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Psychogener Schock: Wie Aufgeben zum Tod führen kann

Psychogener Schock: Wie Aufgeben zum Tod führen kann

Von Marius Krämer | Benötigte Lesezeit: 3 Minuten |


Das Phänomen despsychogenen Schocks beschreibt einen, auf ein starkes Trauma folgenden, Zustand, in dem Menschen keinen Ausweg mehr sehen und der Tod die einzig rationale Lösung zu sein scheint. Wird dieser Zustand nicht behandelt, so kommt es binnen drei Wochen – nach „Ausbruch“ der erste Stufe – zum Tod.

Eine Studie unter der Leitung von Dr. Leach hat diesen Zustand nun genauer untersucht und festgestellt, dass Personen, welche mit ihrem Leben abschließen und den Lebensgeist verlieren – also den Kampf aufgeben – eine erhöhte Sterbewahrscheinlichkeit haben (1).

Leach bezeichnet den psychogenen Tod als sehr real, aber konträr zum Selbstmord. Er sagt weiter, dass diese Form des Todes nicht mit Depressionen zusammenhängt, sondern mit dem Akt des Aufgebens – oft ausgelöst durch ein schwerwiegendes Trauma .

Psychogener Schock: Wie Aufgeben zum Tod führen kann

Zu welchen Ergebnissen kam die Studie?

In der Studie werden fünf Stufen beschrieben, die progressiv zu einem psychologischen Verfall führen. Die Studie zeigt, dass dieses Verfall und der damit verbundene Tod durch eine Veränderung in einem fronto-subkortikalen Areal ausgelöst werden könnte.

Der vordere cinguläre Kortex ist für Motivation und zielgerichtetes Verhalten verantwortlich. Laut Dr. Leach könnte ein schwerwiegendes Trauma eine Fehlfunktion in diesem Areal auslösen. Da Motivation essentiell für die Bewältigung des Lebens ist, führt eine Fehlfunktion ziemlich sicher zu Apathie.

Der Tod ist allerdings nicht unvermeidlich und kann durch verschiedene Methoden verhindert werden. Neben Bewegung gehört auch eine Therapie – mit dem Ziel das Bewusstsein beim Patienten zu erzeugen, dass Situationen zumindest teilweise innerhalb der eigenen Kontrolle liegen – zu den gängigsten Interventionen.

“Das Gefühl eine Wahl zu haben, kann Kontrolle geben und dazu führen, dass eine Person das Interesse am Leben wiederfindet,” sagt Dr. Leach.

Starke Traumata können dazu beitragen, dass der vordere cinguläre Kortex, der für Motivation und zielgerichtetes Verhalten verantwortlich ist, nicht mehr richtig funktioniert. (Eine intrinsische) Motivation ist jedoch essenziell fürs Leben und wenn dieser Lebenswille verloren geht, dann ist Apathie so gut wie unausweichlich. (Bildquelle: Fotolia / Georgy Dzyura)

Wie sehen die fünf Stufen aus?

Stufe #1: Sozialer Rückzug

Tritt oft nach einem psychologischen Trauma ein und äußert sich durch Rückzug, geringe Emotionalität, Lustlosigkeit und Indifferenz.

Kriegsgefangene zeigen diese Symptome sehr häufig. Der Rückzug aus allen äußeren Emotionen kann bspw. als Bewältigung dienen, kann aber schnell zu Apathie und noch extremeren Rückzug führen.

Stufe #2: Apathie

Tiefgreifende Apathie wird oft bei Kriegsgefangenen oder Überlebenden von Schiffs- und Flugzeugunglücken beobachtet. Betroffene zeigen keinerlei Wut, Traurigkeit oder Frustration, sondern extreme Melancholie.

Stark apathische Menschen wirken oft ungepflegt und verlieren den Sinn für Reinlichkeit. Ein Kriegsgefangener in dieser Stufe beschrieb diesen Zustand mit dem absoluten Fehlen von Energie am Morgen, wodurch sogar die kleinste Aufgabe unüberwindbar wird.

Stufe #3: Abulie

Abulie oder extremes Fehlen von Motivation äußert sich durch Entmutigung, fehlende Initiative und Entscheidungsunfähigkeit, wobei Betroffene oft aufhören zu Sprechen, Essen und sich zu waschen. Sie ziehen sich immer tiefer in sich selbst zurück und verlieren jegliche intrinsische Motivation.

Eine extrinsische Motivation ist immer noch möglich. Menschen, die sich von diesem Zustand erholt haben, beschreiben Abulie als ein vollkommen gedankenlosen Zustand.

Stufe #4: Psychische Akinesie

Die Motivationslosigkeit verstärkt sich weiter. Betroffene befinden sich in einem extrem apathischen Zustand und sind vollkommen unempfindlich gegenüber Schmerzen.

In einer Studie zeigt eine Frau Verbrennungen zweiten Grades, weil sie kein Schmerzempfinden gegenüber der Sonne am Strand hatte. Oft zeigt sich auch Inkontinenz ohne jeglichen Drang aus den eigenen Ausscheidungen aufzustehen.

Stufe #5: Psychogener Tod

Dr. Leach beschreibt diesen Zustand als den Zerfall eines Menschen. Nichts kann ihn dazu bewegen aufzustehen. In Konzentrationslagern erkannte man Menschen in diesem Zustand daran, dass sie eine Zigarette anzündeten. Eine Zigarette war einer der wertvollsten Gegenstände in Konzentrationslagern und konnte effektiv gegen Nahrung getauscht werden.

Zwischen der vierten und fünften Stufe liegen oft nur drei bis vier Tage. Kurz vor dem Tod tritt oft ein fälschlicher Lichtblick ein. In diesem letzten Moment scheint das zielgerichtete Verhalten wieder einzutreten, wobei nun aber das Ziel das Loslassen des eigenen Lebens ist.

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Quellen & Referenzen

(1) Leach, J. (2018):  ‘Give-up-itis’ revisited: Neuropathology of extremis. In: Medical Hypotheses. URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0306987718306145?via%3Dihub.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / Photographee.eu

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