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Wenn es schnell gehen muss: Beschleunigte Gewichtsabnahme durch eine ballaststoffarme Ernährung

Wenn es schnell gehen muss: Lässt sich das Körpergewicht durch eine ballaststoffarme Ernährung senken?

Eine schnelle Gewichtsabnahme ist in den meisten Fällen weder gesund, noch nachhaltig. Nichtdestotrotz haben Methoden und Strategien, die zu einer raschen Reduktion des Körpergewichts beitragen, unter bestimmten Bedingungen ihre Daseinsberechtigung haben (dies gilt zumindest dann, wenn man ein Verfechter des altbekannten Sprichworts „Der Zweck heiligt die Mittel“ ist).

Die kurzfristige Beeinflussung des Gewichts stellt beispielsweise in gewichtsbasierten Sportarten (z.B. beim Kampfsport, im Gewichtheben oder Leichtgewichtrudern), in denen es so etwas wie Gewichtsklassen gibt, einen wichtigen Aspekt bei der Vorbereitung auf Wettkämpfe und Events dar. Athleten, denen es gelingt am entsprechenden Wiege-Tag ein niedrigeres Körpergewicht auf die Waage zu bringen und damit eine Einstufung in die nächst tiefere Gewichtsklasse zu erreichen, können sich dadurch meist einen entscheidenden Vorteil verschaffen (z.B. weil sie in der tieferen Gewichtsklasse zu den schwersten Teilnehmern gehören) (12). Diese Praxis wird in Fachkreisen auch als „Gewichtmachen“ bezeichnet.

Methoden & Maßnahmen zum Gewichtmachen

Hierbei unterscheidet man grundsätzlich zwischen chronischen (Wochen bis Monate) und akuten (Stunden und Tage) Maßnahmen zur Gewichtreduktion (13), wobei die Einhaltung einer Diät mit Kaloriendefizit zum Zwecke der Körperfettreduktion als langfristige Maßnahme zum Erreichen eines niedrigeren Körpergewichts verstanden werden kann. Zu den am häufigsten verwendeten (weil effektivsten) akuten Strategien zur schnellen Gewichtsreduktion stellt die Manipulation des Wasserhaushalts dar, bei dem in der Regel für einen kurzen Zeitraum sehr hohe Mengen an Wasser konsumiert werden (sog. „water loading“) (3). Die Wasserzufuhr wird dann abrupt eingestellt und es werden heiße Bäder und Saunagänge durchgeführt, um die Schweißproduktion des Körpers anzuregen (4), damit möglichst viel Wasser (= Gewicht) ausgeschwemmt wird.

Die Einschränkung der Kohlenhydrataufnahme stellt eine weitere akute Strategie dar, die durch den Abbau von Glykogenspeichern ebenfalls zu einer Reduktion von Körperwasser – und damit Gewicht – beitragen kann (11), aber was ist mit Ballaststoffen? Ballaststoffe gehören ebenfalls zur Gruppe der Kohlenhydrate, welche für uns allerdings unverdaulich sind und damit nur den Magen-Darm-Trakt passieren (was nicht zu 100% der Wahrheit entspricht, denn ein Teil der Ballaststoffe, die wir essen, dient unseren Darmbakterien als Nahrung, welche daraufhin kurzkettige Fettsäuren produzieren (9)). Die Reduktion der Ballaststoffzufuhr könnte eine weitere, hilfreiche und akute Strategie zur schnellen Gewichtsreduktion sein, indem der Gehalt an Ballaststoffen, Bakterien und Wasser, die sich im Darm befinden (und damit den Körper schwerer machen), reduziert wird (15)(16).

So wird eine ballaststoffarme Ernährung auch in der Gastroenterologie eingesetzt, um Patienten beispielsweise auf eine Koloskopie (Darmspiegelung) oder eine Darm-OP vorzubereiten (17)(18). Der Einsatz von Laxantien (z.B. Abführmitteln, wie Bisacodyl oder Natriumphosphat) führt tatsächlich zu einer Gewichtsabnahme, allerdings besteht auch die Gefahr einer Dehydration (19).

