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Neue Evidenz von der Fleischtheke: Ist der Verzehr von rotem Fleisch gesundheitlich unbedenklich?

Neue Evidenz von der Fleischtheke: Ist der Verzehr von rotem Fleisch jetzt doch gesundheitlich unbedenklich?

Für viele von uns ist Fleisch ein wichtiger Hauptproteinlieferant, der nicht nur lecker schmeckt, sondern unserem  Körper auch wertvolle Bausubstanz (Eiweiß), Vitamine und Mineralien (z.B. Vitamin B3, B6 und B12, Eisen, Zink und Selen) (7), Energie (z.B. durch das enthaltene Fett) und andere wichtige Nährstoffe (Creatin, Carnosin, Omega 3 Fettsäuren oder CLA) liefert.

Nun gibt es viele Überlegungen, die mit in die Entscheidung hineinfließen, wie viel Fleisch man auf täglicher, wöchentlicher oder gar monatlicher Basis verzehrt (oder ob man gar vollständig darauf verzichtet). So können beispielsweise individuelle Präferenzen – etwa Geschmack, Geruch und Konsistenz – für manche Personen eine bedeutende Rolle spielen, während andere eher aus umweltbedingten oder gar ethisch/moralischen Überlegungen heraus eine Entscheidung bezüglich ihres persönlichen Fleischverzehrs treffen.

Bei all diesen Faktoren darf man aber natürlich auch nicht die gesundheitlichen Aspekte vergessen. Fleisch – insbesondere rotes Fleisch (aus Rind, Schwein, Kalb und Lamm) und stark verarbeitete Fleischprodukte (wie z.B. Wurstwaren) – stehen seit vielen Jahren in der Kritik, weil sie mit einem erhöhten Risiko für Zivilisationskrankheiten (u.a. Krebs) und Sterblichkeit in Verbindung gebracht werden.

Dieses Thema ist also gewiss nicht neu (9), sondern kehrt eher zyklisch (sprich: alle paar Jahre) wieder an die mediale Oberfläche zurück, um wie eine Sau durchs Dorf getrieben zu werden. Treue Metal Health Rx Leser werden sich womöglich noch an Anna’s ausführlichen Beitrag erinnern, indem sie die aktuelle Studienlage bezüglich rotem Fleisch und Krebsrisiko erörtert hat und wie es der Zufall so will, erschienen in den vergangenen Wochen gleich mehrere neue systematische Reviews und Meta-Analysen, welche die Gefahr, die von rotem/verarbeitetem Fleisch ausgeht, zu relativieren scheinen.

Zumindest liest es sich so, wenn man die Schlagzeilen einschlägiger News-Portale verfolgt (oder aber beiläufig durch einen Social Media Feed seiner Wahl scrollt) – welche Ergebnisse liefern diese systematischen Reviews und Meta-Analysen tatsächlich und wie hieb- und stichfest ist diese neue Evidenz zum Fleischverzehr wirklich?

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der September 2019 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um weitere Editorals zu lesen.

Neue Evidenz von der Fleischtheke: Ist der Verzehr von rotem Fleisch jetzt doch gesundheitlich unbedenklich?

Die neuen Meta-Studien: Worum geht’s, Doc?

Im konkreten Fall geht es um 5 Reviews, die im Annals of Internal Medicine publiziert wurden und die sich mit der Auswirkung des Verzehrs von rotem und verarbeitetem Fleisch in Bezug auf die Gesundheit und Erkrankungsrisiken beschäftigt haben.

Diese Untersuchungen sind wie folgt:

