Das eMagazin für (Kraft-)Sportler & Coaches. Evidenzbasiert & Praxisnah. Jeden Monat neu!
Follow

Monatlicher MHRx Newsletter

Trainingsbezogene Energiekompensation (ExEC): Deswegen verbrennst du durch Sport weniger Kalorien, als du eigentlich glaubst

Trainingsbezogene Energiekompensation (ExEC): Deswegen verbrennst du durch Sport weniger Kalorien, als du eigentlich glaubst

Eine Störung des Energiegleichgewichts (Kalorienzufuhr Vs. Kalorienverbrauch) ist beim vereinfachten (und klassischen) Modell zur Gewichtsreduktion eine Grundvoraussetzung zur Herbeiführung einer negativen Energiebilanz. Dies kann durch eine Einschränkung der Kalorienaufnahme und/oder eine Steigerung des täglichen Energieverbrauchs (via zusätzliche Bewegung und Sport) erreicht werden.

Die Wissenschaft lehrt uns jedoch auch, dass der Effekt einer rein sportlichen Intervention auf das Körpergewicht äußerst überschaubar ist – was nichts anderes bedeutet, als dass der erreichte Gewichtsverlust durch Sport und Training, ohne eine begleitende Modifikation der Ernährungs, in der Regel eher gering ausfällt, wobei mehrere Ursachen dafür in Frage kommen (z.B. eine mangelnde Adhärenz an das Trainingsprogramm, sowie ein kompensatorisches Essverhalten, was unbewusst zu einer Erhöhung der Kalorienzufuhr beiträgt) (12)(13).

Individuelle Veränderungen des Körpergewichts (BW) und der Fettmasse (BF) nach einem 12-wöchigen Trainingsprogramm in 30 übergewichtigen bzw. fettleibigen männlichen und weiblichen Studienteilnehmern. Jedes Paar von Histogrammen repräsentiert einen Teilnehmer (Bildquelle: King et al., 2007)

Individuelle Veränderungen des Körpergewichts (BW) und der Fettmasse (BF) nach einem 12-wöchigen Trainingsprogramm in 30 übergewichtigen bzw. fettleibigen männlichen und weiblichen Studienteilnehmern. Jedes Paar von Histogrammen repräsentiert einen Teilnehmer (Bildquelle: King et al., 2007)

Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass das nicht automatisch bedeutet, dass du durch zusätzliche Bewegung und Sport nicht trotzdem abnehmen kannst (und wirst). Ausnahmen bestätigen – wie so oft – die Regel und es existiert ein gewisser individueller Spielraum, der letztendlich darüber entscheidet, wie viel Gewicht du durch diese Maßnahme verlierst. Nichtsdestotrotz führen physiologische Adaptionen und Kompensationsverhalten dazu, dass Menschen durch Sport im Großen und Ganzen weniger Körpergewicht verlieren, als man es üblicherweise annehmen würde. Dieses Phänomen wird in der wissenschaftlichen Literatur als „Gewichtskompensation“ bezeichnet (14).

Das Auftreten einer Gewichtskompensation wird weitestgehend auf eine unbewusste Erhöhung der Kalorienzufuhr zurückgeführt (8) (über die Auswirkungen von Sport und Training auf Hunger und Appetit habe ich bereits hier und hier ausführlich geschrieben). Weitaus weniger ist dagegen über potenzielle Adaptionen (z.B. die adaptive Thermogenese / NEAT) bekannt, welche zu einer Veränderung des Kalorienverbrauchs führen. Vielfach wird jedoch davon ausgegangen, dass die Stoffwechselrate in einem stärkeren Umfang sinkt, als es die Prognose auf Basis des Masseverlusts hergibt – was als metabolische Adaption (Stoffwechselanpassung) verstanden wird.

Derartige metabolische Adaptionen konnten bisher auch in Studien beobachtet werden, in denen man Trainings- und Ernährungsinterventionen miteinander kombiniert hat, allerdings scheint der Effekt bei reinen Diätmaßnahmen ausgeprägter auszufallen (18)(19). Die Stoffwechselanpassungen steht zwar mit einer weiteren Gewichtsreduktion in Konkurrenz, wirkt sich aber andererseits auch auf die körperliche Gesundheit aus – so zeigen einige Untersuchungen Zusammenhänge mit einer Verringerung an oxidativen Schäden, einer Reduktion der Körperkerntemperatur (potenzieller Biomarker für Langlebigkeit) und einer Veränderung der Schilddrüsenhormone auf (20)(21)(22).

