Das eMagazin für (Kraft-)Sportler & Coaches. Evidenzbasiert & Praxisnah. Jeden Monat neu!
Follow

Monatlicher MHRx Newsletter

Vielleicht noch einen kleinen Kaffee dazu? Aus diesem Grund könnte Kaffee in der Post-Workout Phase förderlich für deine Regeneration sein

Vielleicht noch einen kleinen Kaffee dazu? Aus diesem Grund könnte Kaffee in der Post-Workout Phase förderlich für deine Regeneration sein

Wer oft und viel trainiert, tut gut daran, wenn er sich früher oder später ein paar Gedanken um seine Regeneration macht – dies gilt nicht nur für Kraftsportler, sondern auch für all jene Athleten, die im Ausdauerbereich aktiv sind.

Wie du vielleicht bereits schon weißt, stellen Kohlenhydrate bei moderater bis intensiver Belastung den primären Energietreibstoff für die arbeitende Muskulatur dar. Praktischerweise verfügt die Skelettmuskulatur über Kohlenhydratspeicher – lange Kohlenhydratketten, die wir als Glykogen bezeichnen – die eine reibungslose, schnelle und im Idealfall bedarfsgerechte  Energieversorgung gewährleisten.

Diese Glykogenreserven werden im Zuge des Trainings verbraucht und sollten natürlich im Anschluss wieder aufgefüllt werden, damit die Performance in den darauffolgenden Workouts nicht leidet (2)(3)(4)(5). Der gezielte Verzehr kohlenhydrathaltiger Lebensmittel sorgt für die Wiederauffüllung des Muskelglykogens und stellt daher eine nützliche Maßnahme zur Unterstützung der Regeneration dar.

Vereinfachter Überblick über mögliche Wechselwirkungen zwischen der Größe des Muskelglykogenspeichers und der Muskelfunktion durch direkte Assoziationen zwischen Muskelglykogen und Schritten der E-Kopplung und des Kreuzbrücken-Zyklus (z. B. lokalisierungsspezifische Stoffwechselstörungen und/oder Regulierung durch die Größe des Glykogenspeichers) und/oder indirekt durch eine verringerte glykogenolytische Rate und eine beeinträchtigte Energiehomöostase des gesamten Muskels, einschließlich einer beschleunigten Metaboliten-Akkumulation. NKA = Na+-K+-ATPase. (Bildquelle: Vigh-Larsen et al., 2021)

Vereinfachter Überblick über mögliche Wechselwirkungen zwischen der Größe des Muskelglykogenspeichers und der Muskelfunktion durch direkte Assoziationen zwischen Muskelglykogen und Schritten der E-Kopplung und des Kreuzbrücken-Zyklus (z. B. lokalisierungsspezifische Stoffwechselstörungen und/oder Regulierung durch die Größe des Glykogenspeichers) und/oder indirekt durch eine verringerte glykogenolytische Rate und eine beeinträchtigte Energiehomöostase des gesamten Muskels, einschließlich einer beschleunigten Metaboliten-Akkumulation. NKA = Na+-K+-ATPase. (Bildquelle: Vigh-Larsen et al., 2021)

Folgendes gilt es hierbei zu beachten: Je häufiger du trainierst und je kürzer der Zeitabstand zwischen zwei Einheiten ausfällt, desto wichtiger ist es, die Glykogenvorräte so schnell wie möglich zu regenerieren (4). Die Post-Workout Phase (also der unmittelbare Zeitraum nach dem Training) eröffnet daher für viele Athleten eine wichtige Gelegenheit zur Einleitung und Maximierung der Glykogenresynthese – schon alleine deswegen, da gezeigt werden konnte, dass die Resynthese-Rate innerhalb dieses Zeitfensters erhöht ist (6).

Ein großer Schluck Kaffee für den Glukose-Stoffwechsel

Kaffee gehört zu den beliebtesten (und gesündesten) Heißgetränken weltweit – und auch Sportler wissen die Vorzüge des gebrühten Bohnensaftes als „Pre-Workout“-Ergänzung zu schätzen, da das darin enthaltene Koffein dazu in der Lage ist die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, den Grad an wahrgenommener Erschöpfung zu reduzieren und das Schmerzempfinden zu verringern (8)(9) – siehe hierzu auch meine Zusammenfassung zum aktuellen Positionspapier der ISSN zum Thema „Koffein & Performance.

