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Ernährungsplan mit Durchblick: Wie man ihn erstellt & was du dabei beachten solltest

Nun, ich bin ehrlich gesagt kein großer Fan von Ernährungsplänen (EPs), da viele von ihnen generisch, restriktiv und konsequenterweise … beschissen sind. In diesem Artikel möchte ich dir jedoch aufzeigen, wie du in wenigen Schritten zu deinem eigenen, persönlichen Ernährungsplan kommst – einem EP, der individuell, produktiv und zielorientiert (und mit Sicherheit kein Scheiss) ist.

  • Er wird nicht restriktiv sein.
  • Er baut auf deinem Lebensstil und deinen Präferenzen auf.
  • Er wird genau so gestaltet sein, wie ich es normalerweise zu tun pflege, wenn ich Klienten betreue.

Bevor wir an die Praxis gehen, möchte ich vorab auf die Vorteile und Nachteile von Ernährungsplänen eingehen und dir erläutern, wie wir in den Genuss der positiven Aspekte gelangen und dabei gleichzeitig die negativen Facetten minimieren.

Die Nachteile von Ernährungsplänen

Wie du vielleicht weißt, bin ich ein großer Verfechter der flexiblen Ernährung, bei der es keinen „Plan“ gibt, sich der Weg zur Ernährung jedoch an gewissen Vorgaben (Makronährstoffen, Präferenzen und informierten Entscheidungen) orientiert. Der Hauptgrund hierfür liegt darin begründet, dass ich der Ansicht bin, dass andere Formen der Diät gewisse mit negativen Eigenschaften assoziiert sind, die langfristig zu Fehlschlägen führen. Deswegen besprechen wir zunächst auch die negativen Seiten eines Ernährungsplans.

So … du hast jetzt einen Ernährungsplan, eine Liste der Mahlzeiten, die du essen darfst und feste Zeiten, die der Nahrungsaufnahme gewidmet sind. Es kann losgehen!

Das Problem? Ein solches Konzept kann ganz schön einschränken (z.B. die Nahrungsmittelauswahl und die Uhrzeit der Mahlzeiteneinnahme). Zu Beginn ist das wohlmöglich noch kein Problem. Abendessen um 19 Uhr? Großartig! Steak mit Brokkoli? Du liebst es! Und wer steht schon nicht auf Haferflocken-Porridge mit Protein Shake am Morgen?!

Eines Tages bekommst du von Freunden eine Einladung zum Essen, weil einer von ihnen seinen Geburtstag feiern möchte. Es gibt das Lieblingsessen des Geburtstagskindes – nämlich Pizza! Natürlich schlägt die Gesellschaft hierfür - wie jedes Jahr - bei einem guten Italiener auf. Dein Ernährungs- und Diätplan sieht jedoch keine Pizza vor. Was unternimmst du also?

Dir bleiben 2 Optionen:

  • Du entscheidest dich dafür die Einladung abzusagen, damit du deinen EP bzw. deine Diät einhalten kannst - was deinen Freund/deine Freundin enttäuschen wird.
  • Du entscheidest dich dafür die Einladung anzunehmen und die Pizza zu genießen - was im Grunde genommen bedeutet, dass du dir eine Pause von deinem EP bzw. deiner Diät gönnst).

Ernährungspläne bieten einige Vorteile für all jene, die ihre Ernährung in den Griff kriegen und/oder abnehmen wollen, doch sie haben ein gravierendes Problem: Ein Mangel an Flexibilität. Dies führt oftmals zur sozialen Isolation ODER dazu, dass die Diät in den Sand gesetzt wird, sobald man einmal von den Ernährungsvorgaben abweicht (sog. "Alles-oder-nichts"-Prinzip). (Bildquelle: Fotolia / ivanko80)

Problem Nr. 1: Ernährungspläne fördern anti-soziales Verhalten

In diesem einzelnen Beispiel haben wir gleich zwei Probleme identifiziert. Das Erste:: Ein strikter Ernährungsplan fördert anti-soziales Verhalten.

