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Sport & Depression: Wie Training & Bewegung bei depressiven Symptomen und Störungen helfen können

Depressionen gehören zu den weit verbreiteten, psychischen Erkrankungen, die nicht nur mit einer Beeinträchtigung der Lebensqualität, sondern auch zahlreichen Begleiterkrankungen und einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko in Verbindung gebracht werden (16)(17). Schätzungen zur Folge waren im Jahr 2017 weltweit mehr als 300 Millionen Menschen von Depressionen betroffen, was ca. 4,4% der damaligen Weltbevölkerung entsprach (18), wobei im Zuge der Corona-Pandemie ein Anstieg der Prävalenz um geschätzte 27,6% beobachtet werden konnte (19)(20)(21)(22).

Prävalenz depressiver Störungen (% der Bevölkerung), nach WHO-Region. (Bildquelle: WHO, 2017)

Prävalenz depressiver Störungen (% der Bevölkerung), nach WHO-Region. (Bildquelle: WHO, 2017)

Die Psychotherapie und Einnahme von Antidepressiva zählen bis dato zu den gängigen Behandlungsmethoden bei Depression (23), allerdings liegt die Remissionsquote im Falle einer alleinigen Psychotherapie bei lediglich 50% (24). Auf der anderen Seite ist die Einnahme von Antidepressiva häufig mit ernstzunehmenden Nebenwirkungen und Entzugserscheinungen nach dem Absetzen verbunden ist (25)(26). Gegenwärtig geht man davon aus, dass etwa 2/3 aller Erwachsenen, die unter Depressionen leiden, nicht adäquat behandelt werden (27) – was häufig zu einer Verschlimmerung der Symptomatik und dem verstärkten Auftreten von Begleiterkrankungen führt (28).

Derartige Umstände machen deutlich, dass unkomplizierte und schnell verfügbare Alternativen zur Behandlung dringend erforderlich sind. Sport und Training wurden in diesem Zusammenhang von verschiedenen Organisationen (z.B. WHO, NICE) als potenzielle Maßnahmen zur Linderung depressiver Symptome empfohlen (29)(30). Eine entsprechende Evidenz hinsichtlich der anti-depressiven Effekte von Sport liefern Meta-Analysen, in denen eine schwache bzw. moderate (31)(32) bis große Wirkung (12)(33)(34) nachgewiesen wurde. Die widersprüchlichen Resultate lassen sich am ehesten durch methodologische und konzeptuelle Differenzen bei den Inklusionskriterien und dem Studiendesign erklären.

Ein Überblick über depressive Störungen und das therapeutische Potenzial von Sport und Bewegung. (Bildquelle: Hwang et al., 2023)

Ein Überblick über depressive Störungen und das therapeutische Potenzial von Sport und Bewegung. (Bildquelle: Hwang et al., 2023)

Mit Hilfe gut kontrollierter Studien (RCTs) konnte gezeigt werden, dass eine Verbesserung der depressiven Symptomatik nach körperlicher Betätigung am stärksten in Patienten auftritt, die unter chronischen Erkrankungen leiden und dabei die Empfehlung für das wöchentliche Bewegungs- und Aktivitätspensum erfüllen (35). Es gibt bis dato jedoch noch keinen eindeutigen Konsens darüber, wie viel Bewegung und Sport erforderlich sind, um einen signifikanten Schutz vor Depression bzw. dessen Symptomen zu bieten und ob es Unterschiede bezüglich der Wirkung bei Menschen mit und ohne chronische Erkrankungen gibt.

Ein Team aus Forschern hat versucht diese beiden Fragen anhand einer 10-jährigen Längsschnittstudie zu beantworten – und wir werfen im Rahmen dieses Beitrags einen näheren Blick auf diese Arbeit, um hoffentlich eine Antwort darauf zu finden, wie effektiv das Training als Therapieform zur Behandlung tatsächlich sein kann.

