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Muskelaufbau & Fettreduktion: Whey Protein Vs. Proteinreiche Lebensmittel – Was wirkt besser?

Muskelaufbau & Fettreduktion: Whey Protein Vs. Proteinreiche Nahrung – Was wirkt besser?

2014 veröffentlichte die Forschergruppe um Paul J. Arciero eine Protein-Studie, bei der man zu dem Fazit kam, dass eine „protein-pacing“-Strategie (6 Mahlzeiten am Tag – wobei 3 Mahlzeiten mit je 20g Wheyprotein ergänzt wurden, Proteinzufuhr von 1,4g/Tag) in Kombination mit einem multimodalen Trainingskonzept (Krafttraining, Intervallsprints, Dehnen und Ausdauersport) zu einem vorteilhaften Verlust von Körperfett beiträgt (2).

Insgesamt gab es 3 Gruppen:

  • Gruppe 1 [P]: 3x20g Wheyprotein
  • Gruppe 2 [P+RT]: 3×20 Wheyprotein + Krafttraining
  • Gruppe 3 [PRISE]: 3x20g Wheyprotein + multimodales Training

Gruppe 3 verlor in dieser Untersuchung signifikant mehr Gewicht (3.3 ± 0.7 [PRISE] Vs. 1.1 ± 0.7 kg [P+RT]) und Körperfettmasse (2.8 ± 0.7 [PRISE] Vs. 0.9 ± 0.5 kg [P+RT] als Gruppen 1 und 2. Gleichzeitig bauten die Probanden der PRISE-Gruppe mehr Magermasse auf, als die anderen beiden Gruppen (2 ± 0.5 [PRISE] Vs. 0.9 ± 0.3 [P+RT] Vs. 0.6 ± 0.4% [P]).

Einige gesundheitliche Parameter, darunter der Gehalt an viszeralem Fettgewebe, der Fastenblutzuckerspiegel, der HOMA-IR-Wert („Insulinresistenz Index“), sowie der Leptin- und Adiponectinspiegel, verbesserten sich nur in den beiden Gruppen, die zu ihrem Protein noch zusätzlich trainierten, jedoch nicht in Gruppe 1 (Whey only).

Das Fazit der 16-wöchigen Studie: Eine Ergänzung mit Whey („protein-pacing“) erweist sich bei einem abwechslungsreichen Training bei übergewichtigen Menschen ohne Trainingserfahrung als effektiv, wenn es um die Verbesserung der Körperkomposition und diverser gesundheitlicher Parameter geht. Zumindest effektiver als die alleinige Einnahme von Whey oder die Kombi aus Whey + Krafttraining.

Hieraus erwächst die Frage, inwiefern es unbedingt Whey Protein sein muss (sein sollte), um in den Genuss der verbesserten Körperkomposition zu kommen. Oder einfach ausgedrückt: Kann man mit proteinreichen, echten Lebensmitteln identische Effekte erzielen, wie mit Whey? Dieser Frage gehen wir in diesem Beitrag nach. 

Muskelaufbau & Fettreduktion: Whey Protein Vs. Proteinreiche Lebensmittel – Was wirkt besser?

In einem Follow-Up wollten dieselben Forscher nun herausfinden, wie stark die positive Wirkung von Wheyprotein tatsächlich ist (4). Konkret ging es darum zu klären, ob Nahrungsprotein [FP] in Kombination mit Training genauso gut wirkt, wie eine Supplementation mit Whey [WP] (ebenfalls mit Training) – was im Übrigen eine überaus spannende Frage ist, die viele unserer Leser interessieren dürfte.

Für diese Studie rekrutierten die Forscher abermals 30 übergewichtige Teilnehmer (wovon allerdings nur 21 die Studie nach 16 Wochen erfolgreich abschlossen). Alle Teilnehmer absolvierten ein multimodales Training (RISE) und ernährten sich proteinreich (P), wobei eine Gruppe ihre Proteinzufuhr mit Whey (WP, n=9) aufbesserte und die andere mit proteinreicher Nahrung (FP, n=12).

Muskelaufbau & Fettreduktion: Whey Protein Vs. Proteinreiche Nahrung – Was wirkt besser?