Es stellen sich also folgende Fragen: Solltest du also die Ballaststoffzufuhr reduzieren, wenn es um eine schnelle (temporäre) Gewichtsreduktion (z.B. als Vorbereitung für einen Wettkampf bei einer gewichtsbasierten Sportart) geht? Und wenn ja: Wie effektiv ist eine solche ballaststoffarme Ernährung? Mit welcher Gewichtsabnahme kannst du dadurch rechnen?

Lass uns einen näheren Blick auf eine Untersuchung werfen, in der das näher ergründet wurde.

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der  Februar 2023 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um weitere Editorals zu lesen.

Wenn es schnell gehen muss: Lässt sich das Körpergewicht durch eine ballaststoffarme Ernährung senken?

Was wurde untersucht?

Um herauszufinden, welche Auswirkungen eine kurzfristige Ernährungsumstellung auf eine ballaststoffarme Kost hat, rekrutierten Foo et al. (2022) 19 gesunde, freizeitaktive Sportler (32 ± 10 Jahre alt, 1,79 ± 0,07 m Körpergröße und 77,5 ± 8,1 kg Körpergewicht) (1), wobei die Probanden über einen 7-tägigen Basis-Zeitraum ihre habituellen Trainings- und Ernährungsgewohnheiten beibehielten („Habitual Diet“, HAB). Der Wechsel zu einer ballaststoffarmen Kost (<10g/Tag, „Low Fibre Diet“, LOW) fand am 8.Tag statt und ging insgesamt über 4 Tage.

Das Forscher-Team stellte vor dem Experiment die Hypothese an, dass eine ballaststoffarme Ernährung zu einem akuten Gewichtsverlust im Rahmen von 0,5 kg bzw. 0,5 – 1,0% des initialen Körpergewichts führen würde.

Die Erfassung der Ernährung wurde mittels RPFM („remote food photography method“) durchgeführt (20), bei dem die Probanden Fotos ihrer Mahlzeiten (samt schriftlicher Informationen zur Menge, Marke, Zubereitung und Kochmethode) an die Wissenschaftler übermittelten. Diese Daten wurden anschließend von den Wissenschaftlern mit einer Analyse-Software verarbeitet und dokumentiert.

Während der LOW-Phase (Wechsel auf eine ballaststoffarme Kost) wurde die Ernährung so umgestellt, dass sie vom Energie- und Makronährstoffgehalt der habituellen Ernährung (HAB-Phase) entsprach, jedoch die Ballaststoffmenge von 30g/Tag auf 8g/Tag reduziert wurde. Die Probanden machten nach jeder Hauptmahlzeit Angaben zu Appetit (Völlegefühl, Hunger, Übelkeit) und nach jedem Stuhlgang Angaben über Art und Konsistenz des Stuhls (gem. BSFS-Skala) (21).

Am Ende der LOW-Phase füllten die Probanden einen abschließenden Fragebogen aus, um die Verträglichkeit der ballaststoffarmen Ernährungsintervention zu evaluieren.

Schematischer Überblick über das Studiendesign: Die Teilnehmer befolgten über einen Basis-Zeitraum von 7 Tagen ihre gewohnte Ernährung (HAB) und wechselten anschließend für 4 Tage auf eine ballaststoffarme Kost (LOW). (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Schematischer Überblick über das Studiendesign: Die Teilnehmer befolgten über einen Basis-Zeitraum von 7 Tagen ihre gewohnte Ernährung (HAB) und wechselten anschließend für 4 Tage auf eine ballaststoffarme Kost (LOW). (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Was haben die Forscher herausgefunden?

Kalorien- und Makronährstoffzufuhr

Die Auswertung der Ernährungsdaten ergab keine signifikanten Unterschiede beim Energie-, Kohlenhydrat-, Protein-, Fett-, Natrium- und Alkoholgehalt zwischen der HAB- und LOW-Phase. Die Flüssigkeitszufuhr fiel ebenfalls identisch aus.

