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Das Gleichgewicht bewahren: Was uns die Psychosomatik über qualitative Ernährung lehren kann

Das Gleichgewicht bewahren: Was uns die Psychosomatik über qualitative Ernährung lehren kann

Die Ernährung aus dem Standpunkt der Psychosomatik zu betrachten ist relativ ungewöhnlich - speziell auch für mich als Ernährungswissenschaftler.

Meist wird das Thema Ernährung ziemlich einseitig beleuchtet. Ob in der Ernährungswissenschaft, in Medienberichten, in sozialen Netzwerken oder im Fitnessstudio – heutzutage, so habe ich den Eindruck, geht es wesentlich mehr um den körperlichen und objektiven Aspekt der Ernährung. Also um den physikalischen Brennwert (kcal), um die biochemisch-optimale Ernährung oder Diät (Nährstoffzusammensetzung und -timing, Leistungsfähigkeit etc.) oder um den präventiven und therapeutischen Nutzen bestimmter Pflanzen(-bestandteile).

  • Schlichtweg geht es um die Frage: „Was esse ich?“
  • Weniger behandelt wird die Frage: „Wie esse ich?“

Der Unterschied zwischen dem „Was“ und dem „Wie“ in Bezug auf die Ernährung wird zunehmend auch von dem Forschungsfeld der Psychosomatik behandelt. Um aber die Sichtweise der Psychosomatik zu verstehen, müssen wir vorab wieder einige Prämissen klären.

Durch die Fokussierung des objektiven Nutzens der Ernährung wird zunehmend der quantitative Aspekt der Lebensmittel in den Vordergrund gerückt. Weniger wird auf die Qualität der Lebensmittel bzw. auf die Beziehung zwischen Mensch und Lebensmittel geachtet. Würde aber tatsächlich darauf geachtet werden, so würden sich plötzlich neuartige Fragen erschließen, die vorher noch nicht behandelt wurden, wie etwa: „Passt das Lebensmittel zu meiner individuellen Situation?“. Andere Fragen, wie z.B. „Welches Lebensmittel ist das Beste?“, würden dann eher in den Hintergrund rücken.

Es fällt uns sehr leicht unsere Nahrung auf das Wesentliche zu reduzieren und eine Art von Tunnelblick zu entwickeln. Ehe du dich versiehst, bewertest du deine Lebensmittel nur noch nach ihrem Kalorien-, Protein-, Kohlenhydrat- und Fettgehalt. Das mag zweifelsohne zweckdienlich sein, aber es ist auch eine stark vereinfachte Form der Bewertung (und Wahrnehmung) all der Dinge, die wir in uns aufnehmen, findest du nicht? (Bildquelle: Fotolia / Rostislav Sashkin)

Es fällt uns sehr leicht unsere Nahrung auf das Wesentliche zu reduzieren und eine Art von Tunnelblick zu entwickeln. Ehe du dich versiehst, bewertest du deine Lebensmittel nur noch nach ihrem Kalorien-, Protein-, Kohlenhydrat- und Fettgehalt. Das mag zweifelsohne zweckdienlich sein, aber es ist auch eine stark vereinfachte Form der Bewertung (und Wahrnehmung) all der Dinge, die wir in uns aufnehmen, findest du nicht? (Bildquelle: Fotolia / Rostislav Sashkin)

Nun gut, du könntest nun entgegnen, dass in den letzten Jahren vermehrt auf die Qualität in der Produktion geachtet wurde, insbesondere auch durch bestimmte Qualitätssiegel. Damit gibt es schon einen Trend in Richtung des Wie wird das Lebensmittel hergestellt?“

Allerdings möchte ich dich dann im Zuge dessen zu einem Selbstexperiment auffordern: Gehe doch mal in einen Bio-Supermarkt und studiere die Menschen, die dort einkaufen (vor allem auch die Mimik). Mir fällt dabei immer auf, dass die Käufer nicht gerade glücklicher wirken, ein Lebensmittel mit so besonderer Qualität einzukaufen, als Käufer, die konventionelle Produkte kaufen. Das Bewusstsein, dass in Lebensmittelläden etwas gekauft wird, was in den kommenden Tagen einverleibt und verdaut werden soll (also ein Teil von dir wird), ist bei den wenigsten wirklich vorhanden.

Zwar wird die Frage nach der Qualität des Lebensmittels gestellt, weniger jedoch die essentielle Frage nach der individuellen Beziehung des Lebensmittels zum Menschen: „Wie esse ich?“

Das Klientel mag sich somit möglicherweise von Supermarkt zu Supermarkt ändern, da z.B. Konsumenten von Bioprodukten gegenüber Käufern von konventionelleren Produkten einen höheren Bildungsgrad und ein stärkeres Einkommen aufweisen (1)(2) – dies bedeutet jedoch nicht, dass Käufer auch automatisch mehr auf sich achtgeben, glücklicher und/oder gesünder durch ihren Einkauf sind.

Im folgenden Artikel widmen wir uns also drei zentralen Forschungsfragen, die es als Wissenschaftler nun zu überprüfen gilt:

  • Welche Bedeutung hat die Wahrnehmung der eigenen Ernährung?
  • Inwiefern trägt Achtsamkeit zu einer gesunden Ernährung bei?
  • Was lehrt uns die Psychosomatik über qualitative Ernährung?

Dabei werden wir diese Fragen insbesondere anhand von Bio-Produkten überprüfen, da die höhere Qualität dieser Lebensmittelgruppe zumindest auf ein vermehrtes Bewusstsein für die Qualität der eigenen Ernährung hinweisen könnte. (...)


Dieser Artikel erschien in der 09/2020 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / boggy22


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