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Schmerzende Gelenke: Hilft Knoblauch (Allium sativum) bei rheumatoider Arthritis?

Bei einer rheumatoiden Arthritis (RA) handelt es sich um eine chronische, entzündliche Autoimmun-Erkrankung, zu deren Merkmalen eine synoviale Entzündung und der Verschleiß von Gelenkknorpel und Knochen gehört. Die damit einhergehende Schwellung der Gelenke führt zu Schmerzen, einer Beeinträchtigung der Funktion, Deformierung, Müdigkeit und Gelenksteifheit (vor allem am Morgen) (2)(3).

Global betrachtet sind schätzungsweise 1-2% der Weltbevölkerung betroffen, wobei Frauen ein doppelt bist dreifach so hohes Risiko haben, wenn es darum geht eine rheumatoide Arthritis zu entwickeln (4). Dabei scheinen vor allem umweltbedingte und genetische Faktoren die Ursache für eine Überproduktion pro-entzündlicher Zytokine (wie z.B. TNF-α, CRP) zu sein (5), die von der Leber – als Reaktion auf die Expression von TNF-α durch Immunzellen (Makrophagen, Lymphozyten zu sein – ausgeschüttet werden (6)(7).

Die gängige Behandlungsmethode einer rheumatoiden Arthritis beinhaltet die Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten, etwa nicht-steroidale Anti-Rheumatika (NSARs) und krankheitsmodifizierende Anti-Rheumatika (DMARDs), die zwar die Symptome verbessern können, allerdings auch viele Nebenwirkungen besitzen (8)(9)(10).

Könnte eine begleitende Einnahme von Knoblauch (Allium sativum) im Kampf gegen rheumatoide Arthritis helfen? Dieses funktionale Lebensmittel ist reich an bioaktiven Wirkstoffen, welche in der Lage sind die Funktion des Immunsystems zu modulieren, indem sie die Zytokin-Ausschüttung verringern (11), anti-entzündlich (12)(13)(14)(15) und schmerzlindernd wirken (16)(17)(18).

In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler die potenzielle Rolle, die Knoblauch bei der Behandlung einer rheumatoiden Arthritis spielen könnte, näher untersucht – und die Ergebnisse sind überaus vielversprechend.

Schmerzende Gelenke: Hilft Knoblauch (Allium sativum) bei rheumatoider Arthritis?

Die Auswirkung einer 8-wöchigen Einnahme von Knoblauch-Kapseln

Für ihr 8 Wochen andauerndes Doppelblind- Experiment rekrutierten Moosavian et al. (2020) rund 70 Frauen, die im Schnitt bereits seit mehr als 6 Jahren unter einer rheumatoiden Arthritis litten (1).

Die Damen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt:

  • Knoblauch-Gruppe (n=35): Diese Frauen erhielten für den Studienzeitraum zweimal täglich Knoblauch-Kapseln (2 x 500mg = 1g, 2-3mg Allicin pro Kapsel), was 2,5g frischem Knoblauch entsprach.
  • Placebo-Gruppe (n=35): Diese Frauen erhielten für den Studienzeitraum zweimal täglich identische Kapseln, die jedoch nur Stärke (500mg) enthielten.

Die Kapseln wurden stets zur selben Zeit zu den Mahlzeiten (Mittag- und Abendessen) mit einem Glas Wasser eingenommen. Der Verzehr von Knoblauch und knoblauchhaltigen Speisen war während des Studienzeitraums untersagt, um die Ergebnisse der Arbeit nicht zu verfälschen.

Ein weiteres Inklusionskriterium war, dass lediglich Probanden aufgenommen wurden, die in den letzten 4 Wochen vor Studienbeginn bereits mit DMARDs behandelt wurden, jedoch keine NSARs, Zytokin-Hemmer oder anderweitige biologisch aktiven Medikamente erhielten. Zudem wurden die Teilnehmer angehalten, die Dosis ihrer Medikamente während der gesamten Studiendauer nicht zu verändern.

Um sicherzustellen, dass sie alle Teilnehmer an das Einnahmeschema hielten, wurden die Probanden einmal wöchentlich per Telefon kontaktiert. Sofern Kapseln zum Ende des Studienzeitraums übriggeblieben waren, wurden diese entsprechend gezählt, um die Adhärenz zu bewerten. Teilnehmer, die weniger als 90% der zur Verfügung gestellten Kapseln eingenommen hatten, wurden aus der Studie ausgeschlossen.