Demgegenüber zeigte sich in den Tagen 1-4 eine signifikante Differenz beim Ballaststoffgehalt zwischen der HAB- und LOW-Phase (p<0,001), wobei die Ballaststoffzufuhr während der LOW-Phase um 22, 8 ± 8,5 g Ballaststoffe pro Tag niedriger lag, als während der HAB-Phase (p<0,001).

Energie- und Nährstoffzufuhr der Teilnehmer an den Tagen 1 bis 4 der Studie während der habituellen Ernährung (HAB) und der ballaststoffarmen Ernährung (LOW). CHO = Kohlenhydrate; PRO = Protein; BM = Körpermasse. * = signifikant niedriger als bei HAB (p<0,001). (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Bewegung & Aktivität

Das Bewegungs- und Aktivitätsverhalten wurde in den ersten 4 Tagen während der HAB-Phase von den Teilnehmern in der LOW-Phase repliziert. Dies beinhaltete auch formales Training mit einer wahrgenommenen Anstrengung (modifizierte CR10 RPE-Skala) von 4 ± 2.

Die genaue Art des Trainings wird von den Wissenschaftlern nicht näher spezifiziert, aber wie man der RPE entnehmen kann, handelte es sich dabei eher um entspanntere Workouts (was während einer WK-Vorbereitung (d.h. Tapering und Peaking) sicherlich praktisch begründet ist (Stichwort: Aktive Erholung).

Die Dauer der Einheiten betrug im Schnitt 54 ± 27 Minuten und es konnten keine signifikanten Differenzen identifiziert werden.

Trainingsbelastung (willkürliche Einheiten), die während der habituellen (HAB) und ballaststoffarmen Ernährungsphase (LOW) ermittelt wurde;  evaluiert anhand der 10-Punkte-Skala für die wahrgenommene Anstrengung x Zeit in Minuten. (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Trainingsbelastung (willkürliche Einheiten), die während der habituellen (HAB) und ballaststoffarmen Ernährungsphase (LOW) ermittelt wurde;  evaluiert anhand der 10-Punkte-Skala für die wahrgenommene Anstrengung x Zeit in Minuten. (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Körpergewicht

Wie du aus der nachfolgenden Grafik entnehmen kannst, konnten die Wissenschaftler eine Reduktion des Körpergewichts im Studienverlauf nachweisen. Zwar ereignete sich der stärkste Gewichtsabfall schon in den ersten beiden 2 Tagen, allerdings wurde das tiefste Gewicht während der ballaststoffarmen Ernährungsphase (LOW) an Tag 4 und 5 ermittelt.

Veränderungen des absoluten (A) und relativen (B) Körpergewichts im Vergleich zu Tag 1 bei gewohnter (HAB) und ballaststoffarmer Ernährung (LOW). * = signifikant anders als bei LOW (p

Veränderungen des absoluten (A) und relativen (B) Körpergewichts im Vergleich zu Tag 1 bei gewohnter (HAB) und ballaststoffarmer Ernährung (LOW). * = signifikant anders als bei LOW (p<0,05); ** = signifikant anders als bei LOW (p<0,01); a = signifikant anders als an Tag 1 (p<0,05). (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Die Veränderung des Gewichts unterlag jedoch eine relativ großen Variabilität unter den Teilnehmern – und zwar sowohl hinsichtlich der absoluten Veränderung (in kg), als auf der relativen Veränderung (in % des initialen Körpergewichts). Die Veränderung der Ballaststoffzufuhr zeigte überraschenderweise eine inverse Assoziation mit der Veränderung des absoluten und relativen Körpergewichts, erklärte aber auch nur ¼ der beobachteten Varianz der Gewichtsveränderung.

