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Muskelerhalt & Fettabbau: Wieso du während einer Diät auf dein Schlafpensum achten solltest

Na, ausgeschlafen? Ich hoffe doch!

Unabhängig davon, ob mal wieder ein Jahreswechsel (und die guten Neujahrsvorsätze), die Strand-Saison oder aber ein besonderes Ereignis (z.B. Hochzeit) vor der Tür steht: Wenn es mal wieder an der Zeit ist, abzunehmen und Körperfett zu verlieren, dann denken die meisten von uns vermutlich daran, die Ernährung umzustellen. Denn um erfolgreich Gewicht (und Fett) zu verlieren, ist bekanntlich ein Kaloriendefizit vonnöten.

Da gehst du doch sicher mit mir d’accord, oder?

Die beleseneren unter unseren Lesern wissen auch, dass es von Vorteil ist, wenn man die körperliche Aktivität steigert und ein Trainingsprogramm beginnt, welches dazu führt, dass die vorhandene Muskulatur auch tatsächlich verwendet wird, um “Arbeit” zu verrichten. Durch Sport verbrennt man einerseits zusätzliche Energie, so dass es einem leichter Fällt ein Kaloriendefizit zu erreichen, ohne dass man sich nur noch von Salat, Äpfeln und Kaugummis ernähren muss (was unter uns gesagt ohnehin der falsche Ansatz ist). Auf der anderen Seite ist der menschliche Körper darin bestrebt, funktionale Masse, die für das (Über-)Leben noch gebraucht wird, zu erhalten – sprich: Durch Training sorgst du dafür, dass anteilsmässig weniger formgebende Muskulatur, dafür aber mehr äshtetisch unterwünschte Schwungmasse, abgebaut wird. Das Ziel einer jeden Diät besteht folglich nicht etwa darin, Gewicht zu verlieren, sondern Körperfett zu verlieren!

Ernährung und Training sind also zwei wichtige Faktoren, wenn es um ein sinnvolles Abnehmen geht und daran denken auch die meisten Menschen – doch wie ist es mit Schlaf (bzw. konkreter: Der Schlafdauer).

Hast du gewusst, dass dein Schlafpensum darüber entscheiden könnte, wie viel (mehr) Fett du in einer Diät verlierst? Oder das die Stunden, die du schlafend im Bett verbringst, gut investiert sind, wenn es darum geht am Ende der Diät muskulöser zu sein? Nein?

Ist aber so.

Lies’ weiter und erfahre, wie du dich schlanker und muskulöser schlafen kannst bzw. bessere Ergebnisse in Sachen Körperkomposition, in deiner Diät, erzielst. (Nein, ich verarsch’ dich nicht!)

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der Dezember 2018 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um weitere Editorals zu lesen.

Muskelerhalt: Wieso du während einer Diät auf dein Schlafpensum achten solltest

Wer wenig schläft, baut weniger Fett (dafür mehr Muskeln) ab!

Die Forschergruppe um Arlet Nedeltcheva rekrutierte 10 Probanden (7 Männer, 3 Frauen) mit einem Durchschnittsalter von 41 Jahren und einem BMI von 27,4 (das ist übergewichtig, aber nicht fettleibig) (1).

Man setzte die Damen und Herren für 14 Tage auf eine Diät mit recht großem Kaloriendefizit (in der Studie schreiben die Autoren „moderates Kaloriendefizit“, aber wenn man jemanden 90% des Grundumsatzes essen lässt, dann nenne ich das nicht mehr moderat, sondern eher groß – insbesondere bei den Frauen, das Defizit lag bei 650-700 kcal/Tag).

Da es sich um ein Crossover-Trial handelt, gab es zwei 14-tägige, nahezu identische, Diätphasen, die sich lediglich in der täglichen Schlafdauer unterschieden. Zwischen diesen beiden Phasen lag eine Periode von 3 Monaten, um zu verhindern, dass die vorherige Phase die folgende Phase in irgendeiner Form beeinflusste („washout“).

Die Unterschiede:

  • TIB-5,5h: In einer Phase schliefen die Teilnehmer im Schnitt 5,5 Stunden pro Tag..
  • TIB-8,5h: In der anderen Phase schliefen die Teilnehmer im Schnitt 8,5 Stunden pro Tag.

Schematische Darstellung des Studienprotokolls. TIB: zugewiesene Zeit im Bett (Stunden pro Nacht); DXA: Messung der Körperkomposition mittelsmeasurement of body composition using Dual-Röntgen-Absorptiometrie (siehe hier, um zu erfahren, wie der DXA-Scan funktioniert); TEE: Messung des Gesamt-Energieverbrauchs mittels der Methode des doppelt markiertem Wassers; RMR und RQ: Messung des Ruhe-Energieverbauchs (Basalstoffwechselrate) und des Respirationsquotienten via indirekter Kalorimetrie.