Kaffee enthält jedoch nicht nur Koffein, sondern auch zahlreiche weitere bioaktive Substanzen, darunter Kaffeesäure und Cafestol, bei denen inzwischen gezeigt werden konnte, dass sie zu einer Optimierung des Glukose-Stoffwechsels und der Glykogen-Resynthese nach dem Training führen können (11)(12)(13).

Muskelglykogensynthese unter dem Einfluss von Kaffee-Inhaltsstoffen, körperlicher Betätigung oder einem Glykogenabbaureiz. Diese schematische Darstellung zeigt die bekannten Auswirkungen der im Kaffee enthaltenen Substanzen auf die Muskelglykogensynthese und auf die Betazelle der Bauchspeicheldrüse. Die Informationen stammen aus in vitro und in vivo Studien. Die Inhaltstoffe Kaffeesäure und Koffein haben eine positive Wirkung auf die Translokation des Glukoserezeptors, die Phosphorylierung und Aktivierung von CaMK, die Phosphorylierung und Aktivierung von AMPK, sowie die Phosphorylierung und Inaktivierung von ACC in Muskelzellen. Cafestol und Kaffeesäure haben eine positive Stimulation der Insulinsekretion aus den Betazellen. Es gibt zudem auch eine positive Wirkung von Bewegung, Kontraktion und Glykogenabbau auf die AMPK-Phosphorylierung und Aktivierung in den Muskelzellen. GLU = Glukose; INS = Insulin; GLUT-4 = Glukose-Transporter 4; CaMK = Ca2+/Calmodulin-abhängige Proteinkinase; AMPK = Adenosin-Monophosphat-Proteinkinase; ACC = Acetyl-CoA-Carboxylase. (Bildquelle: Loureiro et al., 2018)

Muskelglykogensynthese unter dem Einfluss von Kaffee-Inhaltsstoffen, körperlicher Betätigung oder einem Glykogenabbaureiz. Diese schematische Darstellung zeigt die bekannten Auswirkungen der im Kaffee enthaltenen Substanzen auf die Muskelglykogensynthese und auf die Betazelle der Bauchspeicheldrüse. Die Informationen stammen aus in vitro und in vivo Studien. Die Inhaltstoffe Kaffeesäure und Koffein haben eine positive Wirkung auf die Translokation des Glukoserezeptors, die Phosphorylierung und Aktivierung von CaMK, die Phosphorylierung und Aktivierung von AMPK, sowie die Phosphorylierung und Inaktivierung von ACC in Muskelzellen. Cafestol und Kaffeesäure haben eine positive Stimulation der Insulinsekretion aus den Betazellen. Es gibt zudem auch eine positive Wirkung von Bewegung, Kontraktion und Glykogenabbau auf die AMPK-Phosphorylierung und Aktivierung in den Muskelzellen. GLU = Glukose; INS = Insulin; GLUT-4 = Glukose-Transporter 4; CaMK = Ca2+/Calmodulin-abhängige Proteinkinase; AMPK = Adenosin-Monophosphat-Proteinkinase; ACC = Acetyl-CoA-Carboxylase. (Bildquelle: Loureiro et al., 2018)

Experimentelle Untersuchungen zeigen zudem, dass Kaffee (mit und ohne Koffein) dazu in der Lage ist die Insulinausschüttung und Insulinsensitivität zu verbessern (14)(15)(16).

Vor diesem Hintergrund stellt sich der ambitionierte Sportler, der darauf aus ist, seine Regeneration zu optimieren, die berechtigte Frage: Sollte ich in Zukunft eine Tasse Kaffee zu meiner regulären Post-Workout Mahlzeit servieren, um schneller wieder einsatzbereit fürs Training zu sein?

Die Antwort erschließt sich dir vielleicht nach dem Studium dieses Beitrags.