Ernährungsplan der Studienteilnehmer nach Gruppen. Zum Vergrößern draufklicken. (Bildquelle: Arciero et al, 2016)

Die Ernährung der Studienteilnehmer

Aus dem EP kannst du entnehmen, dass die Kalorien- und Makronährstoffzufuhr der Probanden zum einen identisch ausfiel (was gut ist, wenn man die Ergebnisse miteinander vergleichen möchte) und zum anderen wird ersichtlich, wie die RISE + FP Gruppe das Whey ersetzt hat* (nämlich hauptsächlich durch körnigen Frischkäse und griechischen Joghurt).

*Hinweis: Mit unserem Magerquark/Topfen sind wir im deutschsprachigen Raum schon ein wenig privilegiert, da wir eine exzellente Proteinquelle mit wenig Fett und Kohlenhydraten zum günstigen Preis zur Verfügung haben. Du kannst ähnliche Nährstoffwerte erzielen, wenn du statt 3x20g Whey einfach 3x200g Magerquark in deinen Speiseplan aufnimmst.

Weiterhin lässt sich aus dem Speiseplan der Teilnehmer entnehmen, dass die Ernährung überaus vielseitig gestaltet wurde. Alle Probanden konnten aus einem reichhaltigen Menü wählen, wobei ein Großteil der Proteinquellen (Eier, Griechischer Joghurt, Hüttenkäse, Geflügel, Rindfleisch sowie Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte) komplex bzw. langsam verdaulich gewesen sind (Anmerkung: Genau das ist Whey Protein ja nicht!). Ebenfalls interessant ist, dass man zwar den Energiebedarf aller Teilnehmer errechnet und mit ihrem Aktivitätslevel gematched hat, diese sich aber nach ihrem Gefühl (ad libitum) ernähren durften.

Weitere wichtige Details:

  • Beide Gruppen nahmen ihre Mahlzeiten zu identischen Zeitpunkten des Tages ein. Diese waren gleichmäßig verteilt.
  • Gefrühstückt wurde eine Stunde nach dem Aufstehen, während das Abendessen zwei Stunden vor dem zu Bett gehen eingenommen wurde.
  • An Trainingstagen führten die Teilnehmer binnen einer Stunde nach dem Training (Post-Workout) eine proteinreiche Mahlzeit zu (20-25g Protein). Logischerweise bestand die Proteinzufuhr bei der WP Gruppe aus Whey, während die FP-Gruppe griechischen Joghurt oder Hüttenkäse verzehrte. Das war dann einer von 3 proteinreichen Snacks des Protein-Pacing-Protokolls.
  • An trainingsfreien Tagen aßen die Teilnehmer zu jeder ihrer 6 Mahlzeiten eine identische Menge an Protein (d.h. die Tagesproteinzufuhr wurde einfach auf 6 Mahlzeiten aufgeteilt).

Das Training der Studienteilnehmer

Wie bereits in der Vorgängerstudie, absolvierten alle Teilnehmer ein multimodales Trainingsprogramm (RISE), welches sich aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt hat: Widerstandstraining (resistance training), Intervallsprints (interval sprints), Dehnen/Yoga/Pilates (stretching) und Ausdauertraining (endurance exercise).

  • Trainiert wurde an 4 Tagen in der Woche, wobei jeder Trainingsmodus 1x/Woche trainiert wurde.
  • Das Krafttraining bestand aus einer 60-minütigen Einheit. Die Teilnehmer wärmten sich in der Zeit (dynamisch) auf, trainierten ihre Agilität und Fußarbeit sowie Unter- und Oberkörper (inkl. Core). Die Kraftübungen wurden, bei 10-15 Wiederholungen bei 2-3 Sätzen, bis zum Muskelversagen absolviert. Zwischen den Sätzen wurde nur kurz pausiert (30 Sekunden). Zwischen den Übungen war die Pause ein wenig großzügiger (60 Sekunden).
  • Die Intervall-Sprints bestanden aus einer 40-minütigen Einheit, wobei die Teilnehmer 5-10 „All-Out“ Sätze absolvierten, die jeweils über 30-60 Sekunden andauerten. Zwischen den Sätzen konnten die Teilnehmer 2-4 Minuten ausruhen. Die Probanden konnten darüber hinaus selbst wählen, ob sie das Sprinttraining auf einem Laufband, Ergometer, Cross-Trainer, beim Schwimmen etc. absolvieren wollten.
  • Das Dehnprogramm basierte auf traditionellen Yogaübungen mit modernen Elementen des Pilates, womit der ganze Körper gestretcht wurde. Die Einheiten dauerten stets 60 Minuten und wurden von einem zertifizierten Yoga-Trainer (PJA) angeleitet.
  • Das Ausdauertraining beinhaltete 60-minütige Einheiten bei moderater Geschwindigkeit (60% des VO2 max). Auch hier durften die Teilnehmer selbst wählen, welches Training sie am liebsten absolvierten, z.B. laufen, radeln, rudern, schwimmen etc.