  1. Ein systematisches Review samt Meta-Analyse zu 61 Observationsstudien (4,2 Millionen Probanden), in dem die Zusammenhänge (Korrelationen) zwischen dem Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch, der Gesamtsterblichkeit sowie kardiometabolischen Auswirkungen untersucht wurden (1).
  2. Ein systematisches Review samt Meta-Analyse zu 73 Observationsstudien (6,1 Millionen Probanden), in dem die Zusammenhänge (Korrelationen) zwischen dem Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch und der Wahrscheinlichkeit an Krebs zu sterben bzw. daran zu erkranken untersucht wurden (2).
  3. Ein systematisches Review samt Meta-Analyse zu 105 Observationsstudien mit einer Laufzeit zwischen 2 und 34 Jahren (6 Millionen Probanden), in dem der Zusammenhang (Korrelation) des Ernährungsverhaltens (die Zufuhr verschiedener Mengen an rotem und verarbeitetem Fleisch) und der Gesamt-Sterblichkeit, dem Risiko an Krebs zu erkranken (Inzidenzrate) bzw. daran zu versterben (Mortalitätsrate) sowie den kardiometabolischen Auswirkungen betrachtet wurde (3).
  4. Ein systematisches Review zu kontrollierten Experimenten („RCTs“), wobei jedoch von 12 Arbeiten nur 1 Studie mit 42.000 postmenopausalen Frauen die Inklusionskriterien der Forscher erfüllte und wo die Zufuhr hoher und niedriger Mengen von rotem Fleisch hinsichtlich der kardiometabolischen Auswirkungen und Krebs untersucht wurde (4).
  5. Ein systematisches Review, welches Präferenzen und Werte im Kontext des Fleischverzehrs untersucht hat. Hierbei ging es also darum herauszufinden, wieso Menschen (gerne) Fleisch essen (5).

Diese jüngst publizierten Arbeiten liefern uns also keine neuen Informationen, sondern beziehen sich auf die bereits vorhandene Literatur zum Thema, um daraus – mit einer gewissen Sicherheit – entsprechende Schlussfolgerungen und praktische Empfehlungen ableiten zu können.

Ein Pluspunkt ist, dass die Daten unzähliger Probanden (Millionen von Menschen!) berücksichtigt werden. Weniger gut ist jedoch die Tatsache, dass die meisten Daten auf Observationsstudien beruhen, bei denen man zwar eine Korrelation ablesen, aber keine Kausalität herstellen kann. Der einzige randomisierte, kontrollierte Versuch („RCT“) fällt zwar von der Probandenzahl recht hoch aus, umfasst jedoch in seiner Grundgesamtheit nur die Daten von postmenopausalen Frauen. Und die letzte Arbeit (Studie 5) gibt uns lediglich eine Idee darüber, wieso die Menschen gerne Fleisch essen.

Betont werden muss auch, dass sich diese Untersuchungen „nur“ mit dem gesundheitlichen Wert des Fleischverzehrs hinsichtlich diverser Erkrankungsrisiken (etwa Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Komplikationen) bzw. dem Sterblichkeitsrisiko (allgemein und spezifisch, z.B. Sterblichkeitsrisiko infolge von Krebs) beschäftigen, wobei man sich auf Humanstudien bezieht. Umweltbedingte und ethisch/moralische Überlegungen werden im Rahmen dieser Arbeiten nicht erörtert.

Hey, Moment Mal! Wenn’s nichts Neues gibt … was soll eigentlich der ganze Trubel?

Der Grund für die mediale Aufmerksamkeit, welche diesen Arbeiten nun zu Teil wird, liegt in den Empfehlungen bezüglich der Ernährung begründet, die von diesem Forscher-Panel ausgesprochen werden:

The panel suggests that adults continue current unprocessed red meat consumption (weak recommendation, low-certainty evidence). Similarly, the panel suggests adults continue current processed meat consumption (weak recommendation, low-certainty evidence).

Johnston et al., 2019

Entgegen den derzeitigen Empfehlungen unzähliger Gesundheitsorganisationen sprechen sich die beteiligten Forscher dafür aus, dass Erwachsene ihre bisherige Gewohnheit, bei der sie (unverarbeitetes) rotes und verarbeitetes Fleisch konsumieren, beibehalten können.

Normalerweise würde ich an dieser Stelle in die Studie(n) einsteigen und in aller Ausführlichkeit auf die Details eingehen, aber dies würde einerseits – bei 5 Arbeiten plus Anhang (11)(12) – den Rahmen dieses Artikels sprengen und andererseits vermutlich die meisten Leser, die nicht unbedingt auf Statistik stehen, langweilen. (Falls du es doch genauer wissen willst, findest du sämtliche Arbeiten im Quellenverzeichnis verlinkt – die sind Open Access, also frei einsehbar).

