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Von der Wiege bis zur Bahre: Wie stark verändert sich der Kalorienverbrauch mit zunehmendem Alter?

Von der Wiege bis zur Bahre: Wie stark verändert sich der Kalorienverbrauch mit zunehmendem Alter?

Als ich in deinem Alter war, konnte ich wie ein Scheunendrescher essen, ohne auch nur ein Gramm zuzulegen“ – diese und ähnliche Aussagen dürften so manchem von uns nicht fremd sein. Entweder, weil wir sie uns selbst schon einmal anhören durften oder aber weil wir inzwischen ein Alter erreicht haben, bei dem es uns sichtlich schwerfällt die unerwünschten Fettpölstchern vom Leibe bzw. der Hüfte zu halten.

Gemeinhin herrscht die Annahme, dass unser Stoffwechsel – also die Rate, mit der unser Körper Energie (Kalorien) verbrennt – mit zunehmendem Alter steigt, irgendwann in den 20ern seinen Zenit erreicht und spätestens ab einem Alter von 30-40 Jahren wieder in den Sinkflug übergeht. Dies, so die Überlegung, sei der Grund dafür, wieso wir in unserem späteren Lebensabschnitt unweigerlich an Gewicht und Körperfett zulegen, sofern wir uns am Esstisch nicht zurückhalten (oder uns im Fitnessstudio vermehrt abstrampeln, um die aufgenommenen Kalorien wieder zu verbrennen).

Nun, diese Annahme werden wir wohl zukünftig verwerfen müssen. Vor einigen Wochen erschien eine brandaktuelle Untersuchung, bei der ein internationales Forscherteam die Veränderung des täglichen Kalorienverbrauchs in ein paar tausend Menschen analysiert hat.

Die große Überraschung?

Unser Stoffwechsel erreicht bereits in den ersten Lebensjahren seinen Zenit, von dem aus er dann in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich abzusinken beginnt, während wir langsam, aber stetig, zu Jugendlichen heranwachsen. Eine Stabilisation tritt etwa ab dem 2. Lebensjahrzehnt ein – und hält bis zum hohen Alter an.

Hintergrund

Ein Großteil der bisherigen, großangelegten (>1.000 Probanden) Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des Energieverbrauchs beim Menschen wird durch die Tatsache limitiert, dass man sich in derartigen Studien entweder auf die basale Stoffwechselrate beschränkt (also die Menge an Kalorien, die ein Mensch bei vollkommener Bettruhe verbrennt („Grundumsatz“) (2)) oder aber mit Schätzwerten arbeitet (3)(4)(5)(6).

Zwar ist es durchaus richtig, dass die basale Stoffwechselrate den größten Anteil am täglichen Kalorienverbrauch einnimmt (typischerweise um die 50-70% herum), allerdings spiegelt dieser Wert nicht den Gesamt-Energieverbrauch wider: Sitzen, stehen, gehen – jede Art der körperlichen Aktivität trägt zu einer Steigerung des Energieverbrauchs bei, was bei sehr aktiven Menschen (z.B. Sportlern oder Individuen, die einem Beruf nachgehen, wo körperlich schwer gearbeitet wird) zu einem Mehrverbrauch von hunderten bis tausenden Extra-Kalorien führen kann (7).

Der Einsatz von doppelt markiertem Wasser („doubly labelled water“) gilt aktuell als die Goldstandard-Methode zur Ermittlung des täglichen Kalorienverbrauchs. Hierbei handelt es sich um einen Urin-Test, bei dem ein Mensch Wasser trinkt, in dem der darin enthaltene Wasser- und Sauerstoff gegen natürlich vorkommende „schwere“ Versionen (Isotope) ausgetauscht wurde. Im Anschluss wird gemessen, wie schnell diese Elemente wieder auf dem Körper ausgeschieden werden. Das Problem bei solchen Studien ist jedoch, dass diese häufig – aufgrund der Komplexität, den damit verbundenen Kosten und der geografischen Umstände – in der Stichprobengröße limitiert sind (< 600 Probanden) (8)(9)(10)(11).