Wenn unsere Ernährung bzw. Diät es uns nicht möglich macht ein Essen mit Freunden und Familie zu genießen … kann man sie dann wirklich langfristig durchhalten?

Auswärts essen – egal ob im Restaurant oder bei Familie und Freunden daheim – ist ein überaus sozialer Event, der in unserer Kultur fest verankert ist. Keiner von uns möchte ein Leben in sozialer Isolation führen oder permanent vorbereitete Mahlzeiten in Tupperdosen mit sich herumschleppen.

Sei nicht dieser Typ, der seine Tupperdosen überall mithinnimmt.

Problem Nr. 2: Ernährungspläne fördern Schwarz-Weiß-Denken

Das zweite Problem bei Ernährungsplänen besteht darin, dass sie Schwarz-Weiß-Denken fördern: Entweder befolgst du die Diät oder du befolgst sie nicht. Das führt unweigerlich dazu, dass du „gute Tage“ und „schlechte Tage“ haben wirst - und im Zweifelsfall hast du dann so viele „schlechte Tage“, dass die Ergebnisse ausbleiben.

Und wenn du die Diät nicht befolgst, dann ist es oft so, dass du dich gehen lässt und dem Heißhunger nachgibst, weil es so viele Lebensmittel gibt, die du liebst, aber eigentlich nicht essen solltest. Also stopft man sich an jenen Tagen damit voll, bei denen man ohnehin gerade nicht die Diät befolgt: Du hast die Einladung deines Freundes wahrgenommen und ein paar Gläser Bier mit Pizza und etwas Knoblauchbrot gehabt? Da geht dann locker noch ein Gelato!

Einige Studien zeigen, dass Menschen, die sich bestimmte Lebensmittel verbieten, häufiger Heißhunger darauf entwickeln (1). Wir wissen, dass dies wahr ist, denn wenn wir einen „Pausentag“ von der Diät einlegen, essen viele von uns die Lebensmittel, auf die wir schon die ganze Zeit Lust haben – frei nach dem Motto „wenn schon, denn schon“. Untersuchungen haben weiterhin gezeigt, dass die Exposition mit bekömmlichem leckeren Essen bei Personen, die sich bewusst einschränken, dazu führt, dass sich diese überessen (2).

Selbst wenn du also an den besten Intentionen festhältst … sobald du das leckere Essen erst einmal gerochen und gesehen hast, ist deine Diät (für diesen Tag) so gut wie erledigt, wenn du nicht genau aufpasst (und diszipliniert bleiben kannst).

Problem Nr. 3: Ernährungspläne sind nicht besonders abwechslungsreich

Typische Ernährungs- und Diätpläne bieten nicht besonders viel Abwechslung, sondern beinhalten häufig drei Mahlzeiten mit einer Handvoll beliebiger Snacks. Das heißt, du isst im Grunde genommen dasselbe … immer und immer wieder, was – konsequent weitergeführt – auch sehr wohl zu Mangelerscheinungen führen kann, wenn die Ernährung zu einseitig ausfällt.

Außerdem stellt sich bei vielen Diätplänen die Frage:

  • Ist darin genügend Protein enthalten?
  • Und was ist mit Ballaststoffen?

Im Zweifelsfall findest du es heraus, wenn du den Plan für mehrere Wochen und Monate befolgst, doch dann kann es sein, dass das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

Problem Nr. 4: Viele Ernährungspläne liefern dir weder nützliche Daten, noch Know-How

Und damit kommen wir auch schon zum nächsten Problem der meisten Ernährungspläne; es mangelt ihnen häufig an wichtigen Daten und Informationen. Viele dieser Pläne sehen nämlich kein Kalorienzählen vor, insofern weißt du eigentlich gar nicht, wie viele Kalorien du auf täglicher Basis verzehrst. Und selbst wenn du es doch weißt, dann verrät dies immer noch nichts über das Verhältnis zur ausgeglichenen Energiebilanz (die Menge an Kalorien, bei der du dein Körpergewicht hältst).