Die Beziehung zwischen den Veränderungen der absoluten (A) und relativen (B) Körpergewichtsverlusten nach 4 Tagen HAB und LOW, sowie den Veränderungen der Ballaststoffaufnahme zwischen den Tagen 6-7 während der HAB- und den Tagen 1-4 der LOW-Phase. (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Die Beziehung zwischen den Veränderungen der absoluten (A) und relativen (B) Körpergewichtsverlusten nach 4 Tagen HAB und LOW, sowie den Veränderungen der Ballaststoffaufnahme zwischen den Tagen 6-7 während der HAB- und den Tagen 1-4 der LOW-Phase. (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Stuhlgang

Die Häufigkeit des Stuhlgangs reduzierte sich während der LOW-Phase im Schnitt von 2 auf 1 pro Tag. Zudem zeigte sich eine Veränderung der Stuhlkonsistenz, hin zu härterem Stuhlgang (↑ Typ 1 und 2*) während der ballaststoffarmen Ernährungsphase – was sich in den Tagen 3 und 4 am häufigsten bemerkbar machte.

*Hinweis: Typ 3 und 4 steht für „normalen“ Stuhl; Typ 1 und 2 für Verstopfung und Typ 5 und 6 für Durchfall)

Die Veränderungen der Stuhlkonsistenz (willkürliche Einheiten) bei gewohnter (HAB) und ballaststoffarmer Ernährung (LOW). * = signifikant niedriger als bei HAB (p=0,005). (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Die Veränderungen der Stuhlkonsistenz (willkürliche Einheiten) bei gewohnter (HAB) und ballaststoffarmer Ernährung (LOW). * = signifikant niedriger als bei HAB (p=0,005). (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Die Stuhlgang-Typen werden nach der Bristol Stool Form Scale (BSFS) von Tag 1 bis Tag 4 der Studie während der habituellen (ballaststoffreichen) Ernährung (HAB) und der ballaststoffarmen Ernährung (LOW) angegeben. Die Typen 1 und 2 werden mit einer Verstopfung assoziiert, die Typen 3 bis 4 implizieren einen normalen Stuhlgang, während die Typen 5 (in gewissem Maße) und 6 mit Durchfall assoziiert sind. (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Die Stuhlgang-Typen werden nach der Bristol Stool Form Scale (BSFS) von Tag 1 bis Tag 4 der Studie während der habituellen (ballaststoffreichen) Ernährung (HAB) und der ballaststoffarmen Ernährung (LOW) angegeben. Die Typen 1 und 2 werden mit einer Verstopfung assoziiert, die Typen 3 bis 4 implizieren einen normalen Stuhlgang, während die Typen 5 (in gewissem Maße) und 6 mit Durchfall assoziiert sind. (Bildquelle: Foo et al., 2022)

Appetit

Die Studienteilnehmer erzielten während der LOW-Phase eine höhere Punktzahl bei der Bewertung des subjektiven Hungergefühls und erreichten eine niedrigere Score bei der Einschätzung der Sättigung. Von 19 Probanden gaben insgesamt 13 an, dass sie sich während der ballaststoffarmen Ernährungsphase hungriger fühlten, während 6 Teilnehmer von unerwünschten Nebenwirkungen (Magenkrämpfe, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Aufgeblähtheit) berichteten.

Nichtsdestotrotz gaben 18 von 19 Teilnehmern an, dass die Ernährung ertragbar sei, wobei 16 von ihnen entsprechende Angaben machten, dass sie diese Strategie auch in Zukunft wieder anwenden würden.

Interpretation & Praxis

Das von Foo et al. (2022) durchgeführte Experiment bestätigt, dass die Einhaltung einer ballaststoffarmen Ernährung (<10g/Tag) über einen Mindestzeitraum von 3 Tagen eine effektive Maßnahme zur Induktion eines akuten Gewichtsverlusts (im Schnitt um -0,58 ± 0.83 kg bzw. -0.74 ± 0.99 % des Gesamtkörpergewichts) zu sein scheint. Ein höherer Gewichtsverlust kann zudem durch eine längere ballaststoffarme Ernährung (5, statt 3 Tage) erzielt werden.

