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Effizientes Training der Hals- und Nackenmuskulatur: Ein praktischer Leitfaden

Effizientes Training der Hals- und Nackenmuskulatur: Ein praktischer Leitfaden

Allgemein wird behauptet, dass die Muskeln im Hals- und Nackenbereich gut wachsen, solange man die komplexen Bewegungen, wie Kreuzheben und vorgebeugtes Rudern, schwer ausführt. Die Forschung stützt diese Behauptung jedoch nicht (1) - ein Umstand, der mich einigermaßen beruhigt.

Warum ich das schreibe?

Nun, jedes Mal, wenn ich Kraftsportler mit extraordinären Hals- und Nackenmuskeln frage, ob sie diese speziell trainieren, erhalte ich gerade diese ominöse „Ich mache Kreuzheben und schweres Rudern“-Aussage. Selbiges trifft auch gerne mal auf Menschen, mit fantastischer Waden- oder Unterarmmuskulatur, zu.

Gesegnete Athletinnen und Athleten scheinen diese störrischen Muskelgruppen ganz nebenbei aufzubauen. Es sei ihnen gegönnt, aber was machen Menschen, wie ich, die eigentlich recht stark sind und eine gute Muskelentwicklung vorweisen können, jedoch Defizite oberhalb der Schultern bis unterhalb der Ohren haben?

Yoke or Joke?

Bis dato glaubte ich, im Prinzip alles gemacht zu haben, was die gängige Krafttrainingspraxis für den Trapezius vorsieht:

  • Shrugs mit der Langhantel
  • Shrugs an der Maschine
  • Shrugs mit Kurzhanteln
  • Overhead Shrugs
  • Rudern und aufrechtes Rudern

…eben alles, was man für die Traps so macht. Die Ergebnisse waren okay – aber ein wichtiger Player fehlt hier: Die Halsmuskulatur. Kein Mensch trainiert direkt die Halsmuskulatur, oder?

Warum eigentlich nicht? Für diejenigen unter euch, die diesen massiven "Yoke-Look"* suchen sollte eines klar sein: Den Trapezius OHNE den Hals zu trainieren ist in etwa so vielversprechend, wie der Versuch, den Oberarmumfang nur über das Bizeps-  und Trizepstraining erhöhen zu wollen OHNE dabei den Brachialis zu berücksichtigen. Aus diesem Grund machen wir schön alle unsere Hammer-Curls. Ausnahmen von meiner wilden These gibt es immer, aber wärst du die Ausnahme, müsstest du nicht nach Auswegen aus deinem Pencil-Neck-Dilemma suchen.

"Yoke" meint im Englischen die Einheit aus einem breiten, muskulösen Hals und hervortretenden Trapezmuskeln, vorrangig der mittlere und obere Teil davon.

Diesen Ausweg kann ich dir bieten – mein Artikel bezieht die aktuellen Erkenntnisse der Forschung, praxiserprobte Übungen und einen sinnvollen, aber nicht überkomplizierten Periodisierungsansatz mit ein, damit du nachhaltige und reproduzierbare Erfolge erzielen kannst.

Aus funktionaler Sicht kannte ich nur eine Gruppe von Athleten, die direkt den Hals trainieren: Kampfsportler. Wer kennt nicht die Videos von Mike Tyson, wie er unzählige Male eine Ringerbrücke (Neck Bridges) mit einem Handtuch unterm Kopf ausführt. Auch MMA-Kämpferinnern und -Kämpfer, Footballer und speziell Autorennfahrer wissen die positiven Eigenschaften eines direkten Halstrainings zu schätzen: Kugelsichere Stabilität vor einem Schleudertrauma, Schutz der Halswirbelsäule und das Abfedern von Kopftreffern.

Aber klar, warum sollte das jemand in einem Fitnessstudio machen? Die Blicke der anderen müsste man erstmal aushalten. Ganz im Gegensatz zum Trapezius-Training: Es gehörte immer schon zum guten Ton eines Pumpers, Shrugs in allen Varianten zu machen – Technik hin oder her – Hauptsache schwer, denn viel hilft viel. So glaubte ich auch. Leider falsch.

Das "Yoke-Paradoxon" lautet also:

"Menschen mit einem großen Yoke praktizieren in der Regel schweres Kreuzheben und Rudern. Schweres Kreuzheben und Rudern sind aber per se nicht der entscheidende Wachstumsfaktor." - Markus Beuter, 2022

Die isometrischen Kontraktionen, die bei diesen Bewegungen zu beobachten sind, aktivieren zwar die Trapezmuskeln, reichen aber möglicherweise nicht aus, um das Wachstum wirklich zu maximieren, da es keine exzentrischen Muskelkontraktion gibt. Außerdem scheint es, dass die Halsmuskulatur nicht mit ausreichender Intensität trainiert wird, um eine signifikante Hypertrophie allein durch herkömmliche Verbundbewegungen hervorzurufen. Nach Conley et al. ist das Hinzufügen direkter Isolationsarbeit im Halsbereich wichtig für den Muskelaufbau.