Hinweis: Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der Dezember 2021 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um alle bisherigen Editorial-Beiträge zu lesen.

Vielleicht noch einen kleinen Kaffee dazu? Aus diesem Grund könnte Kaffee in der Post-Workout Phase förderlich für deine Regeneration sein

Was wurde untersucht?

Mit ihrem randomisierten, doppelblinden Cross-Over Trial wollten Loureiro et al. (2021) herausfinden, wie sich der Verzehr von Kaffee nach einem Workout auf die Regeneration der Glykogenvorräte in Sportlern auswirkt (1).

Die Forscher vermuteten, dass eine solche Intervention vorteilhafte Effekte auf die Resynthese unmittelbar nach dem Training haben würde. Um ihre Hypothese zu überprüfen, rekrutierten sie 14 trainingserfahrene Ausdauersportler (Radfahrer [n=11] und Triathleten [n=3]; min. 1 Jahr Trainingserfahrung und ein Wochenpensum von 60 km auf dem Rad pro Woche) mit einem Durchschnittsalter von 39,0 (± 6,0) Jahren und einem VO2max von 59,97 (± 8,28) ml/kg/min, die jeweils zwei unterschiedliche Szenarien durchliefen.

Bei den Athleten handelte es sich um Individuen, deren bisheriger Koffeinkonsum nicht höher als 500mg/Tag sein durfte (um dies festzustellen, beantworteten die Sportler entsprechende Fragebögen, bei denen auch die Medikament- und Supplementeinnahme abgefragt wurde; im Schnitt lag der tägliche Koffeinkonsum bei 296 ± 111 mg).

Die Studienteilnehmer absolvierten am Abend vor jeder Intervention ein Training auf einem Rad-Ergometer bis zur freiwilligen Erschöpfung, welches die Glykogenspeicher der Athleten entleerte und aßen im Anschluss eine kohlenhydratarme Mahlzeit (0,8g Kohlenhydrate/kg, 0,8g Protein/kg, 1,0g Fette/kg). Am nächsten Tag (etwa 10-12 Stunden später) fanden sich die Probanden wieder im Labor ein, um ein weiteres Workout – ebenfalls bis zur freiwilligen Erschöpfung –  mit einer anschließenden 4-stündigung Erholungsperiode zu durchlaufen.

Während der Post-Workout Phase konsumierten die Athleten entweder Kaffee mit Milch (Coffee + Milk) oder Milch (Milk) an drei verschiedenen Zeitpunkten, nämlich:

  • nach dem Workout
  • 60 Minuten später
  • 120 Minuten später zur morgendlichen Mahlzeit (die aus gesalzenen Eiern und einem Hüttenkäse-Sandwich bestand)

Bei dem dargereichten Kaffee handelte es sich um gewöhnlichen Filter-Kaffee, der mit Magermilch und Haushaltszucker (Saccharose) gesüßt war und zirka 8 mg Koffein pro Kilogramm Körpergewicht enthielt. Das andere Getränk war eine Art von Milchshake, welches mit Hilfe von Wasser, Magermilch und Haushaltszucker (Saccharose) zubereitet wurden. Beide Getränke lieferten den Probanden etwa 1,2g Kohlenhydrate und 0,3g Protein pro Kilogramm Körpergewicht (Kohlenhydrat-zu-Protein-Verhältnis von 4:1).

Für den erfolgreichen Blindversuch wurde den Probanden mitgeteilt, dass sie bei jeder Intervention einer von insgesamt 5 möglichen Getränke-Varianten zugelost werden würden (Wasser + Zucker, Kaffee mit Milch + Zucker, Milch + Zucker, entkoffeinierter Kaffee mit Zucker, Kaffee + Zucker). Die Getränke wurden in blickdichten Behältern serviert und mittels Strohalmen verzehrt.

Blutproben und Muskelbiopsien (an den Beinen) wurden unmittelbar nach dem Workout und am Ende der 4-stündigen Post-Workout Phase entnommen, um die muskuläre Glykogen-Resyntheseraten zu bestimmen.