Unter dem Strich lässt sich also sagen, dass die Studienteilnehmer 3 Stunden und 40 Minuten in der Woche trainierten.

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Trainingsplan der Studienteilnehmer. Die Abkürzung RPE steht für „rating of perceived effort“ – steht also für den Grad der wahrgenommen Anstrengung („wie hart war das Training“). (Bildquelle: Arciero et al, 2016)

Die Abkürzungen sind wie folgt zu verstehen:

  • C = Trainingswahl ist dem Teilnehmer überlassen gewesen (Laufen, Radfahren, Rudern, usw.)
  • WB = Ganzkörperübung
  • S = Dehnübung
  • X = Trainingstag

Das Studienergebnis

Körperkomposition

Das Körpergewicht der Teilnehmer wurde an mehreren bestimmten Wiegetagen von den Wissenschaftlern festgehalten. Die Körperzusammensetzung wurde mittels DEXA-Scan ermittelt (falls du wissen möchtest, wie ein DEXA-Scan abläuft und wie genau die Methode ist, so kannst du es in diesem Artikel von James Krieger genauer nachlesen).

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Veränderung der Körperkomposition nach Studienende nach Gruppe. WP = Wheyprotein-Gruppe. FP = Nahrungsprotein-Gruppe. (Bildquelle: Suppversity (2017) / Arciero et al, 2016)

Beide Gruppen könnten ihr Gewicht und den Körperfettanteil nach Ablauf der 16 Wochen erfolgreich senken (siehe obige Grafik).

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass sowohl Whey (WP) als auch Nahrungsprotein (FP) gute Ergebnisse brachten, was die Verbesserung der Körperzusammensetzung betrifft (Veränderung der Magermasse, siehe untere Grafik). Einzig und allein beim viszeralen Fettgewebe zeigte sich, dass eine schnell-verdauliche Proteinquelle (wie Whey) eventuell einen kleinen Vorteil haben könnte; Dieser Fund lässt sich ggf. relativieren – einfach weiterlesen!)

Muskelaufbau & Fettreduktion: Whey Protein Vs. Proteinreiche Lebensmittel – Was wirkt besser?Veränderung der Magermassse (LBM) nach Gruppe. WP = Wheyprotein-Gruppe. FP = Nahrungsprotein-Gruppe. (Bildquelle: Suppversity (2017) / Arciero et al, 2016)

Gesundheit & Stoffwechsel

Die Forscher konnten in beiden Gruppen zahlreiche Verbesserungen in diversen kardio-metabolischen Parametern feststellen, darunter eine Reduktion des systolischen Blutdrucks (SBP), im Cholesterinspiegel (Cholesterol), im LDL-Wert (LDL), beim Fastenblutzuckerspiegel (GLU), beim Fasteninsulinspiegel (Insulin), beim Leptinspiegel (LEP) und Adiponectionspiegel (ADI) | Grafik 3).

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Veränderung diverser Vitalparameter zum Experimentende nach Gruppen. (Bildquelle: Arciero et al, 2016)

Wer die Tabelle eingehend studiert, dem fallen insbesondere zwei Parameter bei der WP-Gruppe ins Auge: Der Triglyceridspiegel und der Insulinspiegel VOR der Intervention (Pre). Beide Werte sind im Gegensatz zur FP-Gruppe stark erhöht und haben sich nach der Intervention (P + RISE) weitestgehend der FP-Gruppe angeglichen. Eine Normalisierung könnte daher auch den rapiden Verlust des viszeralen Fettgewebes erklären (ein erhöhter Insulinspiegel = Fettabbau wird gehemmt).

Das bedeutet im Grunde genommen, dass die Probanden der WP-Gruppe ggf. auch mit Nahrungsprotein so viel viszerales Fett abgebaut hätten, wie mit dem Wheyprotein, weil die Intervention diese abnormen Werte reduziert hat.

Nahrungsprotein könnte zudem einen Vorteil haben: Es scheint eine bessere Sättigungswirkung zu entfalten und damit das Hungergefühl effektiver zu dämpfen (siehe die nachfolgende Grafik). Dies könnte bei einer Diät ein entscheidender Faktor sein, der über Sieg oder Niederlage entscheidet.