Verbesserung der Entzündungsparameter, weniger Schmerzen & Erschöpfung

Die nachfolgende Tabelle zeigt uns die Entwicklung der entzündlichen Biomarker vor Beginn und zum Ende des Experiments:

Entzündungsbiomarker vor und nach einer 8-wöchigen Ergänzung (Mittelwert ± SD) in der Knoblauch- und Placebo-Gruppe. CRP = C-Reaktives Protein; ESR = Sedimentationsrate der Erythrozyten; TNF-α = Tumor-Nekrose-Faktor-α. (Bildquelle: Moosavian et al., 2020)

Entzündungsbiomarker vor und nach einer 8-wöchigen Ergänzung (Mittelwerte ± SD) in der Knoblauch- und Placebo-Gruppe. CRP = C-Reaktives Protein; ESR = Sedimentationsrate der Erythrozyten; TNF-α = Tumor-Nekrose-Faktor-α. (Bildquelle: Moosavian et al., 2020)

Zu erkennen ist, dass die beiden Entzündungsparameter (CRP, TNF-α) in der Knoblauch-Gruppe deutlich zurückgegangen sind. Derartige Verbesserungen konnten in der Placebo-Gruppe nicht gefunden werden.

Die Messung der Sedimentationsrate der Erythrozyten (ESR) – dahinter verbirgt sich ein Blut-Test, der verwendet wird, um Entzündungen zu identifizieren, die als Folge von Infektionen, Tumoren und Autoimmunerkrankungen etc. ansteigt (19) – zeigte einen positiven Trend, erreichte zum Studien-Ende jedoch kein statistisch signifikantes Niveau.

Die Knoblauch-Gruppe berichtete darüber hinaus über eine deutliche Verbesserung bei den Symptomen, etwa Schmerzen (Pain Intensity) und Gelenkschwellung (SJC & TJC), und dem Grad der Erschöpfung (Fatigue).

Erschöpfung und klinische Ergebnisse vor und nach 8-wöchigen Ergänzung (Mittelwerte ± SD) in der Knoblauch- und Placebo-Gruppe. DAS-28 = disease activity score–28; SJC = swollen joint count; TJC = tender joint count; VAS = visual analogue scale. (Bildquelle: Moosavian et al., 2020)

Erschöpfung und klinische Ergebnisse vor und nach 8-wöchigen Ergänzung (Mittelwerte ± SD) in der Knoblauch- und Placebo-Gruppe. DAS-28 = disease activity score–28; SJC = swollen joint count; TJC = tender joint count; VAS = visual analogue scale. (Bildquelle: Moosavian et al., 2020)

Zusammenfassung & Abschließende Worte

Die Ergebnisse dieser top-aktuellen Arbeit bestätigen, dass die mehrwöchige Einnahme von Knoblauch-Kapseln (2 x 500mg pro Tag zu den Mahlzeiten) dazu in der Lage ist die Symptome einer rheumatoiden Arthritis und weitere klinische Parameter (Erschöpfungsgrad) in Individuen zu verbessern, die bereits eine medikamentöse Behandlung in Form von krankheitsmodifizierenden Anti-Rheumatika (DMARDs) erhalten.

„Garlic supplementation by improving inflammatory mediators and clinical symptoms can be considered as a potential adjunct treatment in patients with RA. However, further studies with larger duration are needed.

Moosavian et al., 2020

Es konnte eine signifikante Reduktion der Entzündungsparameter (TNF-α, CRP) erreicht werden. Der ERS-Test erreichte zwar kein signifikant unterschiedliches Ergebnis, aber es zeigte sich ein Trend, der womöglich bei längerer Einnahme bzw. höherer Dosierung und/oder einem ausreichend großen Stichproben-Sample eine Signifikanz erreichen könnte – hier müssen zukünftige Arbeiten ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen, um keine konkrete Aussage treffen zu können, aber:

Probanden, die den Knoblauch erhielten, berichteten von einer verringerten Erschöpfung, geringeren Schmerzen und weniger betroffenen Gelenken.

Die in dieser Arbeit verwendete Dosis entspricht einer täglichen Aufnahme von 2,5g frischem Knoblauch. Betroffene, die nicht viel Geld ausgeben möchten, aber dennoch herausfinden wollen, ob Knoblauch auch in ihrem Fall Linderung verschaffen kann, können dies – am besten nach Absprache mit dem behandelnden Arzt – in einem n=1 Experiment selbst ausprobieren.