Erschwerend kommt hinzu, dass sich Körperkomposition, Körperumfang und die körperliche Aktivität im Lebensverlauf verändert, so dass es in der Praxis schwierig ist, den genauen Kalorienverbrauch eines Menschen (oder besser gesagt: vieler Menschen) genau zu bestimmen (12)(13).

Hier kommt die kürzlich veröffentlichte Publikation von Pontzer et al. (2021) ins Spiel…

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der September 2021 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um alle bisherigen Editorial-Beiträge zu lesen.

Von der Wiege bis zur Bahre: Wie stark verändert sich der Kalorienverbrauch mit zunehmendem Alter?

Was haben die Forscher herausgefunden?

Pontzer, der am Pennington Biomedical Research Center tätig ist, schloss sich zusammen mit drei seiner Kollegen einer internationalen Riege an Forschern an, um umfassendes Datenmaterial zur Analyse des durchschnittlichen Kalorienverbrauchs zu kompilieren (1).

Zusammen schaffte es das Team die Daten von insgesamt 6.421 Individuen (64% Frauen, 36% Männer) zu untersuchen, deren Alter von wenigen Tagen (der jüngste Proband war 8 Tage alt) bis zum hohen Alter (der älteste Proband war 95 Jahre alt) reichte und die sich sage und schreibe 29 Länder verteilten, zu untersuchen (14).

Die Messung des Gesamt-Energieverbrauchs der Probanden wurde auf Basis von Isotopenmessungen durchgeführt, bei der man eine einzige, validierte Gleichung verwendete (15). Die Wissenschaftler hatten Zugriff auf Messdaten zum Grundumsatz von 2.008 Individuen, die mittels indirekter Kalorimetrie evaluiert wurden und erweiterte diese durch zusätzliche Datensätze in Neugeborenen, Schwangeren und Frauen nach der Schwangerschaft.

Die erste Phase

Das Forscherteam identifizierte bei ihrer Analyse kritische Lebensphasen, in denen sich der Kalorienverbrauch veränderte. Die erste Phase wurde bei Neugeborenen im Alter von bis zu 1 Jahr identifiziert, deren größenbereinigter Energieverbrauch auf einem ähnlichen Niveau lag, wie bei Erwachsenen. Dieser größenbereinigte Gesamtverbrauch lag bei 99,0 ± 17,2 % (n = 35 Probanden), wobei ein Basalverbrauch von 78,1 ± 15,0 % (n = 34 Probanden) ermittelt wurde.

Die Forscher schreiben, dass beide Werte im ersten Lebensjahr rapide anstiegen – und zwar um 84,7 ± 7,2 % pro Jahr (von der Geburt bis zu einem Haltepunkt* bei 0,7 Jahren). Man stellte außerdem fest, dass beide Messgrößen bei Individuen im Alter zwischen 9 – 12 Monaten – im Vergleich zu Erwachsenen – um ~50% erhöht waren.

*Der Haltepunkt beschreibt sozusagen einen „Break-Even“-Point“.

Die zweite Phase

Die zweite Phase wurde bei Kleinkindern und Jugendlichen im Alter von 1-20 Jahren festgestellt. Sowohl Gesamt- als auch Grundumsatz stiegen in diesem Altersabschnitt, zusammen mit der fettfreien Masse, an, während der größenbereinigte Gesamtverbrauch mit einer Rate von -2,8 ± 0,1 % pro Jahr (von 147,8 ± 22,6 % bei Personen im Alter von 1 bis 2 Jahren auf 102,7 ± 18,1 % bei Personen im Alter von 20 bis 25 Jahren) sank.

Der nächste Haltepunkt wurde bei einem Alter von 20,5 Jahren erreicht, wo sich der Gesamt-Energieverbrauch auf einem „Erwachsenen-Niveau“ einpendelte. Ein ähnlicher Sachverhalt konnte beim Basal-Energieverbrauch beobachtet werden.

Interessant ist hierbei vor allem, dass mit Beginn der Pubertät (10-15 Jahre) keine signifikante Veränderung beider Größen stattfand (was z.B. der gängigen Annahme widerspricht, dass Jugendliche, die in die Pubertät kommen, einen gesteigerten Energiebedarf aufgrund ihres Wachstums haben).

