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Energieverbrauch im Alltag (NEAT): Verbrennen schlanke Individuen relativ mehr Kalorien, als Übergewichtige?

Energieverbrauch im Alltag (NEAT): Verbrennen schlanke Individuen mehr Kalorien, als Übergewichtige?

Wie du sicher inzwischen sicherlich weißt (oder wissen solltest), setzt sich unser täglicher Energieverbrauch aus mehreren Komponenten zusammen, die einen mehr oder weniger bedeutenden Beitrag zum Gesamtverbrauch (TDEE) leisten.

Diese Komponenten sind:

  • Die basale Stoffwechselrate (BMR)
  • Der thermische Effekt von Nahrung (TEF)
  • Die Aktivitätsthermogenese durch Training & Sport (EAT)
  • Die Aktivitätsthermogenese durch alltägliche Bewegung (NEAT)

Ich werde kurz auf die einzelnen Bestandteile des Gesamt-Energieverbrauchs eingehen, damit wir alle auf einem Nenner sind, ehe es dann schließlich an das eigentliche Kernthema (NEAT & Körpergewicht) geht.

Der tägliche Gesamt-Energierverbrauch (TDEE) im Detail

Die basale Stoffwechselrate

Die basale Stoffwechselrate (auch bekannt als „Grundumsatz“) ist in den meisten Fällen der größte Posten und – zumindest kurzfristig gesehen* – eine weitestgehend stabile Größe, welche beschreibt, wie viele Kilokalorien wir innerhalb einer 24-stündigen Periode verbrennen, wenn wir den ganzen Tag im Bett verbringen und liegen würden. Es ist die Menge an Energie, die erforderlich ist, damit unser Körper ohne zusätzliche Bewegung sämtliche lebenserhaltenden Funktionen am Laufen halten kann. Ihre Höhe hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, darunter Geschlecht, Alter, Körpergewicht und Körperkomposition (12).

*Die basale Stoffwechselrate ist kurzfristig deswegen stabil, weil sich die bestimmenden Faktoren, wie z.B. Körpergewicht und Muskelmasseanteil, nicht binnen weniger Tage und Wochen, sondern über Monate und Jahre verändern. Wenn man eine signifikante Menge an Körpergewicht zulegt oder verliert, dann führt dies natürlich zu signifikanten Veränderungen des BMR-Werts.

Um dir eine Perspektive zu geben:

  • Der Grundumsatz (BMR) eines 25-jährigen Mannes mit überwiegend sitzender Tätigkeit, einer Körpergröße von 1,85m, einem Gewicht von 80 kg und einem Körperfettanteil von 15% liegt bei etwa 1.805 Kilokalorien pro Tag. (Berechnung mittels Katch-McArdle Formel) (13).
  • Der Grundumsatz (BMR) einer 25-jährigen Frau mit überwiegend sitzender Tätigkeit, einer Körpergröße von 1,70m, einem Gewicht von 65 kg und einem Körperfettanteil von 25% liegt bei etwa 1.423 Kilokalorien pro Tag. (Berechnung mittels Katch-McArdle Formel) (13).

Diese Zahl berücksichtigt jedoch nicht, dass wir im Verlauf des Tages essen und uns zusätzlich bewegen (sitzen, stehen, gehen) oder gar sportlich aktiv sind – alles Dinge, die den täglichen Kalorienverbrauch zusätzlich erhöhen.

Der thermische Effekt von Nahrung (TEF)

Nehmen wir Nahrung zu uns, muss diese zunächst verdaut und resorbiert werden. Im Zuge des Verdauungsvorgangs geht ein Teil der zugeführten Energie (Kalorien) verloren und wird als Körperwärme freigesetzt. Diese Größe bezeichnet man als thermischer Effekt von Nahrung (TEF) und sie liegt - bei einer gesunden Mischkost - irgendwo bei einem zusätzlichen Kalorienverbrauch von 10% (kann jedoch, in Abhängigkeit des Makronährstoffs, auch auf bis zu 30% klettern (15)(17)(18)).

Ohne zusätzliche Bewegung summiert sich der tägliche Kalorienverbrauch (bei einem TEF-Wert von 10%), um bei unseren beiden Muster-Individuen von oben zu bleiben, auf 1.986 kcal (Mann) bzw. 1.565 kcal (Frau).

Der Thermische Effekt von Nahrung: Das Individuum erhielt eine Mahlzeit (↑), die ein Drittel seines Energiebedarfs für den Tag ausmachte. Die Fläche unter der Kurve bildet den Energieaufwand im zeitlichen Verlauf ab (in kJ/Stunde). Der TEF entspricht einem Drittel des TEF-Werts für den gesamten Tag unter Experimentbedingungen.

Der Thermische Effekt von Nahrung (postprandiale Thermogenese): Das Individuum erhielt eine Mahlzeit (↑), die ein Drittel seines Energiebedarfs für den Tag ausmachte. Die Fläche unter der Kurve bildet den Energieaufwand im zeitlichen Verlauf ab (in kJ/Stunde). Der TEF entspricht einem Drittel des TEF-Werts für den gesamten Tag unter Experimentbedingungen. (Bildquelle: Levine, 2003)

Der TEF ist ebenfalls weitestgehend stabil, sofern du deine Ernährungsgewohnheiten und deine Lebensmittelauswahl nicht drastisch veränderst. Er fällt tendenziell höher aus, wenn du dich proteinreich und fettarm ernährst, aber sofern du nicht gerade einen sehr hohen täglichen Kalorienverbrauch hast, weil du sehr aktiv bist (dazu kommen wir gleich) und dadurch mengenmäßig viel essen musst, ist der Mehrverbrauch bestenfalls ein Bonus, den man gerne mitnimmt.