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Veränderung des Hungergefühls (blaue Balken) und des Verlangens nach Essen (orange Balken) nach Gruppen vor und nach dem Experiment. (Bildquelle: Suppversity (2017) / Arciero et al, 2016)

Leistungsfähigkeit

Was die Verbesserung der Leistung betrifft, so konnten sich beide Gruppen in einem ähnlichen Umfang steigern (keine signifikanten Unterschiede zwischen WP und FP) – sowohl bei den Kraftwerten (1 RM beim Bankdrücken (A) und in der Beinpresse (B), als auch bei der Anzahl an Wiederholungen bei Sit-Ups (C) und Liegestützen (D)):

Muskelaufbau & Fettreduktion: Whey Protein Vs. Proteinreiche Lebensmittel – Was wirkt besser?

Veränderung der Fitness, anhand der Maximalkraftwerte (1 Wiederholung) im Bankdrücken (A) und der Beinpresse (B) sowie anhand der absolvierten Wiederholungen bei Sit-Ups (C) und Liegestützen (D) nach Gruppen. WP = Wheyprotein-Gruppe, FB = Nahrungsprotein-Gruppe. (Bildquelle: Arciero et al, 2016)

Fazit

Was können wir also aus den beiden Studien lernen und mitnehmen?

  1. Die Aufnahme eines vielseitigen, fordernden Trainingsprogramms kann in Kombination mit einer proteinbetonten Ernährung (1,4g/kg BW) bereits zu nennenswerten Erfolgen führen, wenn es um die Verbesserung der Körperzusammensetzung und diverser Vitalparameter geht. Ob es nun 6 oder 3 Mahlzeiten sein müssen – darüber kann man sich streiten (und haben wir auch schon auf Aesir Sports getan). Erlaubt ist, was funktioniert. Wenn du also mit 6 Mahlzeiten ein gutes Gefühl und eine gute Kontrolle über Hunger und Sättigung hast, dann spricht nichts dafür eine hohe Mahlzeitenfrequenz zu halten.
  2. Es macht hinsichtlich der Verbesserung der Körperzusammensetzung und Leistungssteigerung keinen so großen Unterschied, ob du deinen Proteinbedarf mit Wheyprotein aufbesserst oder auf traditionelle Proteinquellen (z.B. Hüttenkäse, Magerquark oder von mir aus auch Thunfisch) zurückgreifst – zumindest dann nicht, wenn du zu den Trainingsanfängern gehörst. Ich würde allerdings auch soweit gehen und behaupten, dass es auch für erfahrene Athleten nur einen minimalen Unterschied macht, solange die Proteinzufuhr gedeckt ist. Im Gegenteil: Nahrungsprotein scheint eine bessere Sättigungswirkung zu erzielen, was die Hungerkontrolle begünstigen kann – ein großer Vorteil in der Diät.
  3. Falls du gar nicht abnehmen möchtest, sondern eher am Muskelaufbau interessiert bist, aber Probleme damit hast deine Protein- und Kalorienzufuhr zu decken, kann es durchaus Sinn ergeben, einen Teil des Nahrungsproteins durch Whey / Shakes zu ersetzen, da flüssige Kalorien in der Regel weniger stark sättigen, als feste Nahrung.

Quellen & Referenzen

(1) Moussa, A. (2017): Food Proteins Have Same Muscle Building + Fat Shredding Effects as Whey Protein Shakes, and Reduces Desire to Eat. In: Suppversity.com. URL: http://suppversity.blogspot.de/2016/05/food-proteins-have-same-muscle-building.html.

(2) Racier, PJ., et al. (2014): Timed-daily ingestion of whey protein and exercise training reduces visceral adipose tissue mass and improves insulin resistance: the PRISE study. In: J Appl Physiol. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24833780.

(3) Arciero, PJ. / Miller, VJ. / Ward, E. (2015): Performance Enhancing Diets and the PRISE Protocol to Optimize Athletic Performance. In: J Nutr Metab. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25949823.

(4) Arciero, PJ., et al. (2016): Protein-Pacing from Food or Supplementation Improves Physical Performance in Overweight Men and Women: The PRISE 2 Study. In: Nutrients. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4882701/.


Bildquelle Titelbild: Fotolia/ georgerudy


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