Der größte Vorteil von Knoblauch-Kapseln ist der, dass diese häufig geruchslos sind. Wer also seine Mitmenschen nicht mit einer Knoblauchfahne belästigen möchte und ein wenig Geld übrighat, der kann sich für diesen Weg entscheiden. Die Probanden führten insgesamt 1g (aufgeteilt auf 2 Kapseln á 500 mg) zu den Mahlzeiten (mittags und abends) zu.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

Primärliteratur

(1) Moosavian, SP., et al. (2020): The effects of garlic (Allium sativum) supplementation on inflammatory biomarkers, fatigue, and clinical symptoms in patients with active rheumatoid arthritis: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. In: Phytother Res. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32478922/.

Sekundärliteratur

(2) Katz, P. (2017): Causes and consequences of fatigue in rheumatoid arthritis. In: Curr Opin Rheumatol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28207494/.

(3) Wasserman, AM. (2011): Diagnosis and management of rheumatoid arthritis. In: Am Fam Phys. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22150658/.

(4) Rudan, I., et al. (2015): Prevalence of rheumatoid arthritis in low–andmiddle–income countries: A systematic review and analysis. In: J Glob Health. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25969732/.

(5) Alam, J. / Jantan, I. / Bukhari, SNA. (2017): Rheumatoid arthritis: Recent advances on its etiology, role of cytokines and pharmacotherapy. In: Biomed Pharmacol. URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0753332217311319.

(6) Choy, E. (2012): Understanding the dynamics: Pathways involved in the pathogenesis of rheumatoid arthritis. In: Rheumatol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22718924/.

(7) Moran, JA. (2019): Investigation of serum monomeric C-reactive proteinand  associated  auto-antibodies  in  rheumatoid  arthritis.  In: Keele University. URL: https://eprints.keele.ac.uk/6087/.

(8) Laev, SS. / Salakhutdinov, NF. (2015): Anti-arthritic agents: Progress and potential. In: Bioorg Med Chem. URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0968089615004095.

(9) Smolen, JS. / Aletaha, D. (2015): Rheumatoid arthritis therapy reappraisal: Strategies, opportunities and challenges. In: Nat Rev Rheumatol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25687177/.

(10) Koch, T. (2018): Erst mal ne Ibu: Folgen des Schmerzmittelmissbrauchs (nicht nur im Kraftsport). In: Metal Health Rx: 05/2018. https://patreon.aesirsports.de/erst-mal-ne-ibu-folgen-des-schmerzmittelmissbrauchs-nicht-nur-im-kraftsport/.

(11) Arreola, R., et al. (2015): (2015): Immunomodulation and anti-inflammatory effects of garlic compounds. In: J Immunol Res. URL: https://www.hindawi.com/journals/jir/2015/401630/.

(12) Fu, E., et al. (2015): The effects of diallyl sulfide upon Porphyromonas gingivalis lipopolysaccharide stimulated proinflammatory cytokine expressions and nuclear factor-kappa B activation in human gingival fibroblasts. In: J Peridont Res. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25203776/.

(13) Kim, SR., et al. (2013): Anti-wrinkle and anti-inflammatory effects of active garlic components and the inhibition of MMPs via NF-κB signaling. In: PLoS One. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24066081/.

(14) Ho, CY., et al. (2014): Diallyl sulfide as a potential dietary agent to reduce TNF-α-and histamine-induced proinflammatory responses in a 7r5 cells. In: Mol Nutr Food Res. URL: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/mnfr.201300617.

(15) You, S., et al. (2013): Inhibitory effects and molecular mechanisms of garlic organosulfur compounds on the production of inflammatory mediators. In: Mol Nutr Food Res. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23766070/.

(16) Mahdizadeh, S. / Ghadiri, MK. / Gorji, A. (2015): Avicenna’s canon of medicine: A review of analgesics and anti-inflammatory substances. In: Avic J Phytomed. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4469963/.

(17) Morihara, N., et al. (2007): Garlic as an anti-fatigue agent. In: Mol Nutr Food Res. URL: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/mnfr.200700062.

(18) Rana, S., et al. (2011): Garlic in health and disease. In: Nutr Res Rev. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24725925/.

(19) MedlinePlus.gov: Erythrocyte Sedimentation Rate (ESR). URL: https://medlineplus.gov/lab-tests/erythrocyte-sedimentation-rate-esr/.


 


Bildquelle Titelbild: depositphotos / Hriana


 

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