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Steigerung des Trainingsvolumens: Höhere Gewichte oder mehr Wiederholungen für mehr Kraft & Muskelmasse?

Höhere Trainingsgewichte Vs. Mehr Wiederholungen pro Satz: Was ist besser für Kraft- & Muskelaufbau?

Regelmäßiger Kraftsport führt zu einer entsprechenden Adaption der Skelettmuskulatur, darunter auch die Steigerung der Körperkraft und dem Aufbau von mehr Muskelmasse. Damit jedoch dauerhafte und fortlaufende Fortschritte erzielt werden können, ist es langfristig entscheidend, dass das Trainingsprogramm progressiv gestaltet wird (9)(10), wobei das Ziel einer progressiven Überlastung eine graduelle Steigerung des trainingsinduzierten Stresses ist (3).

Dies kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden, z.B. (3):

  • eine Steigerung der verwendeten Trainingsgewichte (z.B. von 100 kg auf 105 kg beim Bankdrücken).
  • eine Steigerung der absolvierten Wiederholungen und/oder Sätze pro Übung (z.B. von 3x8 auf 3x10 oder 4x8).
  • eine Steigerung der Dauer der Übungsausführung, also die Länge der konzentrischen, exzentrischen und isometrischen Bewegungsphase (siehe auch „Time Under Tension“-Konzept)
  • eine Steigerung der Trainingshäufigkeit (z.B. von 2 auf 3 Einheiten/Woche).
  • eine Verkürzung der Satzpausendauer (z.B. von 3 Minuten auf 2 Minuten pro Satz).

Das vielleicht am häufigsten verwendete Progressionsmodell sieht eine Steigerung der verwendeten Trainingsgewichte vor („Load Progression“), die auch beispielsweise vom American College of Sports Medicine (ACSM) empfohlen wird.

Hierbei trainiert der Anwender in einem bestimmten Wiederholungsbereich (z.B. 1-5 Wiederholungen/Satz bei einem Fokus auf Kraftaufbau und 6-12 Wiederholungen/Satz für einen Fokus auf Muskelaufbau), wobei das verwendete Trainingsgewicht gesteigert wird, sobald man den oberen Schwellenwert des Wiederholungsbereichs erreicht (z.B. eine Steigerung von 80 kg auf 82,5 kg sobald mehrfach 12 Wiederholungen pro Satz beim Krafttraining absolviert wurden).

Diese simple und effektive Methode zur progressiven Gestaltung des Trainings hat nur einen gravierenden Haken: Sie ist ab einem gewissen, übungsspezifischen Punkt nicht mehr praktisch umsetzbar, weil sich das Gewicht nicht in kleinen Umfängen steigern lässt. So verfügen die meisten Fitnessstudios beispielsweise nur über 2,5 kg Hantelscheiben (und in seltenen Fällen auch 1,25 kg Hantelscheiben), was dazu führt, dass die Trainingsgewichte stets um mindestens 5 kg (bei 2,5 kg Hantelscheiben) bzw. 2,5 kg (bei 1,25 kg Hantelscheiben) gesteigert werden müssen.

Dies mag bei schweren Grundübungen, wie z.B. dem Kreuzheben oder der Kniebeuge, zunächst einmal kein Problem sein, da mit wesentlich höheren Gewichten trainiert wird und solche Steigerungen weniger gravierend ausfallen. Bei Isolationsübungen und einem  Training mit Kurzhanteln, wo niedrigere Gewichte fürs Training genutzt werden, stoßen Trainierende aber relativ schnell an ihr Limit. Dies lässt sich auch anhand ein paar Zahlen deutlich machen:

  • Wenn du das Trainingsgewicht beim Kreuzheben um 5 kg (z.B. von 100 auf 105 kg) steigerst, entspricht dies einer Erhöhung des Gewichts um 5%.
  • Eine ähnliche Steigerung des Trainingsgewichts von 5 kg würde bei Biceps-Curls mit Kurzhanteln (z.B. von 25 auf 30 kg) einer Gewichtserhöhung um 20% gleichkommen.

Es gibt zwar durchaus Hantelscheiben mit weniger Gewicht (z.B. „Micro Plates“ oder „Fractional Plates“ mit 0,5 kg oder 0,25 kg pro Hantelscheibe), die sich sowohl für das Lang- als auch das Kurzhanteltraining eignen, allerdings muss man dafür häufig selbst Geld in die Hand nehmen, weil derartige Größen in den meisten kommerziellen Gyms nicht vorhanden sind. Beim Maschinentraining gibt es dagegen häufig keine ordnungsgemäße und sichere Option, um das Trainingsgewicht in kleineren Schritten zu steigern, als vom Hersteller vorgesehen.

Die Steigerung der absolvierten Wiederholungen bei konstantem Trainingsgewicht („Rep Progression“) stellt demgegenüber ein alternatives Progressionsmodell* dar, dessen Effekte bereits in der Vergangenheit, meist im Kontext eines Trainings bis zum Muskelversagen, näher untersucht wurden (6)(12)(13). Dabei steht vor allem die Frage im Raume, ob beide Progressionsmodelle zu ähnlichen Adaptionen in Sachen Kraft- und Muskelaufbau führen oder ob es tatsächlich unterschiedliche Effekte gibt.

* Hinweis: Beide Progressionsmethoden können (und werden) in der Praxis auch miteinander kombiniert, insofern handelt es sich hierbei nicht zwangsweise um eine Entweder-Oder-Entscheidung, die Trainierende treffen müssen.

Bis dato gibt es leider nicht besonders viele Untersuchungen, in denen die Effekte einer Load-Progression mit der Wirkung einer Rep-Progression miteinander verglichen wurden.

  • Eine 8 Wochen andauernde Studie von Plotkin et al. (2022) legt nahe, dass beide Modelle den Muskelmasseanteil in einem ähnlichen Umfang erhöhen (4).
  • In einer anderen, aktuellen Arbeit verglichen Nobrega et al. (2023) zwei Datensätze aus verschiedenen Studien miteinander, in denen beide Methoden in Bezug auf Muskelaufbau analysiert wurden. Hierbei führte die Rep-Progression zu einem nahezu doppelt so hohen Muskelzuwachs, wie die Load-Progression (5).

Wie du sehen kannst, lässt sich anhand der bisherigen Untersuchungen nicht eindeutig sagen, ob eine der beiden Varianten am Ende des Tages tatsächlich effektiver ist, als die andere. Im letzten Jahr erschien eine brandneue Studie, bei der die Wissenschaftler die Auswirkungen beider Progressionsmodelle auf Kraftzuwächse und Muskelaufbau hin untersucht haben.

Selbstverständlich schauen wir uns diese Arbeit im nachfolgenden Beitrag einmal näher an, um hoffentlich eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage zu erhalten, welcher Methode du den Vorzug geben solltest. (...)


Dieser Artikel erschien in der 12/2024 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / Drobot Dean