiederholenden Muskelkontraktionen nach mentaler Belastung nachweisen, was zur Begriffsprägung einer sogenannten „mental fatigue“ (mentale Ermüdung) führte (15).

Romanowski & Grabiec (1974) stellten später die Möglichkeit einer zentral vermittelten Ermüdung bei körperlicher Betätigung in Aussicht, bei der der Neurotransmitter Serotonin (5-HT) mit einer potenziellen Hemmung oxidoreduktiver Prozesse im Gehirn in Ruhe und während des Trainings in Verbindung gebracht wurde (16). Andere Forscher betonten dagegen die Rolle von Dopamin (DA) bei der Entstehung von Ermüdung (17)(18).

Vereinfachtes Modell der physiologischen und psychologischen Faktoren, die das "Gefühl der Ermüdung" beeinflussen. (Bildquelle: Nybo & Secher, 2004)

Vereinfachtes Modell der physiologischen und psychologischen Faktoren, die das "Gefühl der Ermüdung" beeinflussen. (Bildquelle: Nybo & Secher, 2004)

Seit der Veröffentlichung dieser Arbeiten wurden zahlreiche Fortschritte auf diesem Forschungsgebiet gemacht, in denen eine Vielzahl neurobiologischer Mechanismen diskutiert wurden, die den Verlust des neuronalen Drives, der als „Central Fatigue bezeichnet wurde, erklären könnten, wobei die Neurotransmitter-Hypothese, die erstmalig von Aceworth et al. (1986) vorgeschlagen (19) und später von Newsholme et al. (1987) weiterentwickelt wurde (20), den größten akademischen Zuspruch erhielt.

Es gibt jedoch eine große Fülle an Faktoren, die unsere Trainingskapazität bei anhaltender Belastung beeinflussen. Ihre Wichtigkeit variiert jedoch in Abhängigkeit der Belastungsdauer, der Intensität, der Belastungsart (Trainingsmodus) und den Umweltbedingungen (z.B. Temperatur). All diese Aspekte müssen entsprechend berücksichtigt werden, wenn man sich mit der „Central Fatigue“-Hypothese auseinandersetzt.

Aus diesem Grund werden wir uns im Rahmen dieses Beitrags ein wenig näher mit den Ursprüngen und Mechanismen der Central Fatigue befassen und gleichzeitig erörtern, welche sinnvollen Ernährungs- und Supplementstrategien du ergreifen kannst, um die auftretende Ermüdung möglichst lange hinauszuzögern, um die Leistung im Training abzurufen, die du anstrebst. 

Die „Central Fatigue“-Hypothese

Eine trainingsinduzierte Ermüdung wurde definiert als die Unfähigkeit zur Aufrechterhaltung des benötigten bzw. erwarteten Power-Outputs, was in der Folge zu einem Leistungsabfall führt (21).

Das Auftreten der Ermüdung stellt einen graduell fortschreitenden Prozess dar, der sich beispielsweise darin äußert, dass die maximale Kraft, die ein Muskel zu gegebener Zeit entfalten kann, mit zunehmender Trainingsdauer absinkt (bis zu dem Moment, wo die Fortsetzung der Belastung nicht mehr möglich ist) (22)(23).

Unterschiedliche Faktoren, wie z.B. entleerte Glykogenspeicher, gelten als wichtige Einflussfaktoren, die zur Entstehung einer peripheren Ermüdung beizutragen scheinen (24), indem sie die Rate der Adenosin-Rephosphorylierung limitieren. Der progressive Verlust von Flüssigkeit (z.B. durch eine vermehrte Schweißproduktion) führt dagegen zu einer gestiegenen kardiovaskulären, metabolischen und thermoregulatorischen Belastung, die sich insbesondere bei sportlicher Betätigung mit erhöhter Umgebungstemperatur bemerkbar macht, die das Risiko einer Überhitzung (Hyperthermie) erhöht (25). Eine periphere Ermüdung umfasst somit Ereignisse, die unabhängig vom Zentralnervensystem (ZNS) auftreten (2).

Die Central Fatigue Hypothese (zentrale Ermüdung) basiert dagegen auf der Annahme, dass (...)


Dieser Artikel erschien in der 09/2022 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / ozimicians


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