Die Gewichtsabnahme wurde jedoch auf Kosten eines höheren Hungergefühls, einer verringerten Stuhlgangfrequenz, sowie einer Veränderung der Stuhlkonsistenz (härterer Stuhl) erreicht, was in manchen Fällen mit einer Verstopfung assoziiert war. Nichtsdestotrotz gab ein Großteil der Probanden (18 von 19 Individuen) an, dass die Ernährung ohne Probleme durchzuhalten sei, wobei 16 Studienteilnehmer diese Maßnahme in Zukunft erneut in Betracht ziehen würden.

Das Studienergebnis stimmt mit der angestellten Hypothese, bei der ein möglicher Gewichtsverlust von 0,5 kg bzw. 0,5 – 1,0% des Körpergewichts angenommen wurde, überein. Der kurzfristig durch eine ballaststoffarme Ernährung erzielte Gewichtsverlust (-0,74% des Körpergewichts) fällt damit zwar nicht besonders groß aus (jedenfalls nicht derart groß, dass es als einzige strategische Maßnahme beim Gewichtmachen einen nennenswerten Unterschied machen würde), aber wir müssen dabei im Hinterkopf behalten, dass Athleten, die aus wettkampftechnischen Gründen Gewichtmachen müssen, sehr wahrscheinlich zusätzliche Methoden (z.B. Manipulation des Wasserhaushalts und der Kohlenhydratzufuhr bzw. Glykogenspeicher) durchführen, die unabhängig von der ballaststoffarmen Ernährung zu einer Gewichtsabnahme führen würden. Kombiniert man mehrere Strategien miteinander, so ist durchaus mit einer Gewichtsreduktion im Rahmen von 3-6% des Körpergewichts zu rechnen (2)(22). Der Einsatz solcher Maßnahmen muss jedoch wohl überlegt sein, da gewisse gesundheitliche Risiken mit der gezielten Veränderung des Wasserhaushalts verbunden sein können (z.B. Dehydration), weshalb von einer zu aggressiven, schnellen Gewichtsreduktion über 2-3% des Körpergewichts abgesehen werden sollte.

Abschließende Worte

Mit ihrem Experiment liefern uns Foo et al. (2022) jedenfalls einige wertvolle Einblicke und Hinweise darüber, was passiert, wenn wir eine akute Ernährungsumstellung – von einer ballaststoffreichen Kost (30g/Tag) auf eine ballaststoffarme Ernährung (<10g/Tag) – durchführen, während alle anderen Faktoren (Energie-, Makro- und Mikronährstoffzufuhr) gleich gehalten werden. Zudem bestätigt diese Untersuchung, dass der größte Gewichtsverlust innerhalb der ersten beiden Tage stattfindet und dass die Umstellung mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden sein kann, wie z.B. einer geringeren Frequenz beim Stuhlgang, eine Veränderung der Stuhlkonsistenz (härterer Stuhl), sowie mehr Hunger und weniger Sättigung.

All diese Dinge sollten uns jedoch nicht allzu sehr überraschen, wenn wir über die vielen Benefits, die eine ballaststoffreiche Ernährung mit sich bringt, Bescheid wissen. Sportler, die aus Wettkampfgründen ihr Gewicht schnell reduzieren möchten, sollten diese Aspekte unbedingt berücksichtigen und im Hinterkopf behalten.

Für gewichtmachende Sportler kann es also durchaus Sinn machen, die Ballaststoffzufuhr temporär zu reduzieren, um schnell an Gewicht zu verlieren. Die Autoren der Studie warnen jedoch selbst vor einer chronischen ballaststoffarmen Ernährung und empfehlen, abseits des Gewichtmachens, eine Aufnahme von 25-35g Ballaststoffen pro Tag:

We believe that this type of intervention is simple, safe and can be applied in a wide range of settings, but we call for caution and openly express our stand against the use of low fibre diets chronically in healthy individuals. Dietary fibre is an important macronutrient for the maintenance of normal gut function and health and a well-balanced diet should contain ~25-35 g/day of fibre.