Schematische Darstellung des Studienprotokolls. TIB: zugewiesene Zeit im Bett (Stunden pro Nacht); DXA: Messung der Körperkomposition mittelsmeasurement of body composition using Dual-Röntgen-Absorptiometrie (siehe hier, um zu erfahren, wie der DXA-Scan funktioniert); TEE: Messung des Gesamt-Energieverbrauchs mittels der Methode des doppelt markiertem Wassers; RMR und RQ: Messung des Ruhe-Energieverbauchs (Basalstoffwechselrate) und des Respirationsquotienten via indirekter Kalorimetrie. (Bildquelle: Nedeltcheva et al, 2010)

Das Studienergebnis

Beide Gruppen reduzierten ihr Gewicht in nahezu gleichem Umfang (-2,9 kg bei 8,5 Stunden Schlaf und -3,0 kg bei 5,5 Stunden Schlaf). Würde man als Laie nach dem Ergebnis auf der Waage gehen, dann wäre man vermutlich in beiden Situationen gleichgut zufrieden, oder?

Nun, die Analyse zur Zusammensetzung des Gewichtsverlusts sollte Klarheit verschaffen:

  • Der verlorene Anteil an Fett reduzierte sich in der Phase mit nur 5,5 Stunden Schlaf um 55%. In dieser Phase verloren die Probanden 0,6 kg Fett, während sie in der 8,5-Stunden-Schlaf-Phase 1,4 kg Fett abbauten).
  • Dafür erhöht sich der Magermasseverlust um 60%. Sie bauten in dieser Phase 2,4 kg Magermasse ab, wogegen es “nur” 1,5 kg in der 8,5-Stunden-Schlafphase waren (mit entsprechendem Krafttraining und einem kleineren Kaloriendefizit hätte man das Verhältnis sicherlich noch zusätzlich verbessern können).

Zusammensetzung des Gewichtsverlusts (in kg) nach Schlafdauer. Offene Kreise = 8,5 Stunden Schlaf; schwarze Kreise = 5,5 Stunden Schlaf.

Zusammensetzung des Gewichtsverlusts (in kg) nach Schlafdauer. Offene Kreise (°) = 8,5 Stunden Schlaf; schwarze Kreise (•) = 5,5 Stunden Schlaf. (Bildquelle: Nedeltcheva et al, 2010)

Schliefen die Probanden mehr, verbrannten sie auch mehr Fett. Das konnte beispielsweise anhand einer Messung des respiratorischen Quotienten (RQ) nach dem Frühstück festgestellt werden (je näher der RQ am Wert 0,7, desto stärker dominiert der Fettstoffwechsel; je näher der RQ am Wert 1,0 desto stärker dominiert der Kohlenhydratstoffwechsel).

Durchschnittswert des respiratorischen Quotienten (RQ) im Fastenzustand (0) und in den Stunden nach dem Frühstück nach Schlafdauer. Offene Dreiecke (Δ) = 8,5 Stunden Schlaf, Schwarze Kreise (•) = 5,5 Stunden Schlaf. (Bildquelle: Nedeltcheva et al, 2010)

Zudem konnten die Forscher nachweisen, dass die Leptin-Konzentration in der 5,5-Stunden-Schlaf-Phase stärker absank und die Ghrelin-Konzentration stärker anstieg, was im Grunde genommen heißt, dass die Teilnehmer mit aller Wahrscheinlichkeit in dieser Periode hungriger gewesen sind (was es natürlich schwieriger macht, ein Defizit einzuhalten).

Die Forscher erhoben über eine 24-stündige Periode die Daten für bestimmte Hormone, die Hunger (Ghrelin) und Sättigung (Leptin) beeinflussen: A.) Durchschnittlicher Serum-Leptinspiegel zu Beginn (offene Kreise º) und zum Ende (schwarze Kreise, •) während der TIB-8,5 Phase (Linke Grafik, oben) und während der TIB-5,5 Phase (rechte Grafik, oben). B.) Durchschnittlicher Serum-Ghrelinspiegel zu Beginn (offene Kreise º) und zum Ende (schwarze Kreise, •) während der TIB-8,5 Phase (Linke Grafik, unten) und während der TIB-5,5 Phase (rechte Grafik, unten).