Was du jedoch auf jeden Fall wissen solltest, ist, dass die beteiligten Forscher bei der Qualitätsanalyse der berücksichtigten Studien auf ein Werkzeug zurückgriffen, welches man als GRADE (von „Grading of Recommendations Assessment, Development, and Evaluation“) bezeichnet (13).

Mit Hilfe dieses Tools lässt sich eine Punktzahl erstellen („Certainty of Evidence“), die angibt, inwiefern sich die Studienergebnisse auf die reale Welt übertragen lassen (14), wobei …

  • … eine „hohe” Bewertung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür liefert, dass die beobachteten Effekte der Studie auch in der Realität zutreffen (in dem Fall bildet die Studie die Realität vermutlich gut ab).
  • … eine „sehr niedrige” Bewertung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür liefert, dass die beobachteten Effekte der Studie sehr unterschiedlich zu den Auswirkungen in der realen Welt ausfallen können (in dem Fall bildet die Studie die Realität vermutlich sehr schlecht ab).

Das Ganze sieht dann wie folgt aus:

Bewertung Definition
Hoch Diese Arbeit liefert einen sehr guten Hinweis auf die wahrscheinliche Wirkung. Die Wahrscheinlichkeit [„das Risiko“], dass die Wirkung [in der realen Welt] wesentlich unterschiedlicher ausfällt, ist gering.
Moderat Diese Forschung liefert einen guten Hinweis auf die wahrscheinliche Wirkung. Die Wahrscheinlichkeit [„das Risiko“], dass die Wirkung [in der realen Welt] wesentlich unterschiedlicher ist, ist moderat.
Niedrig Diese Forschung liefert einige Hinweise auf die wahrscheinliche Wirkung. Die Wahrscheinlichkeit [„das Risiko“], dass sie sich [in der realen Welt] wesentlich unterscheiden wird (ein so großer Unterschied, dass sie einen Einfluss auf eine Entscheidung haben könnten), ist jedoch hoch.
Sehr niedrig Diese Forschung liefert keinen zuverlässigen Hinweis auf die wahrscheinliche Wirkung. Die Wahrscheinlichkeit [„das Risiko“], dass der Effekt [in der realen Welt] wesentlich unterschiedlicher ist (ein so großer Unterschied, dass er sich auf eine Entscheidung auswirken könnte), ist sehr hoch.

Tabelle 1: Bewertung der Certainty of Evidence gem. GRADE Definition. Die Zusätze in Klammern wurden von mir zum besseren Verständnis eingefügt. (Quelle: Adaptiert nach Hull, 2019)

Nun, da du im Bilde darüber bist, was es mit dem GRADE Score auf sich hat, können wir die Ergebnisse, zu denen die einzelnen Arbeiten gekommen sind, kurz würdigen. Du solltest damit also in der Lage sein zu interpretieren, wie wertvoll die Aussagen in der Realität sind.

Die Analysen im Schnelldurchlauf

Studie Nr. #1: Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch hinsichtlich der Gesamtmortalität und kardiometabolischen Auswirkungen

Datensynthese

Von 61 Artikeln (55 Kohorten) mit mehr als 4 Millionen Teilnehmern, behandelte keiner die Lebensqualität oder die Zufriedenheit mit der Ernährung. Mit geringer Sicherheit [=niedrige Certainty of Evidence] wurde festgestellt, dass eine Verringerung der Aufnahme von unverarbeitetem rotem Fleisch von 3 Portionen pro Woche mit einer sehr geringen Verringerung des Risikos für kardiovaskuläre Mortalität, Schlaganfall, Myokardinfarkt (MI) und Typ-2-Diabetes verbunden ist.

Ebenso wurde mit geringer Sicherheit [= niedrige Certainty of Evidence] festgestellt, dass eine Verringerung der Aufnahme von verarbeitetem Fleisch um 3 Portionen pro Woche mit einem sehr geringen Rückgang des Risikos für Gesamtmortalität, kardiovaskuläre Mortalität, Schlaganfall, MI und Typ-2-Diabetes verbunden ist.