Die Aktivitätsthermogenese durch Training & Sport (EAT)

Bewegungen und Tätigkeiten, die um der Aktivität willen durchgeführt werden, wie z.B. das regelmäßige Krafttraining im Gym, die Joggingrunde im Park oder der Radausflug am Wochenende, werden unter einer eigenen Größe zusammengefasst, die man als Aktivitätsthermogenese durch Training (& Sport) bezeichnet.

Der Kalorienverbrauch durch körperliche Ertüchtigung kann einen beträchtlichen Anteil am Gesamt-Energieverbrauch ausmachen, wenn man täglich für mehrere Stunden trainiert (was z.B. bei Leistungssportlern der Fall ist), doch in den meisten Fällen bleibt die Anzahl an verbrannten Kalorien überschaubar:

  • Eine Stunde Krafttraining würde beispielsweise ~414 kcal (Mann) bzw. ~336 kcal (Frau) verbrennen, wenn wir bei den Körpermaßen der obigen Beispiele bleiben (14).
  • Würde man bei 8 km/Stunde joggen, läge der Verbrauch bei ~677 kcal (Mann) bzw. ~518 kcal (Frau) (14).
  • Wer dagegen gemütlich bei 9 km/Stunde radelt, bringt es immerhin noch auf ~299 kcal (Mann) bzw. ~229 kcal (Frau) (14).

Wer es täglich schafft, für 1-2 Stunden zu trainieren, der dürfte zweifelsohne zur aktivsten Bevölkerungsgruppe zählen, doch selbst in dem Fall würde die Anzahl der verbrannten Kalorien unter jener Menge liegen, die durch den BMR und TEF zusammenkommt - was unter uns gesprochen ein Grund dafür ist, wieso man eine ungesunde und kalorienreiche Ernährung durch Sport nur sehr schlecht kompensieren kann ("can't outtrain a bad diet").

Stundenlanges Training pro Tag, jeden Tag, ist in den seltensten Fällen praktikabel, sofern man kein Leistungssportler ist. Die meisten Menschen sind froh, wenn sie es schaffen, 3-5 Mal pro Woche für eine Stunde zu trainieren.

Die Aktivitätsthermogenese durch alltägliche Bewegung (NEAT)

Der EAT kann also durchaus signifikanten Beitrag zum Gesamt-Energieverbrauch leisten, wenn man sportlich sehr aktiv ist, doch sofern man es nicht übertreibt oder erst gar nicht sportlich aktiv ist, wird die Anzahl der verbrannten Kalorien durch Sport nicht besonders hoch ausfallen.

Anders sieht es dagegen bei der Aktivitätsthermogenese durch alltägliche Bewegung aus: Sitzen, stehen und gehen sind nicht besonders anstrengend und sofern es nötig ist, können wir diese Tätigkeiten stundenlang am Tag problemlos durchführen. Viele Menschen sind sich jedoch nicht dessen bewusst, dass solche banalen Tätigkeiten den täglichen Kalorienverbrauch ebenfalls merklich beeinflussen können.

Prozentuale Erhöhung des Energieverbrauchs nach Tätigkeit (in Relation zur vollständigen Ruhe im Liegen)

Prozentuale Erhöhung des Energieverbrauchs nach Tätigkeit (in Relation zur vollständigen Ruhe im Liegen). (Bildquelle: Levine, 2004)

Wer über einen Kalorien-Tracker verfügen, kann ja mal spaßeshalber seinen Werktag, bei dem er viel auf den Beinen ist und zudem noch ein paar Einkäufe erledigt, mit einem chilligen Sonntag vergleichen, an dem er oder sie nur auf der Couch herumlümmelt und bestenfalls zum Kühlschrank und zurückschlendert.

Das kann sehr schnell einen Unterschied von mehreren hundert Kilokalorien machen, die unverbrannt bleiben.

Der tägliche Gesamt-Energieverbrauch, aufgeteilt nach Komponenten, in Individuen mit einem überwiegend sitzenden Lebensstil (kein Sport, also auch kein EAT).

Der tägliche Gesamt-Energieverbrauch, aufgeteilt nach Komponenten, in Individuen mit einem überwiegend sitzenden Lebensstil (kein Sport, also auch kein EAT). (Bildquelle: Levine et al., 2004)

Im Gegensatz zur basalen Stoffwechselrate und dem thermischen Effekt von Nahrung, kann die Aktivitätsthermogenese durch alltägliche Bewegung auch in der kurzen Frist starken Schwankungen unterlegen sein, aber: Sie ist auch unter unserer direkten Kontrolle. Wer weniger Zeit im Liegen und Sitzen verbringt, die Treppen (statt den Fahrstuhl) nimmt, zu Fuß geht (statt Auto & Co. zu nutzen) oder einfach nur hin und wieder spazieren geht, der kann seinen täglichen Kalorienverbrauch – realistisch gesehen – signifikant erhöhen.

Damit kann der NEAT also nicht nur für Sportler, welche ohnehin mehr Kilokalorien am Tag verbrennen, sondern vor allem für Individuen, die einen überwiegend sitzenden Lebensstil pflegen, eine bedeutende Rolle spielen, wenn es darum geht eine potenzielle Gewichtszunahme in Form von Fett zu vermeiden (= wer viele Kalorien verbraucht, der kann mehr essen, ohne dass sich die Extra-Kalorien in Form von Hüftgold bemerkbar machen) oder die Körperfettmenge zu reduzieren.

Eine wichtige Frage, die es im Zusammenhang von NEAT zu klären gibt, ist folgende: Verfügen schlanke Individuen über einen höheren NEAT-Wert, als übergewichtige Personen? Und wenn ja, wie stark sind die Unterschiede in der gelebten Praxis?


Dieser Artikel erschien in der 08/2019 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / Vadym


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