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Scharf & Schärfer: So beeinflussen Capsaicinoide & Capsinoide unsere sportliche Performance & Energiebilanz

Scharf & Schärfer: So beeinflussen Capsaicinoide & Capsinoide unsere sportliche Performance & Energiebilanz

Bei den sogenannten Capsaicinoiden handelt es sich um Verbindungen, die für die wahrgenommene Schärfe verschiedener Capsicum-Sorten (Paprika) verantwortlich sind (1). Die Hauptquelle für natürliche Capsaicinoide sind Chilischoten, die aus Capsaicin, Dihydrocapsaicin, Nordihydrocapsaicin, Homodihydrocapsaicin und Homocapsaicin bestehen (1)(2). Capsaicin (CAP) ist der Hauptwirkstoff von rotem Paprika und etwa 70% der scharfen/brennenden Wirkung von Paprika wird auf die Präsenz von Capsaicin zurückgeführt (3), während Dihydrocapsaicin mit 30% auf dem zweiten Platz landet  (3)(4).

In der Mundhöhle diffundiert Capsaicin durch das Zungenepithel und bindet selektiv an „Capsaicin-Rezeptoren“ (sog. Transient-Receptor-Potential-Vanilloid-Subtyp-1-Rezeptoren / (TRPV1)-Rezeptoren) auf hitze- und schmerzempfindlichen sensorischen Neuronen (3). Der anfängliche Kalziumeinstrom von den TRPV1-Rezeptoren führt zur Freisetzung von Neurotransmittern und zur Empfindung von Wärme bei niedrigen Capsaicin-Konzentrationen und brennendem Schmerz bei höheren Konzentrationen (3). Andererseits wird Capsaicin beim Durchqueren der Mundschleimhaut hydrolysiert, was es zu einem unwirksamen sensorischen Stimulus macht.

Dennoch haben sowohl Capsaicin als auch Capsiat die gleiche Potenz zur Aktivierung von TRPV1-Rezeptoren im Darm, was zu einem ähnlichen Anstieg der Aktivierung des sympathischen Nervensystems (SNS) führt (3).

Chemische Struktur der Capsinoide (einschließlich Capsiat, Dihydrocapsiat und Nordihydrocapsiat) sowie Capsaicin. Bemerke: Die chemischen Strukturen von Capsaicin und Capsiat unterscheiden sich nur in der zentralen Bindung. (Bildquelle: Wikimedia.org / Innerstream; Public Domain Lizenz)

Chemische Struktur der Capsinoide (einschließlich Capsiat, Dihydrocapsiat und Nordihydrocapsiat) sowie Capsaicin. Bemerke: Die chemischen Strukturen von Capsaicin und Capsiat unterscheiden sich nur in der zentralen Bindung. (Bildquelle: Wikimedia.org / Innerstream; Public Domain Lizenz)

Es ist bekannt, dass Capsaicin - ähnlich wie Koffein - die Katecholamin-Sekretion der Nebennieren anregt, Prozesse, die den Energieverbrauch, die Lipolyse und die Lipidoxidation fördern (5). Capsaicin erhöht die Thermogenese und aktiviert das sympathische Nervensystem (SNS) bei jungen Frauen 30 Minuten lang nach einer Mahlzeit mit Capsaicin-haltiger gelber Currysauce (6). CAP moduliert die Muskelkontraktion durch Auslösung der TRPV1-Aktivierung, indem es Ca+2-Ionen in die Zelle freisetzt bzw. die Aktivität des Sympathikus erhöht (via Katecholamin-Ausschüttung) und so die Interaktion zwischen Muskel-Aktin und Myosin, die Prozesse der Krafterzeugung und den intramuskulären Triglyceridverbrauch verbessert (1). Die meisten, aber nicht alle Studien, die bis 2012 mit Capsaicin und Capsiat durchgeführt wurden, berichteten über eine erhöhte SNS-Aktivierung (3).

  • TRPV1 wird auch im Skelettmuskel (genauer gesagt am sarkoplasmatischen Retikulum) in erhöhtem Maße exprimiert (7), insbesondere im oxidativen Typ I, als auch im glykolytischen Typ II (8). Die Aktivierung kann zudem auch die Muskelkontraktilität beeinflussen (7)(9).
  • Eine Aktivierung von TRPV1 kann (nach der Einnahme von Capsaicin) die Freisetzung von Kalzium-Ionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum erhöhen - was die Interaktion zwischen den Aktin-Myosin-Filamenten und die Kraftleistung beeinflusst (7)(9).
  • Schließlich kann die Aktivierung von TRPV1 auch die Synthese von Stickstoffmonoxid stimulieren, einem potenten Vasodilatator (10), welcher die sportliche Leistung durch Steigerung des Blutflusses, der Nährstoff- und Sauerstoffversorgung des arbeitenden Muskels sowie der Beseitigung von Stoffwechselnebenprodukten verbessern kann (11).

Untersuchungen berichten davon, dass die Einnahme von Capsaicin das Schmerzempfinden und die Bewertung der wahrgenommenen Anstrengung (RPE) reduziert - beides Faktoren, die zur Verbesserung der sportlichen Leistung beitragen können (12)(13).

Jetzt hast du einen kleinen Überblick über die Effekte von Capsaicin erhalten. Im weiteren Verlauf dieses Beitrags werden wir uns eingehender mit der bisherigen Studienlage zur Wirkung von Capsaicinoiden und Capsinoiden auf die körperliche Performance und die Energiebilanz befassen. Damit beantworten wir hoffentlich auch die Frage, ob ein wenig Schärfe einen Leistungsvorteil im Training beschert und ob die Einnahme von Capsaicinoiden bzw. Capsinoiden beim Gewichtsmanagement behilflich sein kann. (...)


Dieser Artikel erschien in der 10/2023 Ausgabe des Metal Health Rx Magazins.

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Bildquelle Titelbild: Fotolia / photocrew


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