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der Februar 2024 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um weitere Editorals zu lesen.

Sport & Depression: Wie Training & Bewegung bei depressiven Symptomen und Störungen helfen können

Was wurde untersucht?

Das Ziel der Untersuchung von Laird et al. (2023) bestand darin eine quantitative Bewertung der geringsten „Dosis“ an moderater bis intensiver körperlicher Aktivität („MVPA“) zu bestimmen, die mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für depressive Symptome und (dem Auftreten von) Depressionen in älteren Personen mit und ohne chronische Erkrankungen einhergeht (1). Hierbei griff man auf Datensätze einer Studie (The Irish Longitudinal Study on Ageing, kurz TILDA) zurück, die über einen Zeitraum von 10 Jahren hinweg analysiert wurden.

Diese Daten, die in 5 Wellen (Oktober 2009 – Dezember 2018) erfasst wurden und insgesamt 8.507 Individuen im Alter von ≥ 50 Jahren aufweisen, beinhalten detaillierte Angaben zur Demographie, zur Gesundheit, zum Lebensstil und zu sozialen Faktoren, die entweder durch selbst ausgefüllte Fragebögen, Assessments oder Interviews aufgenommen wurden.

Eine Bereinigung der Daten um Personen fand statt, sofern elementare Angaben (z.B. zur körperlichen Aktivität und Depressionen) fehlten oder falls diese vor Abschluss der Untersuchung auf der Studie ausschieden bzw. verstarben, so dass am Ende die Daten von insgesamt 4.016 Individuen (2.205 Frauen [54,9%] und 1.811 Männer [45,1%]) in die Analyse mit einflossen.

Basis-Charakteristika aller berücksichtigten Studienteilnehmer von Welle 1 bis Welle 5 (2009 – 2018. (Bildquelle: Laird et al., 2023)

Basis-Charakteristika aller berücksichtigten Studienteilnehmer von Welle 1 bis Welle 5 (2009 – 2018. (Bildquelle: Laird et al., 2023)

Das Forscherteam führte eine Bewertung für die Inzidenz depressiver Symptome und Depressionen durch, wobei depressive Symptome anhand der Punktzahl bei der CES-D (Centre for Epidemiological Studies Depression) Umfrage gemessen wurden und ein Wert von über Null auf ein Bestehen von depressiven Symptomen hindeutet. Probanden wurden als depressiv klassifiziert, sofern die CES-D Punktzahl bei 9 oder höher lag oder falls eine depressive Episode (bestimmt durch ein diagnostisches Interview) im Verlauf der Studie aufgetreten ist.

Die körperliche Aktivität beruhte auf Selbstangaben der Probanden, die mit Hilfe eines Fragebogens (International Physical Activity Questionnaire) dokumentiert und als metabolische Äquivalent (MET) in Minuten pro Woche (MET-min/Woche) festgehalten.

Die Analysen wurden auf Basis zweier Modelle durchgeführt, nämlich ein 3-Dosis-Modell und ein 5-Dosis-Modell, welche die körperliche Aktivität wie folgt klassifizierten:

3-Dosis-Modell

  • Geringe körperliche Aktivität: Weniger als 600 MET-min/Woche.
  • Moderate körperliche Aktivität: 600 oder weniger als 1.200 MET-min/Woche.
  • Hohe körperliche Aktivität: 1.200 oder mehr MET-min/Woche.

5-Dosis-Modell

  • Kategorie 1: 0 MET-min/Woche
  • Kategorie 2: 1 oder weniger MET-min/Woche
  • Kategorie 3: 600 oder weniger als 1.200 MET-min/Woche
  • Kategorie 4: 1.200 oder weniger als 2.400 MET-min/Woche
  • Kategorie 5: 2.400 oder mehr MET-min/Woche

Die Ergebnisse wurden entsprechend für Störrvariablen (Confounders) kontrolliert, darunter Geschlecht, Alter, Bildungsstand, Einnahme von Antidepressiva, Präsenz chronischer Erkrankungen, Alkohol- und Zigarettenkonsum sowie Body Mass Index (BMI).