Und was ist mit Makronährstoffen? Du hast eventuell einen Plan, der einen reichhaltigen Verzehr von Fleisch, Nüssen und Öl vorsiehst, aber du weißt nicht, wie viel Gramm an Protein und Fett du aufnimmst und ob dies genug ist, um z.B. Muskelwachstum und Gesundheit zu unterstützen.

Der Ernährungsplan übernimmt hierbei die Funktion eines Taxis: Du willst irgendwo hin, aber du hast keine Ahnung wie und du willst auch nicht die erforderliche Arbeit reinstecken, um dorthin zu gelangen. Das Taxi fährt dich also zu deinem gewünschten Ziel, so wie viele hoffen, dass es auch der Ernährungsplan tut, aber weißt du am Ende, wie du dahingelangt bist?

Nein, natürlich nicht. Der Taxifahrer hat sich nicht die Zeit genommen und dir erklärt, welche Route er nimmt – er hat nur seinen Job erledigt. Ein Ernährungsplan tut dasselbe. Er lehrt dich nicht, wie du Fett verlierst oder Muskeln aufbaust.

Im Gegensatz zum Taxi ist es jedoch nicht einmal garantiert, dass ein Ernährungsplan dich dorthin bringt, wo du hinmöchtest. Wäre es nicht großartig zu wissen, wieso und wie dir deine Ernährung dabei hilft deine Ziele zu erreichen?

Problem Nr. 5: Ernährungspläne sind sehr restriktiv

Dein Ernährungsplan sagt dir beispielsweise, dass du Mahlzeit Nr. 2 um 14 Uhr einnehmen sollst, doch vielleicht hast du um diese Uhrzeit ein wichtiges Meeting. Was machst du nun? Lässt du die Mahlzeit aus? Versuchst du deine Mahlzeit mitzunehmen?

Weil du nicht über das notwendige Wissen und Know-How darüber verfügst, welche Rolle Mahlzeiten-Timing spielt, fühlst du dich verloren und verwirrt. Vielleicht führt dies dazu, dass du an diesem Tag mit deiner Diät pausierst und damit einen weiteren Tag verschwendest, an dem du dich nicht an deine Diätvorgaben gehalten hast.

Weißt du, wozu all das führt? Es führt dazu, dass du irgendwann einknickst und dein Diätvorhaben beendest – und wenn wir dies tun, nehmen wir wieder Gewicht zu (und im schlimmsten Fall sogar alles oder mehr, als vorher (2)(5)). Deswegen verlieren Diätformen, die zu restriktiv sind, am Ende des Tages immer gegen einen flexibleren Ansatz, bei dem du für 80% der Zeit deines konsistent dabeibleibst, anstatt zu 100% für ein paar Wochen zu geben.

Begreife, dass Diätformen, die mit Ernährungsplänen daherkommen, funktionieren, weil sie die Energiezufuhr (Kalorien) begrenzen. Die Wahl der Lebensmittel ist für Gewichtsverlust unerheblich. Dennoch macht es Sinn sich natürlich und möglichst unverarbeitet zu ernähren, um z.B. Sättigung und Gesundheit zu maximieren.  (Bildquelle: Fotolia / estradaanton)

Begreife, dass Diätformen, die mit Ernährungsplänen daherkommen, funktionieren, weil sie die Energiezufuhr (Kalorien) begrenzen. Die Wahl der Lebensmittel ist für Gewichtsverlust unerheblich. Dennoch macht es Sinn sich natürlich und möglichst unverarbeitet zu ernähren, um z.B. Sättigung und Gesundheit zu maximieren.  (Bildquelle: Fotolia / estradaanton)

Die Vorteile von Ernährungsplänen

Na gut: Ernährungs- und Diätpläne haben ihre Nachteile, aber das bedeutet nicht, dass sie total sinnlos sind.

Jepp, es gibt eine sehr restriktive Auswahl der Lebensmittel und Mahlzeiten und jepp, man muss sich an bestimmte Vorgaben zur Mahlzeiteneinnahme halten, doch es gibt auch einige gute Gründe, wieso wir Ernährungspläne lieben.  (...)


Dieser Artikel erscheint in Kürze in der 01/2025 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / DragonImages