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Post-Workout Shake: Sind Kohlenhydrate wirklich notwendig?

Post-Workout Shake: Sind Kohlenhydrate wirklich für die Maximierung der Proteinsynthese erforderlich?

Seit jeher suchen Kraftsportler, Bodybuilder und all jene, die darauf aus sind Muskeln aufzubauen, nach der optimalen Post-Workout Formel, um den größtmöglichen Nutzen aus der investierten Zeit ins Training herauszuholen.

Auch wenn wir spätestens seit dem Review von Aragon und Schoenfeld wissen, dass das „anabole Fenster“ viel eher einem „anaboles Scheunentor“ gleicht (4), bei dem es vielmehr über die Proteinzufuhr über einen ausgedehnten Zeitraum (z.B. 24 Stunden) ankommt, so lässt es sich doch nicht leugnen, dass so ein schmackhafter Protein-Shake nach dem Training für viele wunderbar in den Alltag passt und eine leckere Belohnung für die harten Mühen darstellt. Entgegen der landläufigen Meinung musst du allerdings nicht kurz nach Beenden des letzten Satzes wie vom wilden Affen gebissen in die Umkleidekabine stürmen, „um deine gains zu sichern“.

Zwar setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis fest, dass es eher auf eine langfristig gedeckte Proteinzufuhr ankommt, wenn man Muskeln erhalten bzw. aufbauen möchte, doch kann es auch nicht schaden, wenn man in der Post-Workout Phase darauf achtet dem gesteigerten Energie- und Nährstoffbedürfnis des Körpers gerecht zu werden.

Diejenigen, die zu Proteinpulvern greifen, stellen sich oftmals auch die Frage, ob Kohlenhydrate in dem Post-Workout Shake enthalten sein sollten, oder nicht.

Die Antwort hierauf dürfte insbesondere für jene interessant sein, die aufgrund ihrer restlichen Ernährung (z.B. weil sie sich lowcarb oder ketogen ernähren) generell auf (kurzkettige) Kohlenhydrate verzichten und darüber fachsimpeln, ob ihnen dadurch irgendwelche Vorteile flöten gehen.

Post-Workout Shake: Sind Kohlenhydrate wirklich für die Maximierung der Proteinsynthese erforderlich?

Befürworter von kurzkettigen Kohlenhydraten (z.B. Maltodextrin/Dextrose oder Wachsmaisstärke) argumentieren sehr häufig damit, dass die Kombination von schnell-verdaulichem Protein und einfachen Kohlenhydraten zu einem viel stärkeren Insulinausstoß führt, als die Gabe von Protein (z.B. Whey) alleine.

Nun gilt Insulin als das anabole Hormon schlechthin, wobei der positive Einfluss auf die Muskulatur vornehmlich dem anti-katabolen Effekt des Speicherhormons geschuldet ist (Insulin hemmt den Proteinabbau), der unter dem Strich zu einer positiven Stickstoffbilanz beiträgt.

Dieser Effekt lässt sich allerdings nur durch die Kombination mit Protein erreichen; Kohlenhydrate alleine bewirken dies nicht (5), weshalb es in der Regel nicht besonders ratsam wäre, wenn man sich einen reinen Kohlenhydrat-Shake nach dem Training genehmigen würde.

Sind Kohlenhydrate also ein Muss, um in den Genuss der maximalen Effekte zu gelangen?

Whey maximiert die Proteinsynthese

Nicht unbedingt. Staples et al. (2011) untersuchten in ihrem Experiment zwei Szenarien, wobei man den Probanden (junge Männer, Durchschnittsalter: 23 Jahre) nach dem Training entweder 25g Whey alleine oder eine Mischung aus 25g Whey und 50g Kohlenhydraten (in Form von Maltodextrin) verabreichte (3).

Zwar sorgten die Kohlenhydrate im Shake dafür, dass die Insulinkonzentration um das 5-fache angestiegen ist – also im Vergleich zu 25g Whey alleine – allerdings führte ihr Beisein zu keinerlei Vorteilen, wenn man sich die Proteinsynthese (MPS), die Proteinabbaurate (MPB) oder den Blutzufluss genauer ansah (3).

Die Kombination aus Protein und Kohlenhydraten führt zu einem merklichen Anstieg des Blutzuckers und der Insulinkonzentration bei identischer Konzentration essenzieller Aminosäuren (EAAs) im Blut. Heißt das jetzt, dass die Kombi anaboler ist, als Protein alleine?(Bildquelle: Staples et al, 2011)

Die Kombination aus Protein und Kohlenhydraten führt zu einem merklichen Anstieg des Blutzuckers und der Insulinkonzentration bei identischer Konzentration essenzieller Aminosäuren (EAAs) im Blut. Heißt das jetzt, dass die Kombi anaboler ist, als Protein alleine?(Bildquelle: Staples et al, 2011)

Dies lässt vermuten, dass die alleinige Gabe von Protein (in diesem Falle Whey) einen ausreichenden Stimulus liefert, um die Proteinsynthese in jungen Männern zu maximieren* (dies gilt im Übrigen auch für Sojaprotein, jedoch nicht für Casein (1)).