Zeitverlauf der experimentellen Sitzung. b1= erste Biopsie; b2 = zweite Biopsie; PPO = Spitzenleistung; 1 = erste Getränkedosis; 2 = zweite Getränkedosis; 3 = dritte Getränkedosis. (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Zeitverlauf der experimentellen Sitzung. b1= erste Biopsie; b2 = zweite Biopsie; PPO = Spitzenleistung; 1 = erste Getränkedosis; 2 = zweite Getränkedosis; 3 = dritte Getränkedosis. (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Das Experiment wurde nach 7-14 Tagen wiederholt, so dass die Studienteilnehmer, die beim ersten Mal Kaffee mit Milch zur Mahlzeit tranken, beim zweiten Mal nur die Milch erhielten und vice versa („Cross-Over“).

Überblick zum Studien-Design. BC = Körperzusammensetzung; CHO = Kohlenhydrate; PPO = Spitzenleistung; VO2max = Maximale Sauerstoffaufnahme. (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Überblick zum Studien-Design. BC = Körperzusammensetzung; CHO = Kohlenhydrate; PPO = Spitzenleistung; VO2max = Maximale Sauerstoffaufnahme. (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Was haben die Forscher herausgefunden?

Muskelglykogen & Glykogen Synthase

Die Analyse der Glykogenspeicher am Morgen (b1) ergab, dass die Glykogenreserven der Probanden entleert wurden. Zwischen den beiden Gruppen bzw. Szenarien konnten keine signifikanten Unterschiede beobachtet werden (103,85 ± 24,15 mmol/kg/dw [Coffee + Milk] Vs. 120,75 ± 24,15 mmol/kg/dw [Milk]; p = 0.48).

Im Zuge der 4-stündigen Erholungsperiode zeigte sich eine signifikant höhere Glykogenkonzentration in den Beinen bei der Coffee+Milk-Gruppe. Die Differenz lag zum Schluss um +153% höher in der Coffee+Milk-Gruppe (102,56 ± 18,75 mmol/kg/dw [Coffee+Milk] Vs.  40,54 ± 18,74 mmol/kg/dw [Milk]; p=0,01).

Muskelglykogengehalt (a) und Muskelglykogen-Synthase-Aktivität (b) im Muskel von gesunden, ausdauertrainierten, erwachsenen Ausdauersportlern, die Kaffee mit Milch (Coffee + Milk) bzw. nur Milch (Milk) in der 4-stündigen Erholungsphase nach einem Workout bis zur freiwilligen Erschöpfung (70% PPO) konsumiert haben. * = p=0,01 für den Muskelglykogengehalt (Coffee + Milk Δ Vs. Milk Δ). Coffee + Milk Δ Vs. Milk Δ für die Muskelglykogen-Synthase-Aktivität (p=0,22). Die Daten sind kleinste quadratische Mittelwerte + SE aus der Methode der wiederholten Verfahren, Proc Mixed (SAS Studio). (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Muskelglykogengehalt (a) und Muskelglykogen-Synthase-Aktivität (b) im Muskel von gesunden, ausdauertrainierten, erwachsenen Ausdauersportlern, die Kaffee mit Milch (Coffee + Milk) bzw. nur Milch (Milk) in der 4-stündigen Erholungsphase nach einem Workout bis zur freiwilligen Erschöpfung (70% PPO) konsumiert haben. * = p=0,01 für den Muskelglykogengehalt (Coffee + Milk Δ Vs. Milk Δ). Coffee + Milk Δ Vs. Milk Δ für die Muskelglykogen-Synthase-Aktivität (p=0,22). Die Daten sind kleinste quadratische Mittelwerte + SE aus der Methode der wiederholten Verfahren, Proc Mixed (SAS Studio). (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Die Glykogen-Synthase-Aktivität* (Schlüssel-Enzym, welches für die Umwandlung von Glukose zu Glykogen verantwortlich ist) zeigte in beiden Interventionen eine Reduktion, wobei die Coffee+Milk Gruppe eine stärkere Verringerung (+149%) nach dem Verzehr des Getränks zeigte (−35,12 ± 13,59 U/mg/protein [Coffee+Milk] Vs. −9,10 ± 13,52 U/mg/protein [Milk]; p = 0.22; der Wert erreichte jedoch keine statistische Signifikanz).

