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Orale Verhütungsmittel & Muskelaufbau: Beeinträchtigt die Pille deine Fortschritte beim Training?

Orale Verhütungsmittel & Muskelaufbau: Beeinträchtigt die Pille deine Fortschritte beim Training?

Der Einsatz oraler Verhütungsmittel ist unter sexuell aktiven Frauen weit verbreitet. Laut einer repräsentativen Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zählt die Pille im Jahr 2019 mit 47% zu den bevorzugten Verhütungsmethoden der Deutschen – und liegt damit sogar noch vor dem Gebrauch von Kondomen (46%) (16).

Zudem sind hormonelle Kontrazeptiva unter weiblichen Elite-Sportlern sehr populär, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Dänemark nahelegt (17). Von den befragten, dänischen Spitzensportlerinnen gaben 57% an, eine Form von oralen Verhütungsmitteln zu nutzen, um ihren Menstruationszyklus durch eine kontinuierliche Einnahme zu beeinflussen.

Synthetisches Östrogen (Ethinylestradiol / Ethinyl-Östrogen (EE)) und Progesteron (Progestin) sind dazu in der Lage die körpereigene Produktion dieser Hormone zu unterdrücken und zu ersetzen. Es ist bekannt, dass die Skelettmuskulatur über entsprechende Östrogen- und Progesteron-Rezeptoren verfügt, so dass angenommen werden kann, dass endogenes (= körpereigenes) und exogenes (= synthetisch zugeführtes) Östrogen bzw. Progesteron auf das Muskelgewebe einwirkt (18)(19). Die exakten Auswirkungen hormoneller Kontrazeptiva auf die Muskulatur konnten bis dato allerdings noch nicht eindeutig geklärt werden.

  • Procter-Gray et al. (2008) zeigten in ihrem randomisierten, kontrollierten Experiment mit weiblichen Ausdauerathleten, dass die Einnahme oraler Verhütungsmittel mit einem Zuwachs an fettfreier Magermasse – in Relation zur Kontrollgruppe – einhergeht (20).
  • Kraftsporterfahrene Frauen, die orale Verhütungsmittel verwendeten, konnten den Magermassegehalt nach einem 8-wöchigen Widerstandstraining signifikant steigern, während eine ähnliche Entwicklung in Frauen, die keine oralen Verhütungsmittel verwendeten, in einer anderen Untersuchung nicht beobachtet werden konnte (21).
  • Zusätzliche Daten zeigen, dass untrainierte Frauen, die hormonelle Kontrazeptiva der 3. Generation einnehmen, eine stärkere Reaktion auf ein 10-wöchiges Widerstandstraining zeigen, als untrainierte Frauen, die keine oralen Verhütungsmittel einnehmen (22). Die Effekte hormoneller Kontrazeptiva der 2. Generation scheinen dagegen weniger ausgeprägt zu sein (deuten allerdings immer noch auf einen positiven Trend hin (23).
  • Die kürzlich veröffentlichte Arbeit von Wallner et al. (2019) demonstrierte in einem in Vitro Versuch eine positive Wirkung durch Ethinyl-Östrogen und Progestin (Dienogest) in physiologischen Konzentrationen auf die Ausdifferenzierung von menschlichen Muskelzellen und das myogene Potenzial, was die Annahme stützt, wonach orale Verhütungsmittel einen anabolen Effekt besitzen könnten (24).

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht bekannt, inwiefern die für Muskelaufbau relevanten Signalpfade durch den Gebrauch von oralen Verhütungsmitteln beeinflusst werden. Zudem stellt sich die Frage, inwiefern die alleinige Gabe von Ethinyl-Östrogen bzw. die Kombination zwischen Ethinyl-Östrogen und Progestin die regulatorischen Proteine anders beeinflusst, als die körpereigenen, weiblichen Hormone.

Tierexperimentelle Versuche (an Nagetieren) deuten jedoch darauf hin, dass die Gabe von Östrogen dazu in der Lage ist, das proteolytische System (= Abbau von Proteinen) und anti-entzündliche Reaktionen zu modulieren, was zu einer verbesserten Erholung bei Muskelschäden beitragen könnte (25)(26)(27)(28). Es konnte außerdem demonstriert werden, dass Östrogen in solchen Versuchsreihen zu einer verstärkten Expression von myogenen Regulationsfaktoren (MRFs) führt und die Aktivierung und Differenzierung von myogenen Stammzellen (SCs) durch eine Aktivierung der Östrogen-Rezeptoren (ERα, ERβ) und den Akt/p38 MAPK-Signalpfad erhöht (29)(30). Studien in post-menopausalen Frauen, die eine Hormon-Therapie absolvieren, zeigen erhöhte mRNA-Konzentrationen an myogenen Regulationsfaktoren (u.a. MyoD, Myogenin, MYF5 und MRF4), sowie eine stärkere Unterdrückung proteolytischer Marker (u.a. FOXO3, MURF-1 und Myostatin), im Vergleich zu Frauen, die keine solche Hormon-Therapie durchlaufen haben (31)(32).

Damit gelangen wir auch zum Kernthema dieses Beitrags. In einer top-aktuellen Untersuchung wollten Wissenschaftler herausfinden, wie sich die Einnahme eines oralen Verhütungsmittels auf die Regulationspfade der Skelettmuskulatur im Zuge eines Widerstandstrainings in untrainierten Frauen auswirkt.

Lass‘ uns also einen näheren Blick auf diese Arbeit werfen, die uns womöglich eine Antwort auf die Frage liefern kann, inwiefern orale Kontrazeptiva die Fortschritte, die du im Gym machst, beeinträchtigen könnte. (...)


Dieser Artikel erschien in der 12/2021 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / EdZbarzhyvetsky


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