Das Programm in diesem Leitfaden ist mit einer Vielzahl von Übungen gefüllt, die die Grundprinzipien der Biomechanik und Anatomie nutzen, während verschiedene Belastungsschemata und -muster verwendet werden, um die wöchentlichen Volumenziele zu erreichen.

Anatomie & Funktion

Es ist entscheidend, die biomechanische Funktion des Halses zu verstehen, bevor wir herausfinden können, wie man ihn am besten trainiert. Daher müssen wir uns zunächst kurz mit seiner grundlegenden Anatomie befassen.

Im Rahmen dieses Leitfadens werden wir die Nackenmuskeln separat behandeln, obwohl sie auch im Zusammenspiel mit den anderen Halsmuskeln funktionieren.

Muskulatur der Halses und des Nackens. (Bildquelle: Wikimedia.org / Remesz; CC Lizenz 2.5)Muskulatur der Halses und des Nackens. (Bildquelle: Wikimedia.org / Remesz; CC Lizenz 2.5)

Der kräftigste Muskel an der Vorderseite des Halses ist der Musculus sternocleidomastoideus, ein zweiköpfiger Muskel, der auch die Seite des Halses umspannt, am Brustbein und am Schlüsselbein ansetzt und am Dornfortsatz des Schläfenbeins in der Nähe der Rückseite des Schädels beginnt. Er dient dazu, den Hals nach vorne zu beugen (wie bei einer Halsbeuge), den Hals seitlich zu beugen und den Kopf zu drehen.

An der Seite des Halses befinden sich außerdem drei Skalenus-Muskeln, die an verschiedenen Halswirbeln entspringen und an der ersten und zweiten Rippe ansetzen. Gemeinsam sorgen sie für die seitliche Beugung des Halses. Auf der Rückseite des Nackens ist der größte Muskel der Trapezius, der in drei verschiedene Bereiche unterteilt ist:

  1. Die oberen Traps entspringen am Hinterhauptbein des Hinterkopfes und fächern sich nach außen und unten auf, um am äußeren Teil des Schlüsselbeins anzusetzen. Sie kontrahieren, um in erster Linie das Schulterblatt anzuheben (Elevation), wie beim Achselzucken, aber auch um den Hals zu strecken, zu beugen und zu drehen.
  2. Die Fasern der mittleren Traps verlaufen gerade und kontrahieren, um in erster Linie die Schulterblätter zurückzuziehen (Retraktion), wie bei einem Langhantelrudern, Pull-aparts oder Facepulls.
  3. Die unteren Fasern sorgen für das Absenken und Zurückziehen (Depression) des Schulterblatts.

Alle diese Muskeln arbeiten in der Regel als Einheit, nicht isoliert.

Auf der Rückseite des Halses befinden sich auch die Splenius-Muskeln. Der Splenius capitis ist der größte der beiden Muskeln und ist der Hauptantrieb für die Streckung des Halses. Ein großer Teil des Umfangs, der im Nackenbereich entsteht, ist auf die Hypertrophie dieses Muskels zurückzuführen. Der Splenius cervicis, der ebenfalls den Hals streckt, beugt den Hals seitlich und dreht den Kopf.

Der Levator scapulae ist ein weiterer, kleinerer Muskel, der mit den oberen Traps zusammenarbeitet, um die Schulterblätter anzuheben. Da er tiefer zu den Trap-Fasern verläuft, trägt er nicht so stark zur Vergrößerung des Halses bei.

Es gibt noch viele andere kleinere Muskeln, die im Nacken verlaufen, die zwar funktionell wichtig sind, aber nicht so sehr wie die anderen Muskeln zum Erscheinungsbild einer großflächigen Nackenhypertrophie beitragen, wie z.B. der Semispinalis, Multifidus, Longissimus und andere, die alle dazu beitragen, den Nacken zu strecken, aber wir werden uns in diesem Trainingsleitfaden nicht auf sie konzentrieren.

Muskulatur des Nackens und oberen Rückens. (Bildquelle: Wikimedia.org / OpenStax College; Creative Commons 3.0)

Muskulatur des Nackens und oberen Rückens. (Bildquelle: Wikimedia.org / OpenStax College; Creative Commons 3.0)

Fasertypen

Auch wenn die Faktenlage sehr begrenzt ist, deuten einige Daten darauf hin, dass die Traps bei krafttrainierten Athleten leicht Typ II-dominant sind (1). Dies lässt vermuten, dass (...)


Dieser Artikel erschien in der 07/2022 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: fotolia / Fotokvadrat


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