Die Aktivität der Glykogen-Synthase wird durch einen niedrigen Muskelglykogen- und hohen Glukose-6-Phosphat-Gehalt, sowie durch die Anwesenheit von Insulin stimuliert.

Glukose & Insulin

Der Fasten-Glukose Spiegel und der Insulinspiegel im Serum zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Interventionen:

  • Glukose: 4,63 ± 0,10 mmol/L [Coffee+Milk] Vs. 4,63 ± 0,10 mmol/L [Milk]; (p=0,98)
  • Insulin: 371,32 ± 99,30 pmol/L [Coffee+Milk] Vs. 434,03 ± 99,30 pmol/L [Milk]; p=0,84)

Die Analyse der Fläche unter der Kurve (TAUC) für Glukose- und Insulin ergab allerdings, dass der Verzehr von Kaffee die glykämische (p=0,02; d=0,83) und insulinämische Reaktion (p=0,03; d=0,76) erhöhte.

Glykämische (a) und insulinämische Kurve (c) in den 7 Zeitpunkten während der 4-stündigen Erholung; individuelle Glukose- (b) und Insulin- (d) TAUC von gesunden, ausdauertrainierten, erwachsenen Männern, die Kaffee mit Milch (Coffee + Milk) bzw. nur Milch (Milk) in der 4-stündigen Erholungsphase nach einem Workout bis zur freiwilligen Erschöpfung (70% PPO) konsumiert haben. * = p = 0,02 für Glukose-TAUC (Coffee + Milk Vs. Milk); ** = p = 0,03 für Insulin-TAUC (Coffee + Milk Vs. Milk). (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Glykämische (a) und insulinämische Kurve (c) in den 7 Zeitpunkten während der 4-stündigen Erholung; individuelle Glukose- (b) und Insulin- (d) TAUC von gesunden, ausdauertrainierten, erwachsenen Männern, die Kaffee mit Milch (Coffee + Milk) bzw. nur Milch (Milk) in der 4-stündigen Erholungsphase nach einem Workout bis zur freiwilligen Erschöpfung (70% PPO) konsumiert haben. * = p = 0,02 für Glukose-TAUC (Coffee + Milk Vs. Milk); ** = p = 0,03 für Insulin-TAUC (Coffee + Milk Vs. Milk). (Bildquelle: Loureiro et al., 2021)

Interpretation & Praxis

Die Arbeit von Loureiro et al. (2021) bestätigt die Hypothese der Wissenschaftler, wonach der Verzehr von Kaffee (mit Milch und Zucker) in der unmittelbaren Phase nach einem Depletion Workout (Entleerung der Glykogenspeicher) zu einer vorteilhaften Regeneration der Muskelglykogenspeicher in trainierten Ausdauerathleten führt.

Die Kombination aus Kohlenhydraten (Post-Workout Mahlzeit) und Kaffee könnte damit eine sinnvolle Strategie zur Verbesserung der Regeneration nach dem Training sein – insbesondere dann, wenn die Zeitabstände zwischen den Workouts gering ausfallen bzw. Wettkämpfe absolviert werden, in denen eine beschleunigte Wiederherstellung der Kohlenhydratspeicher von Vorteil ist.

Das Ergebnis bestätigt zudem die Resultate vorheriger Untersuchungen in denen der Verzehr von Kaffee zu einer erhöhten Fläche unter der Kurve bei der glykämischen Reaktion in der kurzen Phase nach dem Konsum geführt hat (13). Die Forscher vermuten, dass die Präsenz des Koffeins zu einer verbesserten Glukoseaufnahme im Muskel geführt hat, was eine frühere Aktivierung des Glykogen-Synthase Enzyms und damit auch einer schnelleren Regeneration der Muskelglykogenspeicher ermöglichte (ein hoher Glykogengehalt hemmt wiederum die Glykogen Synthase Aktivität, was in der Coffee+Milk Gruppe auch im stärkeren Umfang beobachtet wurde (1)).