Zeraatkar, et al., 2019

Schlussfolgerung

Das Ausmaß des Zusammenhangs zwischen dem Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch und der Gesamtsterblichkeit und den negativen kardiometabolischen Ergebnissen ist sehr gering. Die Sicherheit der Ergebnisse fällt niedrig aus [= niedrige Certainty of Evidence].

Zeraatkar, et al., 2019

Studie Nr. #2: Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit an Krebs zu sterben bzw. daran zu erkranken

Datensynthese

Von 118 Artikeln (56 Kohorten) mit mehr als 6 Millionen Teilnehmern waren 73 Artikel für die Dosis-Wirkungs-Meta-Analysen geeignet. 30 behandelten die Krebssterblichkeit und 80 die berichtete Krebsinzidenz. Belege mit geringer Sicherheit [= niedrige Certainty of Evicence] deuten darauf hin, dass eine Verringerung der Aufnahme von 3 Portionen unverarbeitetem Fleisch pro Woche mit einer sehr geringen Verringerung der gesamten Krebssterblichkeit über ein Leben lang verbunden war.

Der Nachweis einer geringen bis sehr geringen Sicherheit [= niedrige bis sehr niedrige Certainty of Evidence] deutet darauf hin, dass jede Reduktion der Aufnahme von 3 Portionen verarbeitetem Fleisch pro Woche mit einer sehr geringen Abnahme der gesamten Krebssterblichkeit, der Sterblichkeit durch Prostatakrebs sowie der Häufigkeit von Speiseröhren-, Darm- und Brustkrebst über ein Leben hinaus verbunden war.

Han et al., 2019

Schlussfolgerung

Die möglichen absoluten Auswirkungen des Verzehrs von rotem und verarbeitetem Fleisch auf die Krebssterblichkeit und -häufigkeit sind sehr gering, und die Beweissicherheit ist gering bis sehr gering [= niedrige bis sehr niedrige Certainty of Evicence].

Han et al., 2019

Studie Nr. #3: Ernährungsverhalten (Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch) hinsichtlich Gesamtmortalität, kardiometabolischen Auswirkungen, Krebsinzidenz und -sterblichkeit

Datensynthese

In Frage kommende Studien, die Patienten 2 bis 34 Jahre lang begleiteten, zeigten Beweise mit einer niedrigen bis sehr niedrigen Sicherheit [= niedrige bis sehr niedrige Certainty of Evidence], dass ein Ernährungsverhalten mit einer niedrigen Aufnahme von rotem und verarbeitetem Fleisch zu sehr geringen oder potenziell geringen Reduktionen der Gesamtmortalität, der Krebssterblichkeit und -inzidenz, der kardiovaskulären Mortalität, der nicht-tödlichen koronaren Herzkrankheit, des tödlichen und nicht-tödlichen Myokardinfarkts und des Typ-2-Diabetes führen.

Für die Gesamtmortalität von Krebs, kardiovaskulärer Mortalität und Inzidenz einiger Krebsarten umfasste die Gesamtprobe mehr als 400 000 Patienten; für andere Ergebnisse umfassten die Gesamtproben 4000 bis mehr als 300 000 Patienten.

Vernooij et al., 2019

Schlussfolgerung

Belege mit einer niedrigen oder sehr niedrigen Sicherheit [= niedrige bis sehr niedrige Certainty of Evidence] deuten darauf hin, dass ein Ernährungsverhalten mit geringer Zufuhr von rotem und verarbeiteten Fleisch zu einer sehr geringen Verringerung der negativen kardiometabolischen und krebsbedingten Ergebnisse führen könnte.

Vernooij et al., 2019

Studie Nr. #4: Auswirkungen einer niedrigen Vs. hohen Zufuhr von rotem Fleisch auf kardiometabolische und krebsbezogene Outcomes

Datensynthese

Von den 12 in Frage kommenden Studien lieferte eine einzige Studie mit 48.835 Frauen glaubwürdige Beweise bei niedriger Sicherheit [= niedrige Certainty of Evidence] dafür, dass eine Ernährung mit geringem Anteil an rotem Fleisch wenig oder gar keinen Einfluss auf die Gesamtmortalität (Hazard Ratio [HR], 0,99 [95% CI, 0,95 bis 1,03], kardiovaskuläre Mortalität (HR, 0,98 [CI, 0,91 bis 1,06]) und kardiovaskuläre Erkrankungen (HR, 0,99 [CI, 0,94 bis 1,05]) haben kann.