Die Forscher erhoben über eine 24-stündige Periode die Daten für bestimmte Hormone, die Hunger (Ghrelin) und Sättigung (Leptin) beeinflussen: A.) Durchschnittlicher Serum-Leptinspiegel zu Beginn (offene Kreise º) und zum Ende (schwarze Kreise, •) während der TIB-8,5 Phase (Linke Grafik, oben) und während der TIB-5,5 Phase (rechte Grafik, oben). B.) Durchschnittlicher Serum-Ghrelinspiegel zu Beginn (offene Kreise º) und zum Ende (schwarze Kreise, •) während der TIB-8,5 Phase (Linke Grafik, unten) und während der TIB-5,5 Phase (rechte Grafik, unten). (Bildquelle: Nedeltcheva et al, 2010)

Ein größerer Hunger und eine erhöhte Zirkulation orexigenischer (= appetit-stimulierender Hormone) wurde bereits in der Vergangenheit in Studien demonstriert, wo Probanden weniger schliefen und sich in einem Kaloriendefizit (20 kcal/kg) befanden (4). Dies allein macht das Unterfangen “Diät” zu einer echten Herausforderung, da es mehr Willenskraft erfordert, diesem gestiegenen Hunger und Appetit in Zeiten einer Kalorienrestriktion nicht nachzugeben:

Many people today are overweight or obese and diet-induced weight loss is a widely used strategy to reduce the health risks associated with excess adiposity.

The neuroendocrine changes associated with sleep curtailment in the presence of caloric restriction, however, raise the possibility that lack of sufficient sleep may compromise the efficacy of commonly used dietary interventions in such individuals.

For instance, higher ghrelin concentrations may facilitate the retention of fat and increased hunger could compromise adherence to caloric restriction.

Nedeltcheva et al., 2010

Die erhöhte Konzentration von Ghrelin könnte ein wichtiger Faktor sein, der dafür sorgt, dass der Körper weniger Fett abbaut (5)(6). Im Tiermodell erhöhte eine exogene Zufuhr von Ghrelin die Fettansammlung, indem es die Nutzung von Fett als Energiesubstrat hemmte (7).

Für den Fall, dass dies auch auf den Menschen zutrifft, würde das also bedeuten, das es nicht nur schwerer wird abzunehmen, weil du geneigt bist, mehr Kalorien – via verstärktem Appetit und Hunger – über den Tag hindurch aufzunehmen (was ein Kaloriendefizit schmälert oder negiert), sondern auch, dass der Körper weniger Fett verbrennt.

Natürlich sind Fettabbau und Fettverbrennung nicht ein- und dasselbe (und dies sollte auch stets betont werden), aber natürlich ist es während einer Diät schon von Vorteil, wenn man anteilsmässig mehr Fett, statt Protein (Muskeln), verheizt.

Fazit & Abschließende Worte

Die Lektion, die du aus dieser Untersuchung mitnehmen solltest, ist folgende: Achte in der Diät auf ein Schlafpensum, um Fettverlust zu maximieren und Muskelverluste zu minimieren. Dies gilt umso mehr, je härter die Diät ist (also je höher das Defizit ausfällt oder je länger sie andauert).

Ja, ich weiß – Zeit ist Geld. Und deswegen erliegen viele Menschen dem Trugschluss, dass sie mit so wenig Schlaf wie möglich zurechtkommen müssen, um am Tag mehr geschafft zu kriegen. Derjenige, der noch keine 5-Stunden-Nächte hinter sich hat, möge bitte den ersten Stein werfen.

Wenn es um Schlaf geht, dann erreichen vermutlich die meisten von uns nicht das optimale Level, aber genau das gehört zu einem (leistungs-)optimierten Lifestyle dazu.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

(1) Nedeltcheva, AV., et al. (2010): Insufficient sleep undermines dietary efforts to reduce adiposity. In: Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20921542.

(2) Krieger, J. (2018): Methoden & Tücken der Körperfettmessung. In: AesirSports.de. URL: https://aesirsports.de/koerperfettmessung-methoden-tuecken/#Koerperfettmessung_mit_dem_DEXA_Scan.

(3) Willis, B. (2014): Leptin: Stoffwechselsteuerung & Schlankheit. In: AesirSports.de. URL: https://aesirsports.de/steuere-leptin-schlankheit/.

(4) Spiegel, K., et al. (2004): Brief communication: Sleep curtailment in healthy young men is associated with decreased leptin levels, elevated ghrelin levels, and increased hunger and appetite. In: Ann Intern Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15583226/.

(5) Rodriguez, A., et al. (2009): Acylated and desacyl ghrelin stimulate lipid accumulation in human visceral adipocytes. In: Int J Obes (Lond). URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15583226/,

(6) Nogueiras, R. / Tschöp, MH. / Zigman, JM. (2009): Central nervous system regulation of energy metabolism: ghrelin versus leptin. In: Ann N Y Acad Sci. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2814160/.

(7) Tschöp, MH. / Smiley, DL. / Heiman, ML. (2000): Ghrelin induces adiposity in rodents. In: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11057670.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / staras


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