Was haben die Forscher herausgefunden?

Allgemeine Resultate

Von den 4.016 Studienteilnehmern, die in jeder der erfassten Wellen vertreten waren und bei denen entsprechende Angaben für körperliche Aktivität und Depression vorlagen, erhöhte sich die Depressionsrate von 8,2% auf 12,2% im Verlauf des untersuchten Zeitraums von 10 Jahren.

Die Einnahme von verschriebenen Antidepressiva erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 6,1% auf 10,3%, während der Anteil der Individuen, der die gängigen Empfehlungen zur körperlichen Aktivität (>600 MET-min/Woche) erfüllte, von 51,1% (Welle 1) auf 40,9% (Welle 5) absank.

Depressive Symptome

Die Auswertung zum 3-Dosis-Modell ergab, dass Individuen mit einer hohen körperlichen Aktivität (1.200 oder mehr MET-min/Woche) ein um 20% geringeres Risiko für das Auftreten depressiver Symptome aufwiesen, als jene Individuen, die nur eine geringe körperliche Aktivität (weniger als 600 MET-min/Woche) einhielten.

Im 5-Dosis-Modell zeigte sich dagegen eine schrittweise Reduktion des Risikos für das Auftreten depressiver Symptome für jede Steigerung der körperlichen Aktivitätsdosis. Die Risiken reduzierten sich wie folgt:

  • 600 – 1.200 MET-min/Woche: um 7%
  • 200 – 2.400 MET-min/Woche: um 16%
  • 2.400 oder mehr MET-min/Woche: um 23%

Bei Personen mit chronischen Erkrankungen führte eine gesteigerte körperliche Aktivität zu einem verringerten Risiko für das Auftreten depressiver Symptome (um 8%), beginnend bei 600 MET-min/Woche. Für gesunde Individuen zeigte sich nur eine Reduktion des Risikos (um 19%) bei einer Mindestmenge von 2.400 MET-min/Woche  an körperlicher Aktivität.

Depressionen

Analog dazu führte eine hohe körperliche Aktivität (1.200 oder mehr MET-min/Woche) im 3-Dosis-Modell zu einer um 44% geringeren Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Depression, im Vergleich zu einer niedrigen körperlichen Aktivität (weniger als 600 MET-min/Woche).

Dagegen zeigte sich im 5-Dosis-Modell ein um 44% geringeres Risiko für das Auftreten einer Depression bei einer körperlichen Aktivität von 600 – 1.200 MET-min/Woche und ein um 49% geringeres Risiko bei 2.400 MET-min/Woche oder mehr.

Bei Personen mit chronischen Erkrankungen führte eine gesteigerte körperliche Aktivität (min. 600 MET-min/Woche) zu einem verringerten Risiko für das Auftreten einer Depression (um 44%). Für gesunde Individuen zeigte sich nur eine Reduktion des Risikos (um 35%) bei einer Mindestmenge von 2.400 MET-min/Woche  an körperlicher Aktivität.

Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und dem Auftreten depressiver Symptome bzw. einer Depression in Personen mit und ohne chronische Erkrankungen. (Bildquelle: Holmer & Examine, 2023; adaptiert nach Laird et al., 2023)

Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und dem Auftreten depressiver Symptome bzw. einer Depression in Personen mit und ohne chronische Erkrankungen. (Bildquelle: Holmer & Examine, 2023; adaptiert nach Laird et al., 2023)

Minimal effektive Dosis

Das Minimum der effektiven Dosis, bei der körperliche Aktivität eine Reduktion des Risikos für das Auftreten depressiver Symptome und Depressionen zeigte, lag gem. Analyse zwischen 400 – 600 MET-min/Woche, wobei die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten depressiver Symptome um 16% und für das Auftreten einer Depression um 43% sank.