Foo et al., 2022

Ballaststoffe sorgen nicht nur für eine geregelte Verdauung und höhere Sättigung, sondern sie nähren auch unsere Darmflora (und tragen somit zur Aufrechterhaltung und Optimierung der Darmgesundheit bei). Eine hohe Ballaststoffzufuhr wird nicht nur mit einem niedrigeren Risiko für diverse Zivilisationskrankheiten (z.B. Schlaganfälle, Bluthochdruck, Diabetes, Fettleibigkeit und koronare Herzkrankheit) in Verbindung gebracht (5), sondern ist auch mit einer inversen Mortalitätsrate (Sterbewahrscheinlichkeit) assoziiert (6).

Es existieren zahlreiche (plausible) Mechanismen, die erklären, wie Ballaststoffe dazu in der Lage sein könnten die kardiometabolische Gesundheit, Krebs und die gastrointestinale Funktion zu beeinflussen (2), z.B. durch eine Verbesserung der glykämischen Kontrolle, der Blutfettwerte, sowie eine Steigerung der Stuhlmasse und damit eine Verkürzung der Transitzeit durch den Magen-Darm-Trakt. Eine erhöhte Ballaststoffzufuhr wurde zudem mit einer verbesserten Immunfunktion, einer geringeren chronischen Entzündungsrate und einem geringeren Depressionsrisiko in Verbindung gebracht (6).

Die Begrenzung der Ballaststoffaufnahme erweist sich in manchen Fällen, etwa bei gastrointestinalen Erkrankungen, als hilfreiche Strategie, um auftretende Episoden abzumildern. Bei solchen klinischen Szenarien sollte die Ballaststoffzufuhr nach Erreichen einer Remission systematisch erhöht werden, bis die empfohlene Menge an Ballaststoffen in einer gesunden Ernährung erreicht wurde (7).

Tatsächlich können Ballaststoffe bei manchen Personen mit gastrointestinalen Erkrankungen (darunter z.B. gastroösophagealer Refluxkrankheit, Duodenalgeschwüren, Divertikulitis und Hämorrhoiden) eine vorteilhafte Wirkung haben (5), weshalb Betroffene mit qualifiziertem, medizinischen Personal zusammenarbeiten sollten, wenn es um die kurzfristige Einschränkung der Ballaststoffzufuhr zur Verbesserung der Krankheitssymptomatik geht. Bei Abwesenheit entsprechender gastrointestinaler Erkrankungen bietet sich eine tägliche Aufnahme von 14g Ballaststoffen für jede 1.000 kcal in der Ernährung an (2). Natürlich mit entsprechend individuellen Spielraum hinsichtlich gastrointestinaler Komfort, Sättigungsgefühl, Stuhlhäufigkeit und -konsistenz, sowie persönlicher Vorliebe.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

Primärliteratur

(1) Foo, WL., et al. (2022): A Short-Term Low-Fiber Diet Reduces Body Mass in Healthy Young Men: Implications for Weight-Sensitive Sports. In: Int J Sport Nutr Exerc Metab. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35313275/.

(2) Trexler, E. (2022): Dietary Fiber Manipulation for Lifters. In:  MASS: Vol 6 (5). Erhältlich auf StrongerByScience.com.

Sekundärliteratur

(3) Reale, R., et al. (2018): The Effect of Water Loading on Acute Weight Loss Following Fluid Restriction in Combat Sports Athletes. In: Int J Sport Nutr Exerc Metab. URL:  https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29182412/

(4) Connor, J. / Egan, B. (2020): Comparison of hot water immersion at self-adjusted maximum tolerable temperature, with or without the addition of salt, for rapid weight loss in mixed martial arts athletes. In: Biol Sport. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33795918/.

(5) Anderson, JW., et al. (2019): Baird P, Davis RH, Ferreri S, Knudtson M, Koraym A, et al. Health benefits of dietary fiber. In: Nutr Rev. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19335713/.

(6) Barber, TM., et al. (2020): The Health Benefits of Dietary Fibre. In: Nutrients. URL:  https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33096647/.

(7)  Vanhauwaert, E., et al. (2015): Low-Residue and Low-Fiber Diets in Gastrointestinal Disease Management. In: Adv Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26567203/.