Männliche Individuen wiesen im Schnitt höhere Werte für Grund- und Gesamtumsatz auf, allerdings hatte das Geschlecht keinen nachweisbaren Einfluss auf die Rückgangsrate beim Gesamt-Energieverbrauch mit zunehmendem Alter.

Gesamten-Energieverbrauch (TEE) im Verlauf des menschlichen Lebens: (A) Der TEE steigt mit der fettfreien Masse (FFM) in einer Potenzgesetzform an, aber die Altersgruppen gruppieren sich unterschiedlich um die Trendlinie. Die schwarze Linie zeigt TEE = 0,677FFM0,708. Bestimmungskoeffizient (R2) = 0,83; P < 0,0001 (Tabelle S2). (B) Der Gesamt-Energieverbrauch steigt in der Kindheit an, ist im Erwachsenenalter stabil und nimmt im Alter ab. Dargestellt sind die Mittelwerte ± SD für die Alters- und Geschlechtskohorten. (C) Die Mittelwerte der Kohorten nach Alter und Geschlecht zeigen eine deutliche Progression des Gesamtverbrauchs und der fettfreien Masse im Laufe des Lebens. (D) Neugeborene, Jugendliche und Erwachsene weisen unterschiedliche Beziehungen zwischen fettfreier Masse und Ausgaben auf. Die gestrichelte Linie, die aus der Regression für Erwachsene extrapoliert wurde, entspricht in etwa der Regression, die zur Berechnung der bereinigten Gesamtausgaben verwendet wurde. (Bildquelle: Pontzer et al., 2021)

Gesamten-Energieverbrauch (TEE) im Verlauf des menschlichen Lebens: (A) Der TEE steigt mit der fettfreien Masse (FFM) in einer Potenzgesetzform an, aber die Altersgruppen gruppieren sich unterschiedlich um die Trendlinie. Die schwarze Linie zeigt TEE = 0,677FFM0,708. Bestimmungskoeffizient (R2) = 0,83; P < 0,0001 (Tabelle S2). (B) Der Gesamt-Energieverbrauch steigt in der Kindheit an, ist im Erwachsenenalter stabil und nimmt im Alter ab. Dargestellt sind die Mittelwerte ± SD für die Alters- und Geschlechtskohorten. (C) Die Mittelwerte der Kohorten nach Alter und Geschlecht zeigen eine deutliche Progression des Gesamtverbrauchs und der fettfreien Masse im Laufe des Lebens. (D) Neugeborene, Jugendliche und Erwachsene weisen unterschiedliche Beziehungen zwischen fettfreier Masse und Ausgaben auf. Die gestrichelte Linie, die aus der Regression für Erwachsene extrapoliert wurde, entspricht in etwa der Regression, die zur Berechnung der bereinigten Gesamtausgaben verwendet wurde. (Bildquelle: Pontzer et al., 2021)

Die dritte Phase

Eine dritte Phase des täglichen Kalorienverbrauchs umfasst die Jahre 20-60 Jahre. Fettfreie Masse, sowie Grund- Gesamtumsatz verblieben in diesem Lebensabschnitt weitestgehend stabil.

Das Geschlecht zeigte in den durchgeführten, multivariaten Modellen mit fettfreier Masse und Fettmasse keinen Einfluss auf den Gesamt-Energieverbrauch und die bereinigten Messgrößen blieben auch während der Schwangerschaft stabil – was im Grunde genommen nur bedeutet, dass der Energieverbrauch bei Schwangeren nicht stärker anstieg, als man es durch die Zunahme an fettfreier Masse und Fettmasse hätte erwarten können.

Die Wissenschaftler identifizierten einen Haltepunkt bei 63 Jahren – bei Probanden, welche dieses Alter erreichten, begann der bereinigte Gesamt-Energieverbrauch zu sinken. Im Falle des Basal-Energieverbrauchs wurde dieser Punkt zwar etwas früher erreicht (46,5, 95 % KI: 40,6, 52,4), allerdings konnten die Forscher aufgrund der relativ geringen Anzahl an Basalmessungen keinen genauen „Break-Even“-Point ermitteln.