Zusammenfassung & Abschließende Worte

Die Ergebnisse der Längsschnittuntersuchung von Laird et al. (2023) stützen die bisherige Annahme, wonach moderate bis intensive körperliche Aktivität (MVPA) eine schützende Wirkung vor dem Auftreten depressiver Symptome und einer depressiven Störung entfalten kann. So wiesen beispielsweise ältere Individuen, die auf eine Menge von 400 – 600 MET-min/Woche* kommen, eine um 16% niedrigere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten depressiver Symptome und eine um 43% niedrigere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer depressiven Störung auf.

* eine exakte Übertragung von MET-min/Woche auf Typ und Menge der körperlichen Aktivität ist gar nicht so einfach, da verschiedene Aktivität unterschiedliche METs in Abhängigkeit der Intensität haben können. Du findest hier ein .pdf-Dokument mit einer Erklärung und Auflistung der METs verschiedener Aktivitäten. Ein Pensum von 600 MET-min/Woche lässt sich beispielsweise mit 150 Minuten pro Woche schnellem Gehen oder 75 Minuten an moderatem Sport (z.B. Basketball, Volleyball, Tennis) erreichen. Demgegenüber schlägt Gewichtheben/Kraftsport mit 4-8 METs zu Buche.

Die Daten sind konsistent mit den Resultaten aktueller Meta-Analysen, die nahelegen, dass die mentale Gesundheit erwachsener Menschen durch die Aufnahme einer körperlichen Aktivität profitiert (3)(4)(5)(6)(7), auch wenn diese unter den gängigen Gesundheitsempfehlungen liegt. Konkret gesprochen scheint eine körperliche Aktivität, wie z.B. schnelles Gehen (= 4 MET), im Rahmen von 2,5 Stunden pro Woche mit einem um 25% geringeren Risiko für das Auftreten einer depressiven Störungen korreliert zu sein, wobei selbst die Hälfte dessen – verglichen mit gar keiner körperlichen Aktivität – zu einem Risikorückgang von 18% führt (4). Mit ihrer Untersuchung demonstrieren Laird et al. (2023), dass bereits ein wöchentliches Aktivitätspensum von 100 Minuten pro Woche (oder 20 Minuten pro Tag für 5 Tage) and moderater bis intensiver Aktivität ausreichend sein kann, um die Risiken bei älteren Individuen zu verringern.

Ein weiterer, wichtiger Aspekt der vorliegenden Untersuchung ist die Tatsache, dass alles darauf hindeutet, dass es eine Dosis-Wirkung-Beziehung zwischen körperlicher Aktivität und der Risikoreduktion für depressive Symptome und Störungen zu geben scheint: Je aktiver die Probanden waren, desto stärker waren die beobachteten positiven Effekte mit einer Reduktion des Risikos um 7% für Individuen, welche die Mindestempfehlungen erfüllten und einer Reduktion um 16% für jene, die darüber hinaus kamen – bis hin zu einem Rückgang um 23% für die höchste Bewegungskategorie (≥ 2.400 MET-min/Woche), was ca. 10 Wochenstunden an schnellem Gehen entspricht.

Zudem scheint der Schwellenwert, an dem körperliche Aktivität einen Vorteil bietet, bei Individuen mit chronischen Erkrankungen wesentlich niedriger zu liegen, als bei gesunden Personen. Diese profitierten bereits von einer moderaten Aktivität (600 MET-min/Woche), während bei gesunden Personen höhere Mengen (≥ 2.400 MET-min/Woche) erforderlich waren.

Bewegung & Sport gegen Depressionen: Verschiedene Hypothesen

Eine potenzielle Erklärung, wie körperliche Aktivität zu einem Rückgang des Risikos für depressive Symptome und Depressionen beitragen könnte, liegt in der potenziellen Wirkung von Bewegung und Sport zur Steigerung der physischen und psychischen Stressresilienz begründet, wobei Aktivität die Neuroplastizität und die Fähigkeit des Nervensystems zur Adaption unterstützt, indem z.B. die Serotonin-Signalwirkung in Hirnregionen beeinflusst wird, die bei der Stressreaktion eine bedeutsame Rolle spielen (8). Der Körper lernt, wie er besser mit Stress umgehen und sich daran anpassen kann.