(8) Minichowski, DN. (2021): Ballaststoffreiche Ernährung: Können wir damit unser Immunsystem boosten? In: Metal Health Rx: 06/2021. URL: https://patreon.aesirsports.de/ballaststoffreiche-ernaehrung-koennen-wir-damit-unser-immunsystem-boosten/.

(9) Frank, K. (2018): Ballaststoffe: Gesundheitliche Wirkung, Arten & nützliche Lebensmittel. In: AesirSports.de. URL: https://aesirsports.de/ballaststoffe-gesundheitliche-wirkung-arten-lebensmittel/.

(10) McDonald, L. (2016): Ballaststoffe: Mutter Naturs Besen! Nutzen & Einnahmeempfehlungen. In: AesirSports.de. URL: https://aesirsports.de/ballaststoffe-einnahmeempfehlungen-gesundheit/.

(11) Tzur, A. (2021): Keto Flush: Wie Körperwasser & Glykogen den Gewichtsverlust bei einer ketogenen Ernährung beeinflusst. In: Metal Health Rx: Open Access. URL: https://patreon.aesirsports.de/keto-flush-wie-koerperwasser-glykogen-den-gewichtsverlust-bei-einer-ketogenen-ernaehrung-beeinflusst/.

(12) Burke, LM., et al. (2021): ACSM Expert Consensus Statement on Weight Loss in Weight-Category Sports. In: Current Sports Med Rep. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33790193/.

(13) Langan-Evans, C., et al. (2021): Nutritional Considerations for Female Athletes in Weight Category Sports. In: Eur J Sport Sci. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34043489/.

(14) Kirchhoff, C. (2019): Die Mikrobiota: Welchen Einfluss hat die Darmflora auf unsere Gesundheit? Zwischen Hype & Wissenschaft. In: Metal Health Rx: 09/2019. URL: https://patreon.aesirsports.de/welchen-einfluss-hat-die-darmflora-auf-unsere-gesundheit-zwischen-hype-wissenschaft/.

(15) Stephen, AM. / Cummings, JH. (1980b): The microbial contribution to human faecal mass. In: J Med Microbiol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/7359576/.

(16) Bendezú, RA., et al. (2017): Colonic content: effect of diet, meals, and defecation. In: Neurogastenterol Motil. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27545449/.

(17) Lijoi, D., et al. (2009): Bowel preparation before laparoscopic gynaecological surgery in benign conditions using a 1-week low fibre diet: a surgeon blind, randomized and controlled trial. In: Arch Gynecol Obstet. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19229545/.

(18) Chen, E., et al. (2020): Low-residue versus clear liquid diet before colonoscopy: An updated meta-analysis of randomized controlled trials. In: Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7717789/.

(19) Holte, K., et al. (2004): Physiologic Effects of Bowel Preparation. In: Dis Colon Rect. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15484356/.

(20) Martin, CK., et al. (2009): A novel method to remotely measure food intake of free-living individuals in real time: the remote food photography method. In: Br J Nutr. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2626133/.

(21) O’Donnell, LJ. / Virjee, J. / Heaton, KW., (1990): Detection of pseudodiarrhoea by simple clinical assessment of intestinal transit rate. In: BMJ. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1662249/.

(22) Nuckols, G. (2018): Tapering & Peaking. Was ist es und wie funktioniert es? In: AesirSports.de. URL: https://aesirsports.de/tapering-peaking-was-ist-es-wie-funktioniert-es/.

(23) Connor J, Shelley A, Egan B. Comparison of hot water immersion at 37.8°C with or without salt for rapid weight loss in mixed martial arts athletes. J Sports Sci. 2020;38(6):607-611. doi:10.1080/02640414.2020.1721231

(24) Minichowski, DN. (2021): Ballaststoffreiche Ernährung: Können wir damit unser Immunsystem boosten? In: Metal Health Rx: 06/2021. URL: https://patreon.aesirsports.de/ballaststoffreiche-ernaehrung-koennen-wir-damit-unser-immunsystem-boosten/.

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