Diese Studie lieferte auch Belege mit einer niedrigen bis sehr niedrigen Sicherheit [= niedrige bis sehr niedrige Certainty of Evidence], dass eine Ernährung mit geringem Anteil an rotem Fleisch wenig oder gar keinen Einfluss auf die gesamte Krebssterblichkeit (HR, 0,95 [CI, 0,89 bis 1,01]) und die Inzidenz von Krebs, einschließlich Darmkrebs (HR, 1,04 [CI, 0,90 bis 1,20]) und Brustkrebs (HR, 0,97 [0,90 bis 1,04]), haben kann.

Zeraatkar et al., 2019

Schlussfolgerung

Belege mit niedriger bis sehr niedriger Sicherheit [= niedrige bis sehr niedrige Certainty of Evidence] deuten darauf hin, dass Ernährungsformen mit eingeschränkter Zufuhr an rotem Fleisch, wenig oder gar keinen Einfluss auf die wichtigsten kardiometabolischen Ergebnisse sowie die Krebssterblichkeit und -inzidenz haben können.

Zeraatkar et al., 2019

Zusammenfassung

Die letzte (und fünfte) Untersuchung klemmen wir uns, da es darin nicht um die gesundheitlichen Auswirkungen des Fleischverzehrs, sondern um das Ernährungsverhalten (Präferenzen etc.), geht.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Wissenschaftler im Zuge ihrer Analysen zu dem Fazit gelangen, dass die beabsichtigten Vorteile/Effekte (z.B. geringeres Krebsrisiko, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Sterblichkeit), die mit einer Reduktion des Verzehrs von rotem und/oder verarbeitetem Fleisch einhergehen, die damit verbundenen Folgen – z.B. hinsichtlich einer Verschlechterung der Lebensqualität, der Notwendigkeit zur Veränderung der Ernährungsgewohnheiten oder dem kulturellen/persönlichen Hintergrund – für einen Großteil der Bevölkerung nicht aufwiegen.  

Du müsstest beispielsweise deinen Fleischkonsum drastisch einschränken (oder gar vollständig einstellen), um auch nur einen kleinen Benefit (z.B. geringeres Risiko für Krebs und Diabetes) zu erzielen. Und selbst in diesem Fall wäre es nicht sicher, ob es einen nennenswerten Vorteil gibt, da die Daten, auf denen die Analysen beruhen, zum größten Teil auf einem niedrigen GRADE Score beruhen – was jedoch damit zusammenhängt, dass hauptsächlich Observationsstudien für die Evaluation herangezogen wurden, die bei der Sicherheitseinstufung automatisch eine niedrige Bewertung erhalten, auch wenn diese gut designt wurden und eine gute Methodologie anwenden.

Observationsstudien haben in der Wissenschaft durchaus ihre Daseinsberechtigung, wenn es darum geht Zusammenhänge zwischen einzelnen Variablen zu ergründen, aber sie besitzen eine sehr geringe Aussagekraft, weil sie keine Kausalität herstellen und fehleranfällig sind. Hierin wird deutlich, dass wir – nicht nur bei diesem Thema – mehr hochwertige, kontrollierte Experimente brauchen, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Der Nachteil dieser RCTs ist jedoch, dass diese entsprechend kostspielig sind und schnell mal in die Millionen gehen, wenn Teilnehmeranzahl und Durchführungsdauer höher ausfallen sollen.

Den Verzehr von rotem (und/oder verarbeitetem) Fleisch musst du keineswegs vollständig einstellen. Die Ernährung spielt zwar eine wichtige Rolle bezüglich unserer Gesundheit, aber es ist nicht der einzige einflussreiche Faktor, auf den es ankommt.