Wir wissen beispielsweise, dass Bewegung und Training zu zahlreichen neurobiologischen Effekten führt (z.B. durch eine Produktion von Endorphinen und BDNF), welche dazu in der Lage sind auf die Stimmung einzuwirken und so den basalen Stresslevel (Cortisol) zu reduzieren und eine positive Veränderung der Neurochemie (Konzentration an Neurotransmittern) herbeizuführen (9)(10).

Molekulare Mechanismen der Wirkung von körperlicher Betätigung auf Depressionen bei älteren Menschen: Körperliche Betätigung führt zu einer Aktivierung der HPA-Achse, welche CRH, ACTH und den zirkulierenden Cortisolspiegel unmittelbar reguliert und eine Senkung des Ruhe-Cortisolspiegels bewirkt. Aerobes oder Widerstandstraining erhöht die zirkulierenden IGF-I-Spiegel und die Expression der Proteine des PGC-1α/FNDC5/Irisin-Wegs, was die Expression von IRS-1 und PI3K anregt und Entzündungsmechanismen - unabhängig vom Geschlecht  - hemmt. Die Aktivierung des PGC-1α/FNDC5/Irisin-Signalwegs hemmt auch GSK3β. Der PGC-1α/FNDC5/Irisin-Weg und IGF-I tragen auch dazu bei, die Spiegel von BDNF und seinem Rezeptor, TrkB, vor allem im Hippocampus und im präfrontalen Kortex zu erhöhen. Dieser Prozess führt zum Upstream von ERK, welches vom Zellzytoplasma in den Zellkern transloziert und depressionsähnliches Verhalten hemmt. (Bildquelle: De Sousa et al., 2021)

Molekulare Mechanismen der Wirkung von körperlicher Betätigung auf Depressionen bei älteren Menschen: Körperliche Betätigung führt zu einer Aktivierung der HPA-Achse, welche CRH, ACTH und den zirkulierenden Cortisolspiegel unmittelbar reguliert und eine Senkung des Ruhe-Cortisolspiegels bewirkt. Aerobes oder Widerstandstraining erhöht die zirkulierenden IGF-I-Spiegel und die Expression der Proteine des PGC-1α/FNDC5/Irisin-Wegs, was die Expression von IRS-1 und PI3K anregt und Entzündungsmechanismen – unabhängig vom Geschlecht  – hemmt. Die Aktivierung des PGC-1α/FNDC5/Irisin-Signalwegs hemmt auch GSK3β. Der PGC-1α/FNDC5/Irisin-Weg und IGF-I tragen auch dazu bei, die Spiegel von BDNF und seinem Rezeptor, TrkB, vor allem im Hippocampus und im präfrontalen Kortex zu erhöhen. Dieser Prozess führt zum Upstream von ERK, welches vom Zellzytoplasma in den Zellkern transloziert und depressionsähnliches Verhalten hemmt. (Bildquelle: De Sousa et al., 2021)

Zwei weitere, mögliche Erklärungen dafür, wie uns Bewegung und Sport im Kampf gegen Depressionen unterstützen können, finden wir in der Selbsteffizienz und Ablenkung (11):

  • Der Begriff der Selbsteffizienz bezieht sich auf das Selbstvertrauen, welches wir empfinden, wenn wir uns Herausforderungen stellen und diese erfolgreich überwinden, um ein gestecktes Ziel zu erreichen. Personen, die unter depressiven Symptomen bzw. einer Depression leiden, verfügen womöglich über einen geringeren Grad an Selbsteffizienz und werden häufiger Opfer negativer, selbstbezogener Gedanken – was durch sportliche Betätigung und in der Folge eine Steigerung der Selbsteffizienz reduziert werden könnte.
  • Bewegung und sportliche Aktivität stellen zudem eine hervorragendes Mittel dar, um sich vor Ängsten und negativen Gedanken abzulenken. Der anti-depressive Effekt durch körperliche Aktivität könnte in diesem Zusammenhang eine temporäre Lösung darstellen, um sich vor schädlichen Gedanken zu schützen.

