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Ballaststoffreiche(re) Ernährung: Können wir damit unser Immunsystem boosten?

Ballaststoffreiche Ernährung: Können wir damit unser Immunsystem boosten?

Kohlenhydrate, zu denen im Übrigen auch die Ballaststoffe gehören, werden - im Gegensatz zu Proteinen und Fetten - als nicht-essenziell eingestuft (18).

Ein gesunder Mensch könnte also beispielsweise für längere Zeit auf sie verzichten (oder nur äußerst geringe Mengen davon aufnehmen, wie es z.B. bei einer ketogenen Ernährung der Fall ist), ohne dass er dabei Gefahr laufen würde, einen Nährstoffmangel zu erleiden (oder gar daran zu sterben) – was natürlich voraussetzt, dass all die essenziellen Vitamine und Mineralstoffe, die üblicherweise in kohlenhydrathaltigen bzw. ballaststoffhaltigen Produkten enthalten sind, auf anderem Wege über die Ernährung zugeführt werden (z.B. durch den Verzehr von tierischen Produkten, allen voran Organfleisch).

Ballaststoffe: Nicht essenziell, aber sinnvoll?

Doch nur, weil etwas als nicht-essenziell eingestuft wird, bedeutet das noch lange nicht, dass wir darauf verzichten sollten. Eine ballaststoffreiche Ernährung (~28-35g/Tag für Erwachsene) kann uns zahlreiche gesundheitliche Vorteile liefern, etwa indem sie den Sättigungsgrad unserer Mahlzeiten erhöht, zu einer verbesserten glykämischen Kontrolle und Cholesterinregulation beiträgt oder für eine geregelte Verdauung sorgt (3)(16)(17)(19)(20).

Inzwischen wissen wir auch, dass eine Ernährung, die reich an Ballaststoffen ist, zu einer größeren Diversität des Mikrobioms beiträgt (4), da die für uns Menschen unverdaulichen Kohlenhydrate der Darmflora als nützliche und willkommene Nahrung dienen (22). Die Mikroorganismen, die unseren Darm besiedeln, produzierten hunderte und tausende von Enzymen, welche die Ballaststoffe zerlegen und daraus kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) synthetisieren (23), die wiederum selbst einen wertvollen Treibstoff für unsere Darmzellen darstellen und zudem noch dazu in der Lage sind Entzündungen zu modulieren (5).

Es erscheint nur logisch, dass unsere Darmflora wächst und gedeiht, wenn wir ihr ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Angebot bieten, indem wir darauf achten, genügend Obst, Gemüse und Vollkorngetreide in den Speiseplan zu integrieren. (den diese Lebensmittelgruppen enthalten besonders viele Ballaststoffe). Doch was passiert eigentlich, wenn wir das nicht tun? Wovon ernähren sich unsere Darmbakterien, wenn wir uns ballaststoffarm ernähren?

Von irgendwas muss man ja leben…

In unserem Darm befinden sich sogenannte „Becherzellen“, deren Aufgabe darin besteht, eine Art von Schleim (Mucus) abzusondern, welche unsere Darmschleimhaut wie ein Film – eine Art von Schutzschild – vor schädlichen Giften und Mikroben schützt (24). Einige der Bakterienarten, die sich in unserem Darm befinden, können diesen Schleim als Nahrungsquelle nutzen. Und das tun sie auch. Und selbstverständlich vermehren sie sich auch.

Und nun mag man sich zu Recht fragen, welche Auswirkungen eine Zerstörung dieser schützenden Schleimschicht – als Folge eines Ballaststoff“mangels“ (oder anders formuliert, einer ballaststoffarmen Ernährung, denn einen echten Mangel gibt es ja, wie du in den vorherigen Zeilen erfahren hast, de facto nicht) – auf unsere Immunabwehr hat, oder?

Auswirkungen einer ballaststoffreichen (Fiber-rich diet, links) und einer ballaststoffarmen (Fiber-free diet, rechts) auf die Darmbesiedlung und schützende Schleimschicht der Darmschleimhaut. (Bildquelle: Desai et al., 2016)

Auswirkungen einer ballaststoffreichen (Fiber-rich diet, links) und einer ballaststoffarmen (Fiber-free diet, rechts) auf die Darmbesiedlung und schützende Schleimschicht der Darmschleimhaut. (Bildquelle: Desai et al., 2016)

Tierexperimentelle Versuche haben bereits eine Korrelation zwischen einer verringerten Aufnahme von Ballaststoffen und einer verdünnten Darmschleimschicht hergestellt (25). Und wir wissen aus diesem Studien auch, dass eine verdünnte Darmschleimschicht zu Entzündungen im Darm führen können (26)(27).

Modell der Mechanismen, welche die Eigenschaften der inneren Schleimschicht beeinflussen und möglicherweise eine Colitis ulcerosa verursachen können. Die innere Schleimschicht trennt normalerweise die Bakterien von den Epithelzellen. Fehlt diese innere Schleimschicht oder ist sie für Bakterien durchlässig, steigt die Belastung des Epithels mit Bakterien, was eine Immunreaktion des subepithelialen Immunsystems auslöst. (Bildquelle: Johansson et al., 2013)

Modell der Mechanismen, welche die Eigenschaften der inneren Schleimschicht beeinflussen und möglicherweise eine Colitis ulcerosa verursachen können. Die innere Schleimschicht trennt normalerweise die Bakterien von den Epithelzellen. Fehlt diese innere Schleimschicht oder ist sie für Bakterien durchlässig, steigt die Belastung des Epithels mit Bakterien, was eine Immunreaktion des subepithelialen Immunsystems auslöst. (Bildquelle: Johansson et al., 2013)

Laufen wir also tatsächlich Gefahr, unsere Immunabwehr negativ zu beeinflussen, wenn wir uns ballaststoffarm ernähren? Welche Auswirkungen hat eine derartige Kost auf die Zusammensetzung unserer Darmflora und die Fähigkeit unseres Körpers, sich gegen Krankheitserreger zur Wehr zu setzen?

Genau das werden wir im weiteren Verlauf dieses Beitrags klären, also lies‘ einfach weiter. (...)


Dieser Artikel erschien in der 06/2021 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / britanski


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