Den Verzehr von rotem (und/oder verarbeitetem) Fleisch musst du keineswegs vollständig einstellen. Die Ernährung spielt zwar eine wichtige Rolle bezüglich unserer Gesundheit, aber es ist nicht der einzige einflussreiche Faktor, auf den es ankommt. (Bildquelle: depositphotos / VitalikRadko)

Abschließende Worte

Beachte, dass sich das Forscher-Panel nicht für einen Mehrverzehr von rotem und/oder verarbeitetem Fleisch ausgesprochen oder den aktuellen Empfehlungen anderer Organisationen widersprochen hat. Für viele von uns ist Fleisch ein elementarer Bestandteil der Ernährung und auch wenn es auf dieser Ebene eine ganze Menge zu optimieren gibt (Stichwort: „Natürliche, nährstoffreiche Ernährung“), so darf man keinesfalls all die anderen Faktoren vergessen, die unserem direkten Einfluss unterliegen und einen hohen Impact auf Gesundheit, Wohlbefinden und Erkrankungsrisken haben – darunter der Alkohol- und Tabakkonsum, der Grad an körperlicher Aktivität, die Körperzusammensetzung (z.B. Fettanteil) etc.

Wer potenzielle Risiken dennoch minimieren möchte, der sollte/könnte den Verzehr von rotem Fleisch auf 3 Portionen (oder weniger) pro Woche begrenzen bzw. bevorzugt auf weißes Fleisch ausweichen.

Und was den Verzehr von stark verarbeiteten Fleischprodukten betrifft … inzwischen ist es kein Geheimnis, dass für Wurst und Co. nicht unbedingt die besten Zutaten verwendet werden. Dies gilt insbesondere für industriell gefertigte Ware – falls du also hin und wieder Bock auf Wurst hast und das nötige Kleingeld dafür vorhanden ist, kann ein (lokaler) Metzger deines Vertrauens dieses Verlangen womöglich mit hochwertiger (höherwertiger) Ware befriedigen.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

(1) Zeraatkar D., et al. (2019): Red and Processed Meat Consumption and Risk for All-Cause Mortality and Cardiometabolic Outcomes: A Systematic Review and Meta-analysis of Cohort Studies. In: Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31569213.

(2) Han, MA., et al. (2019) Reduction of Red and Processed Meat Intake and Cancer Mortality and Incidence: A Systematic Review and Meta-analysis of Cohort Studies. In: Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31569214.

(3) Vernooij, RWM., et al. (2019): Patterns of Red and Processed Meat Consumption and Risk for Cardiometabolic and Cancer Outcomes: A Systematic Review and Meta-analysis of Cohort Studies. Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31569217.

(4) Zeraatkar, D., et al. (2019): Effect of Lower Versus Higher Red Meat Intake on Cardiometabolic and Cancer Outcomes: A Systematic Review of Randomized Trials. In: Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31569236.

(5) Valli, C., et al. (2019): Health-Related Values and Preferences Regarding Meat Consumption: A Mixed-Methods Systematic Review. In: Ann Intern Med. URL:  https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31569219.

(6) Kemper, A. (2018): Erhöht rotes Fleisch das Krebsrisiko? Eine Analyse der aktuellen Studienlage. In: Metal Health Rx. URL: https://patreon.aesirsports.de/erhoeht-rotes-fleisch-das-krebsrisiko-eine-analyse-der-aktuellen-studienlage/.

(8) NutritionData.com: Beef. URL: https://nutritiondata.self.com/facts/beef-products/6193/2.

(9) Minichowski, DN. (2014): Studie sagt: Hohe Proteinmengen genauso schädlich wie Rauchen. In: AesirSports.de. URL: https://aesirsports.de/studie-sagt-hohe-proteinzufuhr-genauso-schaedlich-wie-rauchen/.

(10) Hull, M. (2019): Headline Whiplash: Red meat is good for you now? In: Examine.com. URL:  https://examine.com/nutrition/red-meat-is-good-for-you-now/.

(11) Johnston, BC., et al. (2019): Unprocessed Red Meat and Processed Meat Consumption: Dietary Guideline Recommendations From the Nutritional Recommendations (NutriRECS) Consortium. In: Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31569235.

(12) Carroll, AE. / Doherty, TS. (2019): Meat Consumption and Health: Food for Thought. In: Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31569212.

(13) Grade Working Group: Grade. http://www.gradeworkinggroup.org/.

(14) Hultcrantz, M., et al. (2017): The GRADE Working Group clarifies the construct of certainty of evidence. In: J Clin Epidemiol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28529184.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / lisovskaya

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