Auch wenn es zugegebenermaßen verlockend ist einen einzigen Mechanismus als mögliche Antwort auf die Frage, wie körperliche Aktivität uns vor Depressionen schützen kann, verantwortlich zu machen, erscheint es weitaus logischer, wenn wir davon ausgehen, dass es vielmehr die Kombination verschiedener Mechanismen ist, die letztendlich zu einer Reduktion des Risikos beitragen.

Weiterhin ist davon auszugehen, dass nicht jeder gleichermaßen von einer gesteigerten körperlichen Aktivität profitiert und dass die alleinige Aufnahme eines Bewegungs- und Trainingsprogramms nicht unbedingt die ultimative Lösung im Kampf gegen Depressionen ist. Betroffene sollten diese Möglichkeit eher als zusätzliches Werkzeug im Repertoire zur Behandlung depressiver Symptome und Depressionen sehen, die z.B. ergänzend zur Psychotherapie und/oder der Einnahme von Antidepressiva  verwendet werden kann.

Vergleich der kurzfristigen Wirksamkeit verschiedener Behandlungen von Depressionen. (Bildquelle: Gujral et al., 2017)

Vergleich der kurzfristigen Wirksamkeit verschiedener Behandlungen von Depressionen. (Bildquelle: Gujral et al., 2017)

Auch wenn es immer leichter gesagt als getan ist, scheint es nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand so, als würde zusätzliche körperliche Aktivität für den Effekt, den wir messen können, eine nützliche Option zu sein, aus der wir schöpfen können, um die Risiken zu senken und zu managen. Insbesondere dann, wenn wir uns vor Augen halten, dass ein wenig Sport viele weitere potenzielle Vorteile für die physische und psychische Gesundheit zu bieten scheint.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

Primärliteratur

(1) Laird, E., et al. (2023): Physical Activity Dose and Depression in a Cohort of Older Adults in The Irish Longitudinal Study on Ageing. In: JAMA Netw Open. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37428505/.

(2) Holmer, B. (2023):  How much exercise is associated with a lower risk of depression?  In: Examine.com. Erhältlich auf Examine.com.

Sekundärliteratur

(3) McDowell, CP., et al. (2018): Associations of physical activity and depression: Results from the Irish Longitudinal Study on Ageing. In: Exp Gerontol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30217663/.

(4) Pearce, M., et al. (2022): Association Between Physical Activity and Risk of Depression: A Systematic Review and Meta-analysis. In: JAMA Psychiatr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35416941/.

(5) Ku, PW., et al. (2009): Physical activity and depressive symptoms in Taiwanese older adults: a seven-year follow-up study. In: Prev Med. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19297687/.

(6) Schuch, FB., et al. (2018): Physical Activity and Incident Depression: A Meta-Analysis of Prospective Cohort Studies. In: Am J Psychiatry. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29690792/.

(7) Marques, A., et al. (2021): Different levels of physical activity and depression symptoms among older adults from 18 countries: A population-based study from the Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE). In: Eur J Sport Sci. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32660358/.

(8) Greenwood, BN. / Fleshner, M. (2011): Exercise, stress resistance, and central serotonergic systems. In: Exerc Sport Sci Rev. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21508844/.

(9) De Sousa, RAL., et al. (2021): Molecular mechanisms of physical exercise on depression in the elderly: a systematic review. In: Mol Biol Rep. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33864590/.

(10) Gujral, S., et al. (2017): Exercise effects on depression: Possible neural mechanisms. In: Gen Hosp Psychiatry. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29122145/.