Fettfreie Masse und fettmassenbereinigte Verbrauchsgrößen im Laufe des Lebens: Dargestellt sind die Mittelwerte der einzelnen Probanden und der Alters- und Geschlechtskohorte ± SD. Sowohl für (A) den Gesamt-Energieverbrauch (bereinigte TEE), als auch für (B) den Basal-Energieverbrauch (bereinigte BEE) beginnt der bereinigte Verbrauch in der Nähe des Erwachsenenniveaus (~100 %), steigt aber im ersten Jahr schnell auf ~150 % an. Der bereinigte Verbrauch sinkt im Alter von etwa 20 Jahren auf das Niveau von Erwachsenen und nimmt dann bei älteren Erwachsenen wieder ab. Die Basisausgaben für Säuglinge und Kinder, die nicht in der DLW-Datenbank enthalten sind, sind in grau dargestellt. (C) Schwangere Mütter weisen einen bereinigten Gesamt- und Grundausgaben auf, der denen von Erwachsenen ähnelt, die sich nicht fortpflanzen (Pre = vor der Schwangerschaft; Post = 27 Wochen nach der Entbindung). (D) Segmentierte  Regressionsanalyse des bereinigten Gesamtverbrauchs (rot) und des bereinigten Basalverbrauchs (schwarz) (berechnet als Anteil am Gesamtverbrauch, Adj. BEETEE) zeigt eine Spitze im Alter von ~1 Jahr, ein Erwachsenenniveau im Alter von ~20 Jahren und einen Rückgang im Alter von ~Alter von 60 Jahren. (Bildquelle: Pontzer et al., 2021)

Fettfreie Masse und fettmassenbereinigte Verbrauchsgrößen im Laufe des Lebens: Dargestellt sind die Mittelwerte der einzelnen Probanden und der Alters- und Geschlechtskohorte ± SD. Sowohl für (A) den Gesamt-Energieverbrauch (bereinigte TEE), als auch für (B) den Basal-Energieverbrauch (bereinigte BEE) beginnt der bereinigte Verbrauch in der Nähe des Erwachsenenniveaus (~100 %), steigt aber im ersten Jahr schnell auf ~150 % an. Der bereinigte Verbrauch sinkt im Alter von etwa 20 Jahren auf das Niveau von Erwachsenen und nimmt dann bei älteren Erwachsenen wieder ab. Die Basisausgaben für Säuglinge und Kinder, die nicht in der DLW-Datenbank enthalten sind, sind in grau dargestellt. (C) Schwangere Mütter weisen einen bereinigten Gesamt- und Grundausgaben auf, der denen von Erwachsenen ähnelt, die sich nicht fortpflanzen (Pre = vor der Schwangerschaft; Post = 27 Wochen nach der Entbindung). (D) Segmentierte  Regressionsanalyse des bereinigten Gesamtverbrauchs (rot) und des bereinigten Basalverbrauchs (schwarz) (berechnet als Anteil am Gesamtverbrauch, Adj. BEETEE) zeigt eine Spitze im Alter von ~1 Jahr, ein Erwachsenenniveau im Alter von ~20 Jahren und einen Rückgang im Alter von ~Alter von 60 Jahren. (Bildquelle: Pontzer et al., 2021)

Die vierte Phase

Die vierte (und letzte) Phase wurde bei älteren Erwachsenen mit einem Alter von über 60 Jahren gefunden. Ab diesem Zeitraum gehen sowohl der Gesamt- als auch der Grundumsatz in den Sinkflug über, wobei eine Rückgangsrate von -0,7 ± 0,1 % pro Jahr ermittelt wurde.

Die Wissenschaftler merken an, dass der sinkende Kalorienverbrauch jedoch nicht nur alleine auf den Rückgang von fettfreier Masse und Fettmasse zurückzuführen zu sein scheint.

Hoch betagte Individuen (+90 Jahre) wiesen demnach einen um ~26% reduzierten Kalorienverbrauch, im Vergleich zu Erwachsenen mittleren Alters, auf.