Auf der anderen Seite scheint die der Gesamt-Energieverbrauch nicht einfach nur das Produkt des Basalstoffwechsels + Energieverbrauch durch Sport und Bewegung ist. Bei der sogenannten Theorie der eingeschränkten Energie („constrained energy theory“) wird davon ausgegangen, dass der Gesamt-Energieverbrauch (als Reaktion auf Sport und Training) niedriger ausfällt, als er eigentlich ausfallen müsste.

Additives Vs. eingeschränktes Model des Energieverbrauchs nach Pontzer et al. (2016). DIT = Ernährungsinduzierte Thermogenese; PAEE = Energieverbrauch durch körperliche Aktivität; ADJ = bereinigt um Körperzusammensetzung und/oder Alter. (Bildquelle: Gonzalez et al., 2023; adaptiert nach Pontzer et al. 2016)

Additives Vs. eingeschränktes Model des Energieverbrauchs nach Pontzer et al. (2016). DIT = Ernährungsinduzierte Thermogenese; PAEE = Energieverbrauch durch körperliche Aktivität; ADJ = bereinigt um Körperzusammensetzung und/oder Alter. (Bildquelle: Gonzalez et al., 2023; adaptiert nach Pontzer et al. 2016)

Ursächlich hierfür soll eine Absenkung des Ruhe-Energieverbrauchs (inkl. Basal-Stoffwechselrate) in Kombination mit einer geringeren Thermogenese im Alltag (sog. „NEAT“) sein. Und tatsächlich bestätigen Studien, dass es nach der Integration eines neuen Trainingsprogramms zu einem geringeren Verbrauch auf Seiten der NEAT kommt (24), während ähnliche Nachweise in Bezug auf die anderen Komponenten des Energieverbrauchs bis dato ausstehen. Anders als beim additiven Modell geht man bei dieser Theorie also davon aus, dass der Gesamt-Energieverbrauch (TDEE) relativ konstant (eben „eingeschränkt“) bleibt und dass es so etwas wie eine „Obergrenze“ gibt, die ein Mensch aufwenden kann (25)(26)(27)(28), wobei der Teil des Energieverbrauchs, der „verloren“ geht als trainings- bzw. sportbezogene Energiekompensation (ExEC) bezeichnet wird.

Bis dato fehlen sowohl gut kontrollierte Studien (RCTs) mit überwachtem Sportpensum wie auch eine klare Abgrenzung zwischen der metabolischer Adaption auf der einen und der trainingsbezogenen Energiekompensation (ExEC) auf der anderen Seite. Wir wissen jedoch, dass die Veränderung der Körpermasse bei der metabolischen Adaption eine wichtige Rolle spielt, während Hall (2022) in ihrer „The Biggest Loser“-Studie bereits aufzeigten, dass eine  trainingsbezogene Energiekompensation auch bei minimaler bzw. ausbleibender Veränderung der Körpermasse auftreten kann (31).

Es ist entsprechend unklar, inwiefern das Auftreten einer ExEC das Ergebnis eine metabolischen Adaption ist oder über einen separaten Weg ausgelöst wird. Da diesbezüglich vor kurzem eine neue Untersuchung veröffentlicht wurde, in der ein Team aus Wissenschaftlern versucht hat diese und weitere Fragen zu beantworten, halte ich es für angebracht, dass wir uns im folgenden Beitrag  eingehender mit dieser interessanten Arbeit befassen, um mehr über die Auswirkungen der körperlichen Betätigung auf den realisierten Gesamt-Energieverbrauch zu erfahren.


Dieser Artikel erschien als Editorial-Beitrag in der Juli 2024 Ausgabe des MHRx Magazins. Registriere dich kostenlos oder logge dich mit deinem bestehenden Account ein, um diesen Artikel vollständig zu lesen!


Diese Artikel ist nur für angemeldete Leser beschränkt. Bitte logge dich zuerst mit deinem MHRx Account ein, um ihn zu lesen oder erstelle ein Leser-Konto.

Unser Beitrag hat dir gefallen?

Dann werde noch heute MHRx Leser! Abonniere unser monatlich erscheinendes Magazin, schalte vergangene Ausgaben frei & lese hunderte von exklusiven & evidenzbasierten Beiträgen sowie Guides.

Wir freuen uns über deinen Support!



Bildquelle Titelbild: Fotolia / terovesalainen


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Related Posts