*bei älteren Individuen sind höhere Mengen vonnöten (30-40g), um die Proteinsynthese zu maximieren (6);  Das Stichwort lautet hierbei  “anabole Resistenz“.

Kohlenhydrate scheinen deswegen nicht notwendig zu sein, weil die obigen Proteine zu einem leichten Insulinausstoß beitragen, der bereits ausreichend ist, um den Aufbau von Proteinen anzuschieben.

Tatsächlich zeigten Greenhaff et al. (2008) dass…

  • …eine Konzentration von *5 µU ml-1 ausreichend ist, um die Muskelproteinsynthese (MPS) maximal zu stimulieren (2).
  • …eine Konzentration von 30 µU ml-1 ausreichend ist, um den Abbau von Muskelprotein (MPB) maximal zu hemmen (2).

* Eine Insulinkonzentration von 5 µU ml-1 entspricht in etwa der Menge an Insulin, die im Körper zirkuliert, wenn du nüchtern bist, d.h. wenn keine Nahrung verdaut wird.

Whey hemmt (auch) die Proteinabbaurate

Bei der bereits erwähnten Untersuchung von Staples et al. (2011) führte die alleinige Aufnahme von Whey zu einer Insulinspitzenkonzentration von ~19 µU ml-1, sowie einer durchschnittliche Konzentration, die bei ~11 µU ml-1 lag (3).

Zwar fiel der Insulin- & Glukosespiegel bei der Kombi von Protein und Kohlenhydraten wesentlich stärker aus (Bild 1), allerdings gab es keinerlei Unterschiede in Sachen Blutfluss (Bild 2) und – was noch wesentlich wichtiger ist – in der Proteinabbaurate (Bild 3).

   Wenn es um eine Verbesserung der Durchblutung (und damit dem Nährstofftransport) geht, scheinen beide Strategien gleich gut zu sein.(Bildquelle: Staples et al, 2011)

Wenn es um eine Verbesserung der Durchblutung (und damit dem Nährstofftransport) geht, scheinen beide Strategien gleich gut zu sein.(Bildquelle: Staples et al, 2011)

Kohlenhydrate im PWO-Shake sollen zu einer Insulinausschüttung führen und damit den trainingsinduzierten Katabolismus beenden. Studien aus der Praxis zeigen jedoch, dass Kohlenhydrate in diesem Zeitfenster keinen Vorteil hinsichtlich Proteinsynthese (MPS) und Proteinabbaurate (MPB) liefern, sofern eine effektive Menge an schnellverdaulichem, leucinreichen Protein zugeführt wird.(Bildquelle: Staples et al, 2011)

Kohlenhydrate im PWO-Shake sollen zu einer Insulinausschüttung führen und damit den trainingsinduzierten Katabolismus beenden. Studien aus der Praxis zeigen jedoch, dass Kohlenhydrate in diesem Zeitfenster keinen Vorteil hinsichtlich Proteinsynthese (MPS) und Proteinabbaurate (MPB) liefern, sofern eine effektive Menge an schnellverdaulichem, leucinreichen Protein zugeführt wird.(Bildquelle: Staples et al, 2011)

Das heißt: Die Proteinsynthese konnte maximiert und die Proteinabbaurate minimiert werden … nur durch 25g Whey Protein!

Für die Praxis

Für die maximale Stimulation der Proteinsynthese und Hemmung der Proteinabbaurate sind Kohlenhydrate nach aktuellem Kenntnisstand nicht vonnöten.

Zwar sorgt die Kombination von Proteinen und Kohlenhydraten für eine Potenzierung der Insulinausschüttung, die gerne fälschlicherweise auch mit einer Verbesserung der anabolen Wirkung gleichgesetzt wird, allerdings zeigen die Untersuchungen, dass die Gabe von Whey alleine ausreichend ist, um beide Parameter zu optimieren.

Protein

Wenn es darum geht die Muskelproteinsynthese zu stimulieren, gibt es eine klassische Dosis-Wirkung-Beziehung, d.h. mehr Protein führt in der Regel zu einer stärkeren Stimulation der MPS – bis zu einem gewissen Grad. Wird die maximale Stimulation erreicht, spricht man vom sogenannten „muscle full effect“.

