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Schwarz-Weiß-Denken in der Ernährung: Essverhalten & Gewichtszunahme nach einer Diät

Hast du schon mal deine Denkweise hinterfragt? Sehr viele Menschen neigen dazu sich die Welt viel zu einfach vorzustellen, als sie tatsächlich ist. Die Dinge sind für sie entweder Weiß (gut) oder Schwarz (schlecht).

In der (Verhaltens-)Psychologie bezeichnet man eine solche Denkweise auch als „Splitting“ (Spaltung), einen psychischen Abwehrmechanismus, bei dem das Individuum es nicht schafft die Dichotomie (die positiven und negativen Qualitäten) des Selbst, einer Situation oder Sache in einen Kontext des „großen Ganzen“ zu bringen.

Tatsächlich besteht die Welt nämlich nicht aus eindeutigen, klaren Farben wie Weiß (gut) und Schwarz (schlecht), sondern eher aus Grautönen mit einer feinen Nuancierung (hängt davon ab…), die wiederum dynamisch sind (d.h. was heute nicht so gut ist, kann morgen evtl. förderlich oder super sein).

Schwarz-Weiß-Denken ist insbesondere in der Welt der Ernährung ein großes Thema (und dort speziell im Bereich der Essstörungen): Menschen essen bestimmte Lebensmittelgruppen und verzichten auf andere, weil sie glauben, dass sie dadurch fitter und gesünder werden. Sie denken, sie könnten besser abnehmen, wenn sie auf Lebensmittel X verzichten und stattdessen mehr von Lebensmittel Y und Z essen. Sie verbieten sich spezifische Produkte, die sie eigentlich gerne essen, weil ihnen (vermeintlich) negative Aspekte anhaften („das ist zu zuckerhaltig“, „es enthält zu viel Fett“, „es besteht aus einfachen Kohlenhydraten und ist ballaststoffarm“, „zu wenig Protein“).

Es liegt in der Natur des Menschen – bis zu einem bestimmten Grad - auf diese Art und Weise zu denken, weil es uns dabei hilft, schnellere Entscheidungen zu treffen. Problematisch wird es jedoch, wenn ein solches Verhalten pedantische/krankhafte Züge annimmt und zu einer Reduktion der Lebensqualität, Gesundheit und Sozialisation führt. Aber bedenke:

  • Nur weil du laktose- oder glutenintolerant bist, heißt das nicht automatisch, dass der Rest der Menschheit auf Milchprodukte und glutenhaltiges Getreide verzichten muss.
  • Nur weil du übergewichtig bist und lieber die Low Fat oder Low Carb Variante eines Produkts bevorzugst, bedeutet das nicht automatisch, dass die eine oder andere Form besser oder schlechter ist, als die andere.
  • Nur weil du ein paar zwielichtige Studien über Süßstoffe gelesen hast und dir nun einbildest, der Experte auf dem Gebiet zu sein, bedeutet das nicht, dass der umsichtige Konsum von süßstoffhaltigen Lebensmitteln und Getränken den Untergang der Menschheit herbeiführen wird.

Verschiedene Lebensmittel stellen für unterschiedliche Individuen zu einem bestimmten Zeit wohlmöglich eine bessere oder schlechtere Wahl dar, doch sie sind nicht universell als gut oder schlecht einzustufen.Schwarz-Weiß-Denken im Kontext einer Diät

Lebensmittel sind nicht per se "schlecht" oder "gut" - der Kontext spielt eine große Rolle. Personen, die eine Essstörung entwickelt haben, unterliegen einem Fatalismus, bei denen sie nicht in der Lage sind positive und negative Qualität zu einem großen Gesamtbild zusammenzufügen. (Bildquelle: Fotolia / macrovector)

Schwarz-Weiß-Denken im Kontext einer Diät

Die Menschen der westlichen Zivilisation haben ein „dickes Problem“ (wortwörtlich) (5). Wir leben in einer Welt, in der körperliche Aktivität größtenteils von Aufgabe der Nahrungsbeschaffung losgekoppelt wurde.

Das heißt: Noch nie war es so einfach größere Mengen an Kalorien mit so wenig Bewegung wie heute aufzunehmen. Die Supermärkte, zu denen wir übrigens mit unseren Autos fahren, bieten uns eine reichhaltige Auswahl an hochkonzentrierten Nahrungsmitteln, die wir anschließend in unseren Kühlschränken bunkern. Wenn also der kleine Hunger (oder sein großer Bruder, der Heißhunger) kommt, dann reichen in der Regel einige wenige Schritte aus, um sich eine kalorienreiche Mahlzeit in Sekunden- bzw. Minutenschnelle zuzubereiten, ohne dass man sich einen Zacken aus der Krone brechen muss.

In Anbetracht der Situation dürfte es eigentlich niemanden wundern, dass wir immer dicker werden, denn vielen Menschen fehlt die erforderliche Selbstkontrolle, um sich angesichts einer solchen Lage beim Essen zurückzuhalten (3). Und machen wir uns nichts vor: Die meisten Menschen wissen weder, wie viele Kalorien sie tagtäglich zuführen, noch wie viele sie verbrauchen.

Diejenigen, die das Problem erkannt haben und etwas gegen Übergewicht (oder dessen Entstehen) tun möchten, versuchen durch Selbstkontrolle und eine gezielte Einschränkung/Steuerung der Ernährung die Problematik zu umgehen bzw. auf eigene Faust der "obesogenen Umwelt" zu trotzen. Fraglich ist jedoch, welchen Einfluss eine bewusste/gezielte Einschränkung der Ernährung (sog „restraint eating“) - speziell im Kontext einer erfolgreich bewältigten Diät und dem anschließenden Ziel der Gewichtserhaltung - auf uns hat.

Mit dieser Frage haben sich in der Vergangenheit zahlreiche Studien beschäftigt, wobei der Fokus eher auf einer übergewichtigen Population mit Essstörungen lag. Eine aktuellere Studie untersuchte jedoch nun die Auswirkungen des Essverhaltens (also einer rigiden Ernährung Vs. einer flexiblen Ernährung) in der Allgemeinbevölkerung (2). (...)


Dieser Artikel erschien in der 05/2020 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: depositphotos / VikaKhalabuzar


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