(11) Craft, LL. (2005): Exercise and clinical depression: examining two psychological mechanisms. In: Psychol Sport Exerc. URL: Psychol Sport Exerc. URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1469029203000748.

(12) Schuch, FB., et al. (2016): Exercise as a treatment for depression: A meta-analysis adjusting for publication bias. In: J Psychiatr Res. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26978184/.

(13) Knapen, J., et al. (2015): Exercise therapy improves both mental and physical health in patients with major depression. In: Disabil Rehabil. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25342564/.

(14) Verhoeven, JE., et al. (2023): Antidepressants or running therapy: Comparing effects on mental and physical health in patients with depression and anxiety disorders. In: J Affect Disord. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36828150/.

(15) Heissel, A., et al. (2023): Exercise as medicine for depressive symptoms? A systematic review and meta-analysis with meta-regression. In: Br J Sports Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10423472/.

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(17) James, SL., et al. (2017): Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 354 diseases and injuries for 195 countries and territories, 1990-2017: a systematic analysis for the global burden of disease study 2017. In: Lancet. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30496104.

(18) WHO (2017): Depression and other common mental disorders: global health estimates. 2017. URL: https://www.who.int/publications/i/item/depression-global-health-estimates.

(19) Allen, SF., et al. (2022): The role of the COVID-19 pandemic in altered psychological well-being, mental health and sleep: an online cross-sectional study. In: Psychol Health Med. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33878999.

(20) González-Sanguino, C., et al. (2021): Mental health consequences of the covid-19 outbreak in Spain. A longitudinal study of the alarm situation and return to the new normality. In: Prog Neuropsychopharmacol Biol Psychiatry. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33338556.

(21) Veldhuis, CB., et al. (2021): Addressing the critical need for long-term mental health data during the COVID-19 pandemic: changes in mental health from April to September 2020. In: Prev Med. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33647353.

(22) Santomauro, DF., et al. (2021): Global prevalence and burden of depressive and anxiety disorders in 204 countries and territories in 2020 due to the COVID-19 pandemic. In: Lancet. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34634250.

(23) Malhi, GS., et al. (2021): The 2020 Royal Australian and New Zealand College of Psychiatrists clinical practice guidelines for mood disorders. In: Aust N Z J Psychiatry. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33353391.

(24) Cuijpers, P., et al. (2021): Psychologic treatment of depression compared with pharmacotherapy and combined treatment in primary care: a network meta-analysis. In: Ann Fam Med. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34180847.

(25) Jakobsen, JC., et al. (2017): Selective serotonin reuptake inhibitors versus placebo in patients with major depressive disorder. A systematic review with meta-analysis and trial sequential analysis. In: BMC Psychiatry. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28178949.

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(28) Kessler, RC. (2012): The costs of depression. In: Psychiatr Clin North Am. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22370487.

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(30) National Institute for Health and Care Excellence (2018): Depression: the treatment and management of depression in adults. URL: https://www.nice.org.uk/guidance/cg90/.

(31) Krogh, J., et al. (2017): Exercise for patients with major depression: a systematic review with meta-analysis and trial sequential analysis. In: BMJ Open. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28928174.

(32) Cooney, GM., et al. (2013): Exercise for depression. In: Cochrane Database Syst Rev. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24026850.

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(34) Morres, ID., et al. (2019): Aerobic exercise for adult patients with major depressive disorder in mental health services: a systematic review and meta-analysis. In: Depress Anxiety. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30334597.

(35) Herring,  MP., et al. (2012): Effect of exercise training on depressive symptoms among patients with a chronic illness: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. In:  Arch Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22271118.

(36) Hwang, DJ., et al. (2023): Exercise as an antidepressant: exploring its therapeutic potential. In: Front Psychiatr. URL: https://www.frontiersin.org/journals/psychiatry/articles/10.3389/fpsyt.2023.1259711/full.

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