Eine Zufuhr darüber hinaus bringt keinen Mehrwert in Sachen Proteinsynthese. Das ist in etwa so, als wenn du den Wasserhahn voll aufdrehst: Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem nicht mehr Wasser rausschießt, obwohl du weiter drehst. Aber wie viel Protein solltest du in deinen Shake tun, um die Proteinsynthese voll zu stimulieren?

Im Wesentlichen kommt es hierbei auf 2 Faktoren an: Die Leucin-Konzentration (Leucin aktiviert die Proteinsynthese mittels mTOR) sowie die EAA-Konzentration (alle essenziellen Aminosäuren sind erforderlich, um die Proteinsynthese am Laufen zu halten).

Whey bietet den besonderen Vorteil, als dass es sowohl reich an Leucin als auch reich an EAAs ist. Solltest du auf Whey zurückgreifen, solltest du folgende Dosierung anstreben, um die Synthese zu maximieren:

  • Männer: 0,3g Protein pro Kilogramm Magermasse pro Zeitpunkt (1).
  • Frauen: 0,21g Protein pro Kilogramm Magermasse pro Zeitpunkt (1).

Mit zunehmendem Alter sollte die Zufuhr nach oben korrigiert werden, um der anabolen Resistenz Rechnung zu tragen.

  • Für ältere Männer wäre demnach eine Zufuhr von 0,4-0,5g Protein pro Kilogramm Magermasse pro Zeitpunkt empfehlenswert (bei Frauen entsprechend weniger).

Bedenke: Die Angaben sind pro Kilogramm Magermasse, nicht pro Kilogramm Körpergewicht!

Kohlenhydrate

Kohlenhydrate im Post-Workout Shake sind kein Muss, doch das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass sie wertlos sind. Das Training zehrt weiterhin an den Energiereserven des Körpers (in diesem Fall: Glykogen), welches für körperliche Leistungsfähigkeit unabdingbar ist.

Athleten, die hochfrequent trainieren (z.B. 5-7 Mal in der Woche) und/oder an Wettkämpfen teilnehmen, profitieren eventuell, wenn sie auf Kohlenhydrate im Shake nicht verzichten, um die Resynthese der Glykogenspeicher zu beschleunigen. An dieser Stelle verweise ich  auf einen sehr ausführlichen Artikel, der im Aesir Sports Portal erschienen ist und sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzt.

Schlussendlich sei an dieser Stelle auch erwähnt, dass Kohlenhydrate eine evtl. suboptimale Menge an Protein kompensieren können (suboptimal insofern, als dass die Proteinsynthese nicht maximal stimuliert wird, weil zu wenig Protein zugeführt wurde), da es möglich ist, dass Blutfluss und Aminosäuretransport (und damit auch die intrazelluläre Verfügbarkeit von Aminosäuren) positiv beeinflusst werden (1).

Wenn du deinen Post-Workout Shake bisher mit Kohlenhydraten genossen hast, kannst du es zeitweise ohne probieren (am besten probierst du es in der Diät aus, wenn die Energie ohnehin rationiert werden muss und Kohlenhydrate gekürzt werden). Im Zweifelsfall solltest du bei der Strategie bleiben, mit der du dich am wohlsten fühlst – wie bereits angemerkt, fühlen sich manche Athleten schneller wieder fit und weniger zerstört, wenn sie unmittelbar nach dem Training Kohlenhydrate zuführen.

Das hat aber vermutlich weniger was mit der Proteinsynthese zu tun, sondern hängt eher mit dem niedrigen Blutzuckerspiegel sowie Füllstand der Glykogenreserven nach dem Training zusammen.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

(1) Toigo, M. (2015): Muskel Revolution. Konzepte & Rezepte zum Muskelaufbau. Springer Verlag: Berlin-Heidelberg. S. 165 – 166. Erhältlich auf Amazon.de.

(2) Greenhaff, PL., et al. (2008): Disassociation between the effects of amino acids and insulin on signaling, ubiquitin ligases, and protein turnover in human muscle. In: Am J Physiol Endocrinol Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18577697.

(3) Staples, AW., et al. (2011): Carbohydrate does not augment exercise-induced protein accretion versus protein alone. In: Med Sci Sports Exerc. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21131864.

(4) Aragon, A. & Schoenfeld, BJ. (2013): Nutrient timing revisited: is there a post-exercise anabolic window? In: J J Internat Soc Sports Nutr. URL: https://jissn.biomedcentral.com/articles/10.1186/1550-2783-10-5.

(5) Miller, SL., et al. (2003): Independent and combined effects of amino acids and glucose after resistance exercise. In: Med Sci Sports Exerc. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12618575.

(6) Burd, NA. / Gorissen, SH. / Van Loon, LJ. (2013): Anabolic resistance of muscle protein synthesis with aging. In: Exerc Sport Sci Rev. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23558692.


Bildquelle Titelbild: Fotolia / antondotsenko


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