Modellierung des Beitrags der körperlichen Aktivität und des gewebespezifischen Stoffwechsels zum täglichen Verbrauch. (A) Der beobachtete Gesamtverbrauch (TEE; rot), Basalverbrauch (BEE; schwarz) und Aktivitätsverbrauch (AEE; grau) zeigen altersbedingte Schwankungen in Bezug auf die fettfreie Masse (Abb. 1C), die auch in den bereinigten Werten (Abb. 2D) deutlich werden. (B) Diese Alterseffekte treten in Modellen, die von einer konstanten körperlichen Aktivität (PA; grün) und gewebespezifischen Stoffwechselrate (TM; schwarz) über den Lebensverlauf ausgehen, nicht auf. (C) Wenn die körperliche Aktivität und der gewebespezifische Stoffwechsel den aus der Beschleunigungsmessung bzw. dem bereinigten Grundumsatz ersichtlichen Trajektorien im Lebensverlauf folgen, sind die Modellergebnisse ähnlich wie der beobachtete Verbrauch. (Bildquelle: Pontzer et al., 2021)

Modellierung des Beitrags der körperlichen Aktivität und des gewebespezifischen Stoffwechsels zum täglichen Verbrauch. (A) Der beobachtete Gesamtverbrauch (TEE; rot), Basalverbrauch (BEE; schwarz) und Aktivitätsverbrauch (AEE; grau) zeigen altersbedingte Schwankungen in Bezug auf die fettfreie Masse (Abb. 1C), die auch in den bereinigten Werten (Abb. 2D) deutlich werden. (B) Diese Alterseffekte treten in Modellen, die von einer konstanten körperlichen Aktivität (PA; grün) und gewebespezifischen Stoffwechselrate (TM; schwarz) über den Lebensverlauf ausgehen, nicht auf. (C) Wenn die körperliche Aktivität und der gewebespezifische Stoffwechsel den aus der Beschleunigungsmessung bzw. dem bereinigten Grundumsatz ersichtlichen Trajektorien im Lebensverlauf folgen, sind die Modellergebnisse ähnlich wie der beobachtete Verbrauch. (Bildquelle: Pontzer et al., 2021)

Abschließende Worte

Keine Ahnung, wie es dir nun ergeht, aber nach meinem Empfinden liefert uns die neue Untersuchung von Pontzer et al. (2021) zahlreiche spannende Erkenntnisse (und mit Sicherheit auch genug Zündstoff für zukünftige Diskussionen).

Der tägliche Energieverbrauch steigt in den ersten 12 Monaten unseres Lebens massiv an und erreicht im Alter von einem Jahr einem Kalorienverbrauch, der (größenbereinigt) etwa 150% so hoch liegt, wie bei einem Erwachsenen.

Ein solches Ergebnis ist zwar angesichts der Tatsache, dass Kinder in diesem Alter ihr Körpergewicht nahezu verdreifachen, keine allzu große Überraschung, allerdings führen die beteiligten Forscher an, dass ein solcher Energieverbrauch nicht allein durch die Körpergröße und -komposition zu erklären ist. Dieser Umstand könnte auch erklären, wieso Kinder, die in diesem Lebensabschnitt nicht genug zu essen bekommen, eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit aufweisen.

Nach dem anfänglichen „Boost“ verringert sich der tägliche Kalorienverbrauch mit zunehmendem Alter um etwa 3% im Jahr – und steigt auch während der Pubertät nicht sprunghaft an – bis er sich zu Beginn des 2. Lebensjahrzehnts stabilisiert. Dieses Niveau hält der Körper dann bis ins hohe Alter, also etwa bis zum 6. Lebensjahrzehnt, und reduziert sich anschließend um 0,7% pro Jahr, was dazu führt, dass der Stoffwechsel eines 90-jährigen „nur“ um zirka 26% niedriger liegt, als bei einem gesunden Erwachsenen mittleren Alters.