Bevor du nun jedoch dazu übergehst, Kaffee in deiner Post-Workout Phase zu konsumieren, solltest du folgendes Bedenken:

  • Die Probanden der Studie absolvierten zwei Workouts, deren Sinn und Zweck darin bestand die Glykogenreserven zu entleeren. Wenn zwischen deinen Einheiten mehr Zeit zur Verfügung steht und du dich ansonsten kohlenhydratbetont ernährst, ist die Glykogenkonzentration womöglich kein limitierender Leistungsfaktor für dich, da dein Körper genügend Zeit hat, um seine Vorräte wieder aufzubauen.
  • Trotz der Tatsache, dass alle Studienteilnehmer gewohnheitsmäßig Koffein nutzten, beklagten sich 3 Individuen über Magenbeschwerden und Durchfall. Dies könnte zwar wahlweise mit der Gabe von Milch zusammenhängen (z.B. im Falle einer Laktose-Intoleranz) oder eine Folge Haushaltszuckers (Saccharose) gewesen sein. Die Forscher räumen ein, dass Laktase-Tabletten und/oder eine Reduktion des Zuckergehalts eine Möglichkeit zum Erreichen einer besseren Verträglichkeit darstellen würde. Nichtsdestotrotz müsstest du individuell ermitteln, ob und inwiefern der Konsum von Kaffee in der Post-Workout Phase für dich praktikabel und sinnvoll erscheint (auch vor dem Hintergrund anderer Faktoren, z.B. der Bettruhe).
  • Koffein ist in der Lage eine temporäre Insulinresistenz herbeizuführen (17), was womöglich zu unterwünschten Effekten führen könnte (insbesondere dann, wenn man chronisch viel davon konsumiert). Im vorliegenden Fall schien dies jedoch bei der Glykogenresynthese während der Erholungsphase kein Problem darzustellen (ich möchte es der Vollständigkeit halber trotzdem erwähnt haben).

Abschließende Worte

Kaffee ist ein Getränk, welches viele von uns zu lieben und zu schätzen gelernt haben – ob morgens, nach dem Aufstehen, oder als unkomplizierter Pre-Workout Booster, der uns im Training unterstützt. Die vorliegende Untersuchung von Loureiro et al. (2021) zeigt uns ein weiteres, interessantes Gebiet auf, wo sich die „Supplementation“ mit Kaffee als nützlich erweist.

Der damit einhergehende Vorteil dürfte vor allem für all jene interessant sein, deren Trainingsplan eng getaktet ist oder solchen, die Wettkämpfe in mehreren, aufeinanderfolgenden Phasen (z.B. Radrennen, Triathlon) absolvieren, wo nur wenig Zeit zur Verfügung steht, um die geschröpften Kohlenhydratspeicher binnen kürzester Zeit wieder auf das erforderliche Niveau zu heben, um Spitzenleistung zu vollbringen.

Wenn du abends trainierst und zeitig ins Bett musst, könnte es allerdings sein, dass die großzügige Gabe von Kaffee in den Abendstunden keine so gute Idee ist. Einerseits möchte man ja auch einschlafen können (ein weiterer wichtiger Regenerationsfaktor!) und andererseits möchte man sich des Nachts nicht mehrfach aus dem Bett quälen müssen, weil die Blase drückt* – insofern gilt es individuell abzuschätzen, wann diese Strategie der Regenerationsoptimierung angebracht ist und wann sie mehr Schaden als Nutzen verursacht.

* die Einnahme von Koffein-Tabletten könnte dieses Problem im Falle der hohen Flüssigkeitsmenge beim Kaffee lindern, da diese Untersuchung jedoch mit Kaffee durchgeführt wurde, lässt sich nicht exakt sagen, wie Koffein-Tabletten die Glykogenresynthese beeinflussen und ob der Effekt schlechter, gleichwertig oder gar besser ausfallen würde.

Du kannst diese Methode natürlich fallweise (während Wettkämpfen und wenn du zeitlich bedingt zwei Workouts eng aneinanderlegen musst) nutzen, um die Glykogenresynthese temporär zu unterstützen.

Quellen, Referenzen & Weiterführende Literatur

Primärliteratur

(1) Loureiro, LMR., et al. (2021): Coffee Increases Post-Exercise Muscle Glycogen Recovery in Endurance Athletes: A Randomized Clinical Trial. In: Nutrients. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34684336/.

Sekundärliteratur

(2) Minichowski, DN. (2019): Der strategische Einsatz von Kohlenhydraten zur Maximierung der Glykogenreserven & Performance. In: Metal Health Rx: 03/2019. URL: https://patreon.aesirsports.de/kohlenhydrate-maximierung-glykogenreserven-performance/.

(3) Jentjens, R., et al. (2003): Determinants of Post-Exercise Glycogen Synthesis during Short-Term Recovery. In: Sports Med. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12617691/.

(4) Burke, LM., et al. (2017): Postexercise muscle glycogen resynthesis in humans. In: J Appl. Physiol. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27789774/.

(5) Moore, DR. (2015): Nutrition to Support Recovery from Endurance Exercise. In: Curr Sports Med Rep. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26166054/.

(6) Thomas, DT. / Erdman, KA. / Burke, LM. (2016): American College of Sports Medicine Joint Position Statement. Nutrition and Athletic Performance. In: Med Sci Sports Exerc. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26891166.

(7) Vigh-Larsen, JF., et al. (2021): Muscle Glycogen Metabolism and High-Intensity Exercise Performance: A Narrative Review. In: Sports Med. URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s40279-021-01475-0.

(8) Close, G., et al. (2016): New Strategies in Sport Nutrition to Increase Exercise Performance. In: Free Radic Biol Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26855422.

(9) Higgins, S. / Straight, CR. / Lewis, RD. (2016): The Effects of Pre-Exercise Caffeinated-Coffee Ingestion on Endurance Performance: An Evidence-Based Review. In: Int J Sport Nutr Exerc Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26568580.

(10) Minichowski, DN. (2021): Koffein & Performance in Sport & Training: Eine Zusammenfassung des aktuellen Positionspapiers der International Society of Sports Nutrition (ISSN). In: Metal Health Rx: 06/2021. URL: https://patreon.aesirsports.de/koffein-performance-in-sport-training-eine-zusammenfassung-des-aktuellen-positionspapiers-der-international-society-of-sports-nutrition-issn/.

(11) Loureiro, LMR., et al. (2018): Effects of coffee components on muscle glycogen recovery: A systematic review. In: Int J Sport Nutr Exerc Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29345166.

(12) Lawler, TP. / Cialdella-Kam, L. (2020): Non-carbohydrate Dietary Factors and Their Influence on Post-Exercise Glycogen Storage: A Review. In: Curr Nutr Rep. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/33128726.

(13) Reis, CEG. / Dórea, JG. / da Costa, THM (2018): Effects of coffee consumption on glucose metabolism: A systematic review of clinical trials. In: J Tradit Complement Med. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31193893.

(14) Reis, CEG., et al. (2018): Decaffeinated coffee improves insulin sensitivity in healthy men. In: Br J Nutr. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29514721.

(15) Cano-Marquina, A. / Tarín, JJ. / Cano, A. (2013): The impact of coffee on health. In: Maturitas. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23465359.

(16) Natella, F. / Scaccini, C. (2012): Role of coffee in modulation of diabetes risk. In: Nutr Rev. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22458694.

(17) Shi, X., et al. (2016): Acute caffeine ingestion reduces insulin sensitivity in healthy subjects: A systematic review and meta-analysis. In: Nutr J. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28031026.

[/um_loggedin]

Unser Beitrag hat dir gefallen?

Dann werde noch heute MHRx Leser! Abonniere unser monatlich erscheinendes Magazin, schalte vergangene Ausgaben frei & lese hunderte von exklusiven & evidenzbasierten Beiträgen sowie Guides.

Wir freuen uns über deinen Support!


Bildquelle Titelbild: depositphotos / ArturVerkhovetskiy


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Related Posts