Zwar erwähnen die Forscher, dass der Verlust von Muskelmasse (und ggf. auch allgemein Körpermasse, inkl. Fett) zu dem Rückgang beiträgt, diesen allerdings nicht vollständig erklärt. Aber du kennst sicherlich meine Meinung zu dem Thema – ich vertrete die Ansicht, dass wir keine Opfer der Umstände sind und dass ein zielgerichtetes körperliche Training, welches auf den Erhalt von funktionaler Muskulatur ausgelegt ist, nicht nur dafür sorgt, dass wir unsere Körperkomposition auch bis ins hohe Alter so gut es geht erhalten und uns so die Autonomie und Lebensqualität bewahren, die wir im Zuge eines gesunden Lebensstils redlich verdient haben.

Und falls dir das nächste Mal jemand mit der Ausrede kommt, dass er „früher“ auch einen „schnellen Stoffwechsel“ hatte, so dass er nie zugenommen hat, dann weißt du Bescheid. Sofern die Person nicht gerade +60 Jahre alt ist, dürfte an der Behauptung nicht sonderlich viel dran sein.

Doch wer weiß, was uns die Wissenschaft in nicht allzu ferner Zukunft noch lehren wird…

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

Primärliteratur

(1) Pontzer, H., et al. (2021): Daily energy expenditure through the human life course. In: Science. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34385400/.

Sekundärliteratur

(2) Henry, CK. (2005): Basal metabolic rate studies in humans: measurement and development of new equations. In: Public Health  Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16277825/.

(3) Ohne Autorenangabe (2005): Human energy requirements: report of a joint FAO/ WHO/UNU Expert Consultation. In: Food Nutr Bull. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15810802/.

(4) Westerterp, KR., et al. (1984): Measurement of Energy Expenditure Using Doubly Labelled Water. In: Int J Sports Med. URL: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-2008-1025957.

(5) Klein, PD., et al. (1984): Calorimetric validation of the doubly-labelled water method for determination of energy expenditure in man. In: Hum Nutr Clin Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/6423577/.

(6) Speakman, J. (1997): Doubly Labelled Water. Theory and Practice. Springer Velrag. URL: https://www.springer.com/gp/book/9780412637803.

(7) Minichowski, DN. (2019): Energieverbrauch im Alltag (NEAT): Verbrennen schlanke Individuen mehr Kalorien, als Übergewichtige? In: Metal Health Rx: 08/2019. URL: https://patreon.aesirsports.de/energieverbrauch-im-alltag-neat-verbrennen-schlanke-individuen-mehr-kalorien-als-uebergewichtige/.

(8) Black, AE., et al. (1996): Human energy expenditure in affluent societies: an analysis of 574 doubly-labelled water measurements. In: Eur J Clin Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/8641250/.

(9) Dugas, LR., et al. (2011): Energy expenditure in adults living in developing compared with industrialized countries: a meta-analysis of doubly labeled water studies. In: Am J Clin Nutr. URL: https://academic.oup.com/ajcn/article/93/2/427/4597724.

(10) Pontzer, H., et al. (2016): Constrained Total Energy Expenditure and Metabolic Adaptation to Physical Activity in Adult Humans. In: Curr Biol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26832439/.

(11) Speakman, JR. / Westerterp, KR. (2010): Associations between energy demands, physical activity, and body composition in adult humans between 18 and 96 y of age. In: Am J Clin Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20810973/.

(12) Butte, NF. (2000): Fat intake of children in relation to energy requirements. In: Am J Clin Nutr. URL: https://academic.oup.com/ajcn/article/72/5/1246s/4730027.

(13) Cheng, HL. / Amatoury, M. / Steinbeck, K. (2016): Energy expenditure and intake during puberty in healthy nonobese adolescents: a systematic review. In: Am J Clin Nutr. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27629054/.

(14) Speakman, JR., et al. (2019): The International Atomic Energy Agency International Doubly Labelled Water Database: Aims, Scope and Procedures. In: Karger. URL: https://www.karger.com/Article/Abstract/503668.

(15) Speakman, JR., et al. (2021): A standard calculation methodology for human doubly labeled water studies. In: Cell Rep Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/labs/pmc